Der Generationen-Klick
Die adrette ältere Dame klickt auf das Fenster des Programms am Laptop. "Und wie komme ich wieder zurück?" fragt sie. Sie ist dabei, ein Fotobuch für den 10. Geburtstag der Enkelin zu erstellen. "Das Fenster schließen und auf zurück klicken", erklärt die junge Frau neben ihr.
Die beiden sind nicht Mutter und Tochter. Pensionistin Ursula Klöpfer nimmt gerade eine Coachingstunde bei Daniela Weinholtz. Mit ihrem sozialen Unternehmen "qualitätszeit" bieten Daniela Weinholtz und Kornelius Pesut in Wien und Wels seit Herbst digitale Coachings an. Vor allem ältere Menschen gehören zur Zielgruppe – doch willkommen sei jeder, betont Weinholtz.
"Mir fehlen die Hintergründe, ich bin nicht mit Internet und Smartphone aufgewachsen", sagt Ursula Klöpfer entschuldigend. Sie ist Kundin der ersten Stunde, alle zwei bis drei Wochen nimmt sie das Coaching in Anspruch. "Leidenschaftlich liebe ich mein Smartphone, ich wollte alle Details erforschen", sagt sie. "Ich habe ein Tablet von meinem Mann geschenkt bekommen, später ein GPS-Gerät. Ich möchte lernen, damit umzugehen" , sagt sie.
Weinholtz und Pesut bauten am A1 Campus das Angebot "Internet für alle" mit auf und gaben Gratiskurse für Kinder. Auch Kurse für Senioren wurden parallel dazu angeboten. "Hin und wieder hatten wir auch persönlich mit Senioren zu tun", erzählt die Medienpädagogin. Ihr fiel auf, dass sie nach den Kursen immer noch Fragen hatten. Der Bedarf an digitalem Wissen war da, Angebote dazu gab es punktuell, sagt Weinholtz. Aber keine langfristige Begleitung.
Im Herbst 2014 gründeten die beiden schließlich qualitätszeit. Vermittelt bekommen die Kunden Kenntnisse zu Internet und Smartphone, aber auch zur Installierung der UPC-Box oder des GPS-Geräts. Vieles sei für die Coaches Learning by Doing. Das bestätigt auch Ursula Klöpfer. Ihr neues GPS-Gerät war für Daniela Weinholtz knifflig. "Ich war auf dem Heimweg vom Coaching, als mich Daniela anrief und sagte, sie hat die Lösung", lacht sie. Doch nicht nur Weinholtz und Pesut sowie zwei ehrenamtliche Mitarbeiter beraten die Kunden. In den Lehrgängen von qualitätszeit werden Jugendliche in schwierigen Lebenslagen zu Coaches ausgebildet – arbeitslos oder mit Fluchthintergrund. Ein Turbo fürs Selbstbewusstsein, denn: "Sie können als Digital Coaches zu Experten werden", sagt Weinholtz. Auf der anderen Seite lernen die Senioren die Lebenswelt der Jugendlichen kennen. Um interessierte Jugendliche zu finden, arbeitet qualitätszeit mit Jugendzentren und dem Verein Lobby16 zusammen, der junge Flüchtlinge unterstützt.
Preisverdächtig
Für den Lehrgang haben Weinholtz und Pesut Anfang Juni den Wiener "Social Impact Award" gewonnen. Im Herbst 2014 erhielten sie das Gründer-Stipendium "Social Impact Start" – und damit acht Monate lang einen kostenlosen Platz im Co-working-Büro Hub-Vienna. Das habe ihnen sehr geholfen, ihre Firma aufzubauen.
Eine Coaching-Stunde kostet 35 Euro, angeboten wird sie in Cafes in Wien und Wels und per Hausbesuch. "Viele Kunden sind in ihrer Mobilität eingeschränkt oder haben einen Stand-PC zu Hause", erklärt die Jungunternehmerin. Der günstige Preis sei nur über Fördergeber und Sponsoren möglich. Das Jugendministerium fördert das Unternehmen, ab Herbst voraussichtlich das Sozialministerium. "Wir sind auch auf der Suche nach Sponsoren aus der Wirtschaft, die mit unserer Zielgruppe zu tun haben", sagt Weinholtz. Auf der Suche sind die Sozialunternehmer auch nach einem Geschäftslokal innerhalb des Rings. Am fixen Standort wollen sie Coaching und Lehrgänge anbieten.
Im Spätsommer und Herbst finden noch zwei Lehrgänge für Coaches statt. Das Ziel ist für Weinholtz: "Dass sich ein, zwei Jugendliche herauskristallisieren, die bei uns als Coach arbeiten wollen."
1. Man braucht einen langen Atem und Vertrauen, dass alles schon zur richtigen Zeit kommen wird. Wir haben oft ungeduldig gewartet, später haben sich die richtigen Dinge ergeben. Und schau nicht nur auf das, was du nicht oder falsch gemacht hast. Wir feiern zwischendurch immer wieder unsere kleinen Erfolge.
2. Rede über deine Idee. Anfangs haben wir zu viel für uns behalten. Dabei ist es wichtig, nicht im verschlossenen Kämmerlein zu bleiben, sondern rauszugehen und mit möglichst vielen Menschen über die Idee zu reden. Soziale Geschäftsideen werden denke ich kaum geklaut, bei technischen Produkten wäre das sicher anders.
3. Nimm dir von Anfang an unbedingt einen Steuerberater. Es wäre ziemlich dumm, es nicht zu tun. Das zahlt sich wirklich aus und ist das bestangelegte Geld.
4. Freu dich über eine Sache erst, wenn sie unter Dach und Fach ist. Es bringt nur Enttäuschung, wenn man sich beispielsweise vor einem Termin über den voraussichtlichen Superdeal freut, der sich dann leider zerschlägt. Oder wenn man bei einem Förderantrag glaubt, den kriegt man fix.
5. Pass auf, dass du den Fokus auf deine Geschäftsidee nicht verlierst. Es ist wichtig, wie bei der Diplomarbeit fokussiert zu bleiben. Die Gefahr besteht, dass man die und jene Idee mit dieser Zielgruppe oder jenen Inhalten umsetzen will. Besser ist, man fängt klein an und setzt das einmal um. Es kommt mit der Zeit sowieso immer etwas dazu.
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