Die 6 Fehler der Firmen

Falsche Talentsuche, schlechte Führung, Arbeitskultur von gestern: Was die Firmen falsch machen – und einzelne, die besser sind.

Alles dreht sich und bewegt sich. In und rund um Unternehmen. Das 21. Jahrhundert zehrt an den Nerven der Manager, egal ob in Europa, den USA oder Asien. Zu diesem Fazit kommt die aktuelle "Human Capital"-Studie der Beratung Deloitte. Wir haben die sechs größten Management-Fehler identifiziert und zeigen, wie es besser geht.

1. Leadership fehlt: Sie sind kreativ, innovativ, bewegen sich problemlos zwischen den Kulturkreisen, sind Teamplayer. Solche "Global Leaders" brauchen die Unternehmen an ihrer Spitze. Nur: Sie haben sie nicht. Nur 13 Prozent der von Deloitte befragten Manager sagen, sie brächten Global Leaders hervor. Obwohl für 86 Prozent der Befragten Leadership die wichtigste Herausforderung ist. "Das ist auch in Österreich ein Thema", sagt Katja Teuchmann, Partner Human Capital bei Deloitte.

Die Bessermacher: Bill Gates gilt als Global Leader der IT-Branche. Er machte aus der Garagenfirma einen Weltkonzern: Der Visionär hat einen Riecher für Trends. Er führt autoritär und harsch, forciert aber auch Teamarbeit und Kommunikation.

2. Hilflos bei Vereinbarkeit: Die Arbeitswelt steht Kopf, Arbeit und Privatleben verschmelzen immer mehr. Die Unternehmen zielen aber an den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter vorbei: 38 Prozent der Führungskräfte sagen, es sei schwierig, die Unternehmensziele mit den Zielen der Mitarbeiter zu vereinbaren. Die wollen eindeutig mehr Balance zwischen Job und Privatleben. Dafür sehen sich aber nur vier von zehn Unternehmen gerüstet – ein Hemmnis für Mitarbeiterbindung und -motivation.

Die Bessermacher: Der US-Konzern Colgate-Palmolive hat für Mitarbeiter Kinderbetreuungszentren und einen Betreuungs-Notfallsdienst eingerichtet.

3. Veraltete Weiterbildung: eLearning ist für zwei Drittel der Befragten wichtig, doch nur sechs Prozent glauben, dass ihr Unternehmen für sinnvolle eLearning-Programme gerüstet ist. "Durch eLearning verändert sich der Lernbegriff", sagt Katja Teuchmann. Gutes eLearning sei mehr, als die Mitarbeiter mit Lernvideos zu füttern, "es braucht Begleitung." Teuchmann hält vom Lernen am PC viel: "Kurze Lernimpulse sind oft effizienter."

Die Bessermacher: Der Handelskonzern Carrefour hat eLearning in den Weiterbildungsplan integriert. eKurse werden über das Intranet angeboten, im Mitarbeitergespräch wird der Lernbedarf erhoben.

4. Ungenutzte Vielfalt: Fast alle befragten Unternehmen setzen sich für Vielfalt in der Belegschaft ein, scheitern aber meist daran, die Vorteile auch zu nutzen. "Nur 20 Prozent ziehen einen Nutzen daraus. "In Österreich gibt es bei Diversity wenige gute Beispiele", sagt Teuchmann. Meist gehe es um Frauenförderung. "Diversity muss zum Bestandteil des Business werden, muss einen Nutzen fürs Geschäft haben", so Teuchmann. Alte Rollenbilder in den Köpfen der Mitarbeiter könne man nicht mit einem Diversity-Training auflösen, sagt Teuchmann, "das muss in der Strategie verankert und von oben gewollt sein."

Die Bessermacher: In Frankreichs Großbank BNP Paribas Group arbeiten 190.000 Mitarbeiter aus 170 Nationen. Schon 2004 setzte sich die Bank mit Diskriminierung in der Belegschaft auseinander, seit 2009 forciert sie Frauen und Mitarbeiter aus anderen Kulturen bei Stellenbesetzungen. 26 Diversity Officers sorgen für die Umsetzung in den Landesfilialen.

