Der Gerechteste aller Jobs

Richterin Andrea Hofko will Gerechtigkeit: „Das Schönste ist, dass ich schlichten darf“.
Bezirksrichterin Andrea Hofko wollte Anwältin werden. Heute liebt sie ihren Job.

Nein, Hammer hat sie keinen. „Den hat kein Richter“, sagt sie und räumt gleich mit dem Klischee auf. Talar trägt sie doch. Andrea Hofko ist Bezirksstrafrichterin in Wien und für die „Innere Stadt“ zuständig. „Ich lege alle Für und Wider auf den Tisch“, sagt sie.

1 Welche Fälle verhandeln Sie? Die Körperverletzungen nehmen in letzter Zeit zu, das ist auffällig. Ansonsten Diebstähle, Unfälle. Das höchste Strafmaß ist eineinhalb Jahre.

2 Was wollten Sie werden, als Sie klein waren?

Volksschullehrerin.

3 Ihre Arbeitszeit?

Ich arbeite von halb acht bis etwa halb fünf. Man hat ja als Richter keine Dienstzeit. Wenn ich mich auf eine Verhandlung vorbereiten muss, lese ich die Akten auch zu Hause.

4 Was tun Sie, wenn Ihnen das Urteil schwerfällt?

Ehrlich gesagt, die Urteile fallen mir nach 20 Jahren nicht mehr schwer. Die Momente, wo ich bei der Urteilsverkündung verschwinden möchte, habe ich schon lange nicht mehr (lacht).

5 Wie sind Sie zum Beruf Richterin gekommen?

Als Jus-Studentin wollte ich Anwältin werden, das war ein aufregender Job für mich. In den amerikanischen TV-Serien waren nur alte Herren im Talar Richter. Langweilig. Ich habe mich während des Gerichtsjahrs aber für den Richterberuf entschieden – dort hat es mir so gut gefallen. Im Anwaltsjob wäre ich sehr unglücklich geworden: Ich will Rechtsfrieden schaffen und nicht meinen Mandanten rauspauken, obwohl ich weiß, die Gegenseite hat recht.

6 Was ist das Schönste an Ihrer Arbeit? Dass ich viel mit Menschen zu tun habe, dass ich schlichten darf. Ich habe sehr viel mit unvertretenen Parteien zu tun. Da ist man ein bisschen Seelsorger. Da darf man keine Berührungsängste, keine Menschenscheu haben. Es ist auch viel Lustiges dabei, ich mag die unterschiedlichen Charaktere bei den Verhandlungen.

7 Gibt es etwas, das Sie an Ihrem Job nicht mögen? Ehrlich gesagt, nein. Ich kann ja alles selber gestalten.

8 Wie sieht Ihr Tagesablauf aus?

Die Verhandlungen sind nicht der Hauptteil meiner Arbeit. Ich bekomme morgens die Richterpost von meinem Kanzleileiter, arbeite Akten durch. Als Strafrichter hat man viele Zettel zu lesen, von der Polizei, von der Staatsanwaltschaft. Ich bin für die Organisation der Verhandlung zuständig – dafür, wen ich vorladen muss. Und auch für die Nachbereitung: Bei Berufungen muss ich das Urteil schriftlich begründen. Und ich muss dafür sorgen, dass der Täter bei einer Geldstrafe auch wirklich bezahlt.

9 Was machen Sie zum Ausgleich?

Faul sein. Privat bin ich ein fauler Mensch – den Stress habe ich eh im Job.

10 Wie viel verdienen Sie? Das können Sie nachschlagen. Ich bin zufrieden, ich liebe meinen Job, das Gehalt ist mir an sich egal.

11Wie streng müssen Sie in Ihrem Job sein?

Das kommt auf die Verhandlung an. Manchmal denke ich, ich war zu wenig streng. Aber das hängt auch von der Tagesverfassung ab, man ist ja auch nur ein Mensch.

12 Was wäre Ihre Alternative zum Richterjob gewesen?

Die Donau. Nein, ich wäre sehr unglücklich geworden. Vielleicht Rechtspflegerin.

13 Was möchten Sie später in der Pension machen?

Ich glaube nicht, dass ich so einfach aufhören kann. Ich möchte Rechtsberatung für Menschen anbieten, die es sich nicht leisten können. Oder ich gebe Schülern Nachhilfe.

Die gebürtige Niederösterreicherin studierte Jus in Wien und absolvierte danach das Gerichtsjahr. Währenddessen entschied sich Andrea Hofko für den Richterberuf. Sie bewarb sich 1989 als Richteramtsanwärterin, absolvierte nach vier Jahren Praxis die Prüfung. Anschließend kam sie als Bezirksrichterin zum Strafbezirksgericht Hernals und wechselte 1997 ans Bezirksgericht Innere Stadt. Dort ist sie seither als Strafrichterin tätig.

Bezirks­gericht in Zahlen

12 Bezirksgerichte sind in Wien u. a. für Zivilrechtssachen, für familienrechtliche Angelegenheiten, kleinere Strafdelikte, Konkurse und Exekutionen zuständig. Zudem gibt es ein eigenes Bezirksgericht für Handelssachen.

134 Bezirks­gerichte existieren in ganz Österreich.

Kommentare