Die Mär von Alt und Jung

Die Gebrüder Stitch haben vor wenigen Jahren das Projekt „Vollpension“ gestartet. Hannes Lewinski ist meist dabei
Jung und Alt arbeiten großartig zusammen – wenn man sie lässt. Projekte zeigen, wie es geht.

"Ältere Mitarbeiter sind weniger flexibel. Sie sind weniger leistungsfähig und weniger motiviert. Ältere Mitarbeiter wollen sich nicht mehr weiterbilden. Sie sind daher nicht innovativ. Und sie sind zu teuer", liest Jeanny Gucher vor, was auf einer Powerpoint-Folie im Hintergrund geschrieben steht. Es sind niederschmetternde Urteile, die meist nicht gerechtfertigt sind.

Vorurteile, mit denen man aufräumen will : Wie (gut) ältere und jüngere Mitarbeiter, Babyboomer und Generation Y zusammenarbeiten können, war am vergangenen Montag Thema bei "Age Diversity", einem Nachmittag für HR-Verantwortliche, Betriebsräte und CEOs, veranstaltet vom gesellschaftspolitischen Diskussionsforum (Gedifo). Dort wurden einige generationsverbindende Modelle vorgestellt, darunter auch der Ansatz von Beraterin Jeanny Gucher: "Unser Credo ist die Wiedereinführung der Menschlichkeit in die Ökonomie."

Martin Kienböck von der Erste Bank stellte das Reverse Mentoring-Programm der Bank vor. Dort sah man ein, dass Lehrlinge mehr über den Umgang mit Smartphones und Social Media wissen als die meisten Führungskräfte – man machte einen Aufruf, schulte sie und machte sie zu Coaches. Die Digital Natives zeigten daraufhin in Workshops den Chefs, wie das Web 2.0 tickt.

Von wegen Pension

Auch die Älteren wollen sich einbringen: Arbeiten in der Pension ist für jeden Dritten ein Ziel, zeigt eine aktuelle Umfrage von Seniors4success, deren weiteren Ergebnisse erst kommende Woche vor Journalisten vorgestellt werden.

Hannes Lewinski arbeitet, obwohl sich die meisten in seinem Alter längst aus der Arbeitswelt verabschiedet haben. Der Ü-60-Jährige – eigentlich ein Schauspieler – ist an diesem Nachmittag bei der Veranstaltung im Rahmen des Projekts "Vollpension" dabei. Er fragt die Gäste nach ihrem Wohlbefinden, ob sie noch etwas zu trinken oder zu essen wollen. Die Vollpension wurde von den Gebrüdern Stitch, den beiden Jeans-Maßschneidern Michael Lanner und Moriz Piffl, ins Leben gerufen: Hier versorgen Senioren in temporären Kaffeehäusern Gäste mit selbst gemachten Süßspeisen, Filterkaffee und mit Geschichten aus ihrem Leben. Julia Krenmayr stellte an diesem Nachmittag die Initiative gemeinsam mit Moriz Piffl vor. Und man spann die Idee weiter: Wie wäre ein Pop-Up-Café als Begegnungszone in Unternehmen?

Ist der Generationskonflikt nur ein Klischee? Das Ergebnis einer IMAS-Umfrage im Auftrag von Monster.at lässt das vermuten. Demnach gibt es im Arbeitsalltag kaum Konflikte zwischen älteren und jüngeren Arbeitnehmern. Von rund 500 befragten Arbeitnehmern beklagte sich nur jeder Zehnte über die Zusammenarbeit mit älteren bzw. jüngeren Kollegen. „Ein Generationskonflikt findet im Unternehmen nicht statt, die belastenden Faktoren sind anderswo“, analysiert IMAS-Studienautor Paul Eiselsberg. Auch klassische Vorurteile würden sich nicht bewahrheiten. Bei den meisten Kompetenzen wurde kein Altersunterschied gemacht. Nur drei von 17 Eigenschaften wurden jüngeren Mitarbeitern eher zugeschrieben: Hektisch, innovativ und freizeitorientiert. Ältere gelten hingegen als gute Führungskräfte, erfahren und besonnen.

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