Die alten Helden treten ab
Er sprach vom Paradoxon. Josef Ackermann, Ex-CEO der Deutschen Bank, sprach im Interview mit McKinsey Quarterly von den antagonistischen Anforderungen an Führungskräfte heute: „Auf der einen Seite musst du sehr viel selbstbewusster und sicherer sein, und auf der anderen Seite musst du viel offener und empathischer sein. Das sind Attribute, die man normalerweise in einer Person nicht findet.“
Die Rolle des CEO ändert sich. Kai W. Dierke und Anke Houben nehmen das Zitat Ackermanns in ihrem neuen Buch „Gemeinsame Spitze“ zum Anlass, den CEO, den „Chief Executive Officer“, zum „Chief Enabling Officer“ umzubenennen. Seine Rolle soll es sein, den Dialog, die gemeinschaftliche Führung im Top-Team zu ermöglichen.
Anders gesagt: Der „heroische Alleinentscheider“ hat ausgedient, es lebe der Teamplayer, der die Mitarbeiter involviert. „Führungsverständnis und die Führungspraxis haben sich in den vergangenen Jahren tief greifend verändert“, sagt Margit Oswald, Partnerin bei der Organisationsberatung osb. 80 Prozent der deutschen und österreichischen Führungskräfte pflichten dem bei, wie eine aktuelle Studie von osb zeigt (siehe Kasten). Eine entscheidungsstarke Persönlichkeit müsse der Teamplayer aber weiterhin sein, sagt die Expertin.
Der Wandel in den Chefetagen werde angetrieben vom hohen Druck in der Wirtschaft. „Globalisierung, Internationalisierung, neue Technologien haben eine Komplexität erreicht, die die Steuerungsfähigkeit einzelner Personen weit übersteigt“, sagt Oswald. Der Alleinentscheider wird zum massiv überforderten Chef. Laut Studie fühlt sich jede zweite Führungskraft ausgebrannt. Sechs von zehn Mitarbeitern sehen ihre Chefs als „getriebene und gehetzte Troubleshooter“.
Daraus folgt: In Zukunft muss ein Team das Steuer in die Hand nehmen. Die charismatischen Patriarchen Verantwortung abgeben – und Macht. Gefordert seien Manager mit Sozialkompetenz, Glaubwürdigkeit und Konfliktfähigkeit.
Was in dieser Phase des Umbruchs massiv fehle, sei Zeit. „Die erhöhten Anforderungen bewirken Stress bei den Führungskräften. Sie haben keine Zeit, um das Unternehmen auf Langzeitstrategien auszurichten und den Mitarbeitern Orientierung zu geben“, sagt Oswald. Eine neue Ordnung der Prioritäten sei essenziell. Erst mit Fairness, Transparenz und Kommunikation gegenüber Mitarbeitern entstehe Vertrauen. Das bitter nötig sei. „Aufgrund der Finanzkrise, der Wirtschafts- skandale der vergangenen Jahre kann man von einer Misstrauenskrise sprechen“, so Oswald.
Sie rät, das Thema Leadership und seinen Wandel stärker in die Führungskräfteprogramme einzubauen. Zudem schaue man laut Expertin beim Thema Führung zu stark auf einzelne Persönlichkeiten an der Spitze, „Führung muss aber auch als Qualität der Organisation gesehen werden.“ Wie die Top-Führung mit den nächsten Ebenen zusammenarbeitet und kommuniziert, werde oft übersehen.
Zielgruppe
600 Führungskräfte und 1500 Mitarbeiter wurden in deutschen und österreichischen Unternehmen zu Leadership, Vertrauen in Führung, Führungsaufgaben und Führungskräfteentwicklung befragt.
Auftraggeber
Die osb international Consulting AG bietet mit 31 Beratern und zahlreichen Kooperationspartnern systemische Organisationsberatung an den Standorten Wien, Hamburg, Berlin und Tübingen.
Kommentare