Platz 1: Wirtschaftlich
Die meisten Erstsemester-Studis findet man in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Im Wintersemester 2023 waren das konkret 4.794 Anfänger. Angeboten wird das Studium u. a. an der Wirtschaftsuniversität Wien, wo jährlich rund 1.500 Studierende ihren Bachelor absolvieren – und kurz darauf einen Job finden. Im Schnitt gleich zwei Monate nach dem Abschluss, heißt es auf der WU-Wien-Webseite. Für hokify-CEO und Arbeitsmarkt-Expertin Jutta Perfahl-Strilka völlig nachvollziehbar. So ein Abschluss sei aktuell sehr gefragt. Personalberater Bernhard Otti ergänzt: „Besonders im Rechnungswesen-, Controlling- oder im Steuerbereich wird diese Expertise gesucht. Da gibt es einen extremen Fachkräftemangel.“
Und wie sieht es mit dem Gehalt aus? Armand Kaáli-Nagy erhebt regelmäßig für sein Weiterbildungsinstitut ÖPWZ die Einstiegsgehälter von Absolventen. Zum Wirtschaftsstudium sagt er: Mit einem Bachelor-Abschluss kann man mit einem Monatsgehalt von rund 3.330 € bis 3.600 € brutto rechnen.
Platz 2: Technisch
„Zwei Worte: Big Data“, fasst Perfahl-Strilka zusammen. Der zweite Platz geht nämlich an das Informatikstudium. Das ist gut, denn es brauche Experten, „die Zahlen und Daten aus Businessperspektive interpretieren können“, sagt sie. Händeringend werden auch Digitalisation-Officer, Business-Intelligence-Manager oder Cyber-Security-Experten gesucht. Einen Job finden die meisten Informatikabsolventen der Uni Wien schon zwei Monate nach dem Abschluss. 41 Prozent arbeiten in der IT-Dienstleistung, acht Prozent in Werbung und Marktforschung.
Beim Gehalt kann man sich in unterschiedliche Richtungen entwickeln. „Die Spannweite ist extrem groß“, so Armand Kaáli-Nagy. Je nach Spezialisierung ändere sich das Gehalt. Orientiert man sich an den Auswertungen der Uni Wien, verdienen Studierende, die ihren Bachelor in Informatik gemacht haben, zu Beginn im Schnitt 3.286 € brutto pro Monat.
Platz 3: Gerecht
Beliebt sind auch die Rechtswissenschaften, der dritte Platz der Liste. Aktuell gibt es 8.041 Jus-Studenten an der Uni Wien. Ob der Beruf schon überlaufen ist? Nein, betont Otti. „Sie werden quer durch die Bank gesucht. Juristisches Fachwissen bzw. Rechtsberatung braucht jedes Unternehmen.“
Wie bei den Informatikern hängt auch bei Jus-Absolventen das spätere Gehalt von mehreren Faktoren ab, so Armand Kaáli-Nagy. Es komme darauf an, ob man sich für den klassischen Karriereweg entscheidet (Richteramt, Notariat, Rechtsanwaltskanzlei) oder für einen Job in der Wirtschaft, etwa in einer Rechtsabteilung oder Beratung. Arbeitet man für ein Unternehmen, kann man mit einem Bachelorabschluss mit einem Gehalt von 3.480 € bis 3.700 € rechnen – auch ohne Rechtsanwaltsprüfung.
Platz 4: Gesund
Unter den Top-Studienrichtungen findet sich natürlich die Humanmedizin. Immerhin gehört der MedAT zu den größten Aufnahmetests Österreichs. Knapp 8.000 Personen melden sich jedes Jahr allein in Wien für den Test an. Insgesamt gab es im Vorjahr 2.192 Humanmedizin-Studienanfänger, denen ein klar definierter Karriereweg bevorsteht.
Nach einem erfolgreichen Abschluss folgen Facharzt- oder Turnusausbildungen in einer Krankenanstalt bzw. einer Lehrpraxis. Oder ein wissenschaftliches Studium, heißt es auf der MedUni-Webseite. Die Medizin habe „eigene Strukturen und Regelungen. Es ist ein in sich geschlossener Bereich, ein abgeschotteter Arbeitsmarkt“, erklärt Kaáli-Nagy, der Gehaltsschätzungen parat hat. Als Turnusarzt könne man mit rund 3.800 € rechnen. Als Facharzt mit 7.300 €, wobei man selbstverständlich nach dem Studium weitere Ausbildungen absolvieren muss, so der Experte.
Platz 5: Verkopft
2.046 Studienanfänger hatte die Psychologie und belegt somit den fünften Platz. „Die Nachfrage am Arbeitsmarkt ist hier eher gering“, meint Armand Kaáli-Nagy. Das bestätigt Bernhard Otti: „Wir suchen Fachkräfte und Führungskräfte. Die Psychologie kommt da weniger vor.“ Laut Jutta Perfahl-Strilka werden Psychologen in der Businesswelt vor allem im HR-Bereich gesucht: Für die Personalentwicklung und das Karrieremanagement. Viele Absolventen würden vielleicht ohnehin den Weg in die Selbstständigkeit einschlagen.
Abseits dessen: Elf Prozent der Uni-Wien-Absolventen sind im Sozialwesen tätig, acht Prozent in der öffentlichen Verwaltung, sieben Prozent in der IT und weitere sieben Prozent in der Unternehmensberatung. Verallgemeinerungen sind beim Gehalt nicht möglich, so Kaáli-Nagy. Zum einen, weil es nur wenige Abschlüsse gibt (2023 waren es 391). Und zum anderen, weil es von zusätzlichen Ausbildungen und Erfahrungen der Absolventen abhängt. Das Monatseinkommen der Bachelorabsolventen der Uni Wien liegt im Mittel jedenfalls bei 2.826 € brutto. Wie repräsentativ diese Zahl ist, stellt der Experte aber infrage.
Platz 6: Natürlich
Erwähnenswert ist auch der sechste Platz: Das Biologie-Studium mit 1.949 Studienanfängern. Warum das Fach beliebt ist, erklärt Bernhard Otti so: „Das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit rückt zunehmend in den Vordergrund. Etwa in der Lebensmittelindustrie oder in der Abfall- und Verwertungswirtschaft. Dort wird massiv nach Spezialisten gesucht.“ Naturwissenschaftliche Studien hätten da viel Zukunftspotenzial.
Beim Gehalt schreibt die Uni Wien ihren Bachelor-Absolventen 2.720 € zu. Je nach Spezialisierung und Zusatzausbildungen könnte das Einstiegsgehalt auch bei 3.300€ starten, so Armand Kaáli-Nagy. Besonders, wenn man es mit einer Wirtschaftsausbildung oder – noch besser – einem technischen Aspekt kombiniert. Solche Berufe sind „extrem gefragt“, sind alle drei Experten sicher.
Wie gefragt ein Abschluss ist, sollte man bei der Studienwahl im Hinterkopf behalten, so Jutta Perfahl-Strilka. Die hohe Nachfrage nach Spezialisten könnte nämlich sukzessive zurückgehen. „Vor 30 Jahren galt noch: Wenn du studierst, hast du ausgesorgt. Aber so ist es nicht mehr“, erklärt sie. „Gute alte Lehr- und Fachkräfteausbildungen sind relevanter denn je.“
Die Frage, die man sich vor der Studienwahl stellen sollte, ist also nicht mehr nur „Was interessiert mich?“, sondern auch „Was wird tatsächlich gebraucht? Wo kann ich Sinn stiften?“
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