Das Geld kommt von der Crowd

Das Geld kommt von der Crowd
Woodero und EGO Sports holten das Startkapital von Kleinstinvestoren – statt von der Bank

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Jausenbrett. Das iPad steckt in einer Hülle aus steirischem Nussholz. Doch die Schutzhülle des jungen Unternehmens „Woodero“ funktioniert das Tablet zum Bildschirm um, bringt es in die geneigte Position oder zum Liegen. Der „Crowd“ (Anm.: die Menschenmenge) gefällt’s. 166.950 Euro haben 177 private Kleinstinvestoren auf der Crowdinvesting-Plattform 1000x1000.at in „Woodero“ investiert. Die höchste Summe, die bisher über Crowdinvesting in Österreich erzielt wurde. Acht Mal soviel, als das Start-up angepeilt hatte.

150 Euro kostet die 360 Gramm leichte Holzhülle fürs Apple-Tablet, das Werbefachmann Florian Schupp mit den Holztechnikern Andreas Brandner und Christian Gerer entwickelt hat. Das Geld der Crowd gehe in „beinharte Vertriebsarbeit“, sagt Managing Director Alexander Krauser. Ab 2014 will er den deutschen, britischen und den US-Markt erobern.

Wenig von vielen

Sechs bis zwölf Wochen werden ausgewählte Projekte auf den beiden großen österreichischen Crowdinvesting-Plattformen Conda.at und 1000x1000.at feilgeboten. Das Besondere: Die Crowdinvestoren – meist Männer um die 40 – investieren niedrige Summen. Ab 100 Euro bis 5000 Euro ist man dabei. Sie erhalten kein Mitspracherecht, dafür die Aussicht auf Renditen und Gewinn. Vorrangig gehe es ihnen meist nicht darum, sagt 1000x1000.at-Gründer Reinhard Willfort: „Viele Investoren wollen Projekte unterstützen, an die sie glauben.“

Die Projekte müssen sich einer harten Auswahl unterziehen – von Analysten, Beratern, der „Crowd“ selbst. Hätten sie den Sprung auf die Plattform geschafft, würden sich viele Gründer erst einmal zurücklehnen, sagt Conda.at-Gründer Daniel Horak, doch: „Keiner schenkt einem Geld. Man muss sein Projekt weiterhin gut verkaufen.“

Leicht verständlich müsse es sein, damit die Crowd anbeiße, sind sich Horak und Willfort einig. Dass auch Nischenprodukte bei den Kleinstinvestoren gut ankommen können, zeigt Mario Preining mit seiner Firma EGO Sports, die Nachrüst-Motoren für Downhill- und Mountainbikes produziert. Nach Preinings Pitch im Finale der PULS4-Show „2 Minuten, 2 Millionen“ am Dienstag investierten TV-Zuschauer mehr als 20.000 Euro, insgesamt hat EGO Sports 72.090 Euro von 84 Kleinstinvestoren über Conda.at beisammen. „Viele unserer Kunden haben investiert“, so Preining. Bis 19. Jänner 2014 will er über die Crowd 100.000 Euro erreichen und so 2000 Motoren produzieren.

„Auch für expandierende Klein- und Mittelbetriebe wird Crowd­investing künftig interessant sein.“Reinhard Willfort1000x1000.at, GründerDie Kleinstinvestoren sind mehr als „nur“ Geldgeber. Sie sind Kunden, Produkttester, Ideenlieferanten. Der Vorteil laut Willfort: „Dadurch kann der Unternehmer früh erkennen, ob das Projekt scheitern wird – und es anpassen.“ Woodero erstellt zur Zeit eine Crowdsourcing-Plattform für seine Investoren – sie sollen dort das Unternehmen bei Entscheidungen und Ideenfindung unterstützen. „Die Crowd-Investoren sind ein unglaublicher Joker für uns“, sagt Krauser. Über das Crowdinvesting wurden auch Großinvestoren und Kooperationspartner auf Woodero aufmerksam. Auf den Crowdfunding-Events, die Conda.at veranstaltet, würde der Austausch mit den Investoren für Synergien sorgen, erzählt Horak: „Die Investoren helfen mit Kontakten, unterstützen etwa bei der Suche eines Geschäftslokals.“

Crowdinvesting allein reicht bei der Finanzierung aber meist nicht. Woodero setzt auf einen Kapitalmix, EGO Sports konnte über zwei Business Angels und zwei Großinvestoren 450.000 Euro lukrieren.Von den Banken hatten die fünf Gründer nur Privatkredite bekommen. „Wir haben mit unseren Motoren einen neuen Markt erschlossen, das war dem Berater zu riskant“, so Preining. Wegen der Zurückhaltung der Banken würden viele Start-ups auf Crowdinvesting setzen, sagt Willfort: „Doch auch für expandierende Klein- und Mittelbetriebe ist Crowdinvesting künftig interessant.“

Der Vorstandschef des Motorradherstellers KTM, Stefan Pierer, geht unter die Business Angels: Er legt einen mit fünf Millionen Euro dotierten Start-up-Fonds auf, berichtete das Wirtschaftsmagazin trend am Montag. Der Fonds soll im März 2014 starten.

Mit dem Geld will Pierer Unternehmen der Fahrzeugindustrie in der Gründungs- und Wachstumsphase unterstützen. „In Österreich ist nicht das Geld der Flaschenhals, sondern es fehlt vielfach die Möglichkeit, bereits in einer sehr frühen Phase die Marktfähigkeit der Idee zu überprüfen“, so Pierer. Er will den Gründern als aktiver Business Angel Zugang zum KTM-Netzwerk eröffnen. Organisatorisch soll der Fonds Teil von Pierers privater Beteiligungsstruktur werden, also außerhalb des Konzerns angesiedelt sein.

Auch von staatlicher Seite gibt es Unterstützung für innovative Gründer: Die staatliche Förderbank Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) hat im Oktober ein Start-up-Center in Wien eröffnet und baut ihr Angebot u. a. mit Gründer- und Business-Angel-Fonds und Crowdinvesting aus.

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