Der Bademeister im Gänsehäufel: Ruderleiberl und schimpfen gibt's nicht mehr

Der Bademeister im Gänsehäufel: Ruderleiberl und schimpfen gibt's nicht mehr
Dierk Rossiwall erzählt, wieso er für den Beruf des Bademeisters brennt. Und welche Probleme es im meistbesuchten städtischen Freibad Wiens gibt.

Dierk Rossiwall, 51, kommt eigentlich aus der Musik- und Veranstaltungsbranche. Als ihn 2020 die Coronapandemie beruflich einschränkt, beschließt er, sich „spaßeshalber“ als Bademeister bei der Stadt Wien zu bewerben. Heuer ist es bereits seine dritte Saison im Wiener Gänsehäufel (Strandbad). Am Job liebt er vor allem die Bewegung an der frischen Luft und die Begegnungen mit Menschen verschiedenster Gesellschaftsschichten.  

KURIER: Herr Rossiwall, in einer ORF-Sendung über die Wiener Bademeister von 1975 sieht man einen Kollegen von ihnen, im weißen Ruderleiberl, wienerisch schimpfend, eine Gruppe von Badegästen hinausschmeißen. Entspricht das noch der heutigen Realität des Bademeisterberufes?

Dierk Rossiwall: Die Zeiten, dass du als Bademeister dein gekränktes Ego an Badegästen auslässt, sind vorbei. Es geht darum, dass die Badegäste einen schönen Tag haben. Wir sind sicher nicht diejenigen, die ihnen das vermiesen wollen. Natürlich, am Ende des Tages kommen wir auch nicht mit dem Kaffeehäferl zum Gast, wenn er etwas angestellt hat, und fragen ihn, ob er noch zwei Zuckerwürfel haben mag. Es geht schon darum, dass die Badeordnung eingehalten wird. Aber der Bademeister flucht nicht, und trinkt auch kein Bier oder sonst etwas, das kann man sich heutzutage nicht mehr leisten. Das ist ganz klar Schnee von gestern.

Diese Saison ist bisher so heiß wie lange nicht. Haben Sie mehr zu tun als sonst?

Rossiwall: Das stimmt, wir hatten heuer ja schon einen überdurchschnittlich heißen Mai. Bis jetzt ist es allerdings so, dass es unter der Woche noch entspannt ist, die Samstage und Sonntage sind dafür schon sehr gut besucht. Da kommen schon einmal 10.000 oder 15.000 Gäste.

Was sind ihre Aufgaben?

Rossiwall: Ich bin am Weststrand positioniert. Das ist der „ruhigere“ Strand. Die richtige Action mit den jungen Leuten findet eher am Oststrand statt. Dafür haben wir die größte Wasserfläche mit knapp drei Hektar Wasser, die wir ständig im Auge behalten müssen. Am Weststrand ist das Publikum zum Großteil älter, darunter sind jahrelange Stammgäste, die auch Strand- und Wiesenkabinen hier haben. Da geht es vor allem darum, aufzupassen – auf gut wienerisch – dass keiner da sauft. Wir sind dazu angehalten, präventiv zu arbeiten und die schlimmsten Verletzungsgefahren zu verhindern. Bei allem, was wir beobachten, und was zu schweren Unfällen führen kann, pfeifen wir bereits präventiv. Die meisten akzeptieren das, aber Querulanten hat man immer. Das geht aber beim einen Ohr rein, beim andren raus. Fakt ist: Wenn der Bademeister pfeift, hat das einen Grund.

Apropos: Ihr Job ist nicht nur, zu beobachten, sondern im Ernstfall auch Leben zu retten. Wie oft kommt es zu brenzligen Situationen?

Rossiwall: Ich weiß noch, an meinem ersten Wochenende im Gänsehäufel hatten wir schon einen Rettungseinsatz. Eine alte Dame ist auf der Parkbank in der Sonne eingeschlafen, das war eindeutig zu heiß. Es war nicht ersichtlich, ob sie einen Kreislaufkollaps oder nur einen Sonnenstich hat. Sie war auf jeden Fall schon sehr dusselig. Wir haben sie gleich in den Schatten gebracht, sie war aber sehr verwirrt und deshalb haben wir gleich die Rettung gerufen. Im Endeffekt ging alles gut aus, sie hatte Gott sei Dank „nur“ einen Sonnenstich.

Wie wird man Bademeister?

Rossiwall: Ich musste zur Schwimmprüfung im Amalienbad antreten. Dadurch, dass ich Marathon-Läufer bin, war es für mich nicht so schwer. Die Prüfung ist aber durchaus herausfordernd: Man muss 200 Meter Brustschwimmen, eine Person aus dem Wasser retten, den Rettungsgriff vorzeigen, Rückenschwimmen, Weittauchen 25 Meter und Tieftauchen. Nachdem ich die Prüfung bestanden hatte, gab es noch einen psychologischen Test und dann kam die Zuordnung ins Gänsehäufel.

Werden Sie als Bademeister in Pension gehen?

Rossiwall: Ich kann mir gut vorstellen, den Job bis zur Pension zu machen. Für Freigeister und schräge Vögel ist der Job perfekt. Einen Vogel haben wir hier sicher alle, aber einen sehr liebenswerten.

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