5. Arbeiten ohne Ende: Immer erreichbar sein, arbeiten im 24/7-Takt: Viele Mitarbeiter fühlen sich überfordert. Nicht einmal einer von zehn Managern glaubt, dass mit Informationsüberfluss und Dauererreichbarkeit effizient umgegangen wird. "Die Burn-out-Rate unter den Mitarbeitern steigt, die Unternehmen wissen keine Lösung", konstatiert Teuchmann.

Die Bessermacher: VW hat seit 2011 eine Blackberry-Sperre – nach Dienstschluss werden keine eMails mehr versandt. BMW räumt den Mitarbeitern das Recht auf Nichterreichbarkeit im Feierabend ein. Für Teuchmann erste Ansätze, aber noch keine idealen Lösungen.

6. Verstaubtes Recruiting: 62 Prozent der befragten Unternehmen nutzen Social Media, um Bewerber zu finden, jedes zweite von ihnen gibt zu, dieses Potenzial aber nicht auszuschöpfen. Je mehr ein Unternehmen auf Social Media präsent ist, desto erfolgreicher, sagt Katja Teuchmann: "Offene Jobs auf Facebook zu posten, reicht nicht. Man muss potenzielle Bewerber wie Kunden behandeln, ständig Kontakt halten."

Die Bessermacher: Autobauer Daimler informiert über Twitter über Karriere und offene Stellen, postet Videos über Diversity. In einem eigenen Blog berichten Mitarbeiter über ihre persönlichen Erfahrungen im Unternehmen.

Nur der Fähigste überlebt. Das gilt gerade für Unternehmen. In seinen Büchern „Das Ende des Projektmanagements“ und „Veränderung: Erfolg(t)“ beschreibt der österreichische Management-Experte Ronald Hanisch, wie sich Führungskräfte und Unternehmen weiterentwickeln müssen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.

KURIER: Herr Hanisch, wie fit sind Österreichs Manager für die Anforderungen der Wirtschaft?
Ronald Hanisch:
Es gibt viele fortschrittliche Unternehmen, aber in vielen Unternehmen erkenne ich auch große Mängel. Das führt zu fehlenden Aufträgen und mangelnder Attraktivität als Arbeitgeber.

Was sind die drei größten Ursachen dafür?
In den österreichischen Unternehmen fehlt das Verständnis für die neue Mitarbeitergeneration, die „Digital Natives“, völlig. Viele Manager sind oberflächlich interessiert an dieser Generation, aber die Bereitschaft, notwendige Veränderungen im Unternehmen zuzulassen, fehlt meist.

Sie sagen, die Digital Natives verändern selbst die Unternehmen?
Ja, die High Potentials dieser Generation verändern so ziemlich alles. Die etwa 30-Jährigen beginnen gerade, die Führungspositionen zu besetzen. Sie verändern die Art der Kommunikation, die Art der Führung, die Art der Aufgabenverteilung. Sie leisten Pionierarbeit.

Ein Beispiel?
Sie verwenden unzählige Apps zur Aufgabenbewältigung, stellen Informationen ins Intranet, wollen Transparenz, Informationen an alle weitergeben. Viele Unternehmen wollen aber gar nicht so transparent sein, Informationen werden nach wie vor eher gehortet.

Was muss das Topmanagement also anders machen?
Voraussetzungen für mehr Transparenz schaffen, denn die Informationen gelangen sowieso irgendwann ans Tageslicht. Und klare Aufträge vergeben, denn oft wird zu unklar kommuniziert. Die Generation Y will Führung über Vertrauen, Charisma. Das verunsichert viele Führungskräfte – sie hören dann auf, zu führen, zu entscheiden. Auch wird die Verantwortung immer mehr auf die Teammitglieder verteilt, Hierarchien und Abteilungen lösen sich auf.

Wie gehen Unternehmen diese Umstrukturierung am besten an?
Entscheidend ist die Veränderungskompetenz. Unternehmen müssen die Veränderung erst einmal zulassen. Die wichtigste Frage, die sich nur wenige Unternehmen stellen, ist: Warum tun wir, was wir tun? Finden Sie darauf eine Antwort, findet auch Veränderung leichter statt.

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