Cyborgs: Mach mich zur Maschine

Cyborgs: Mach mich zur Maschine
Facebook und Elon Musk arbeiten an der Vernetzung von Körper und Maschine, 70.000 Menschen tragen bereits Chip-Implantate.

Patrick Kramer wirkt nervös, als er die Bühne betritt. Zutiefst menschlich sieht er aus. Aber dann: „Ich bin ein Bodyhacker und mache andere zu Super Humans“, stellt sich der Deutsche vor. Er scheint plötzlich selbstsicherer: „Ich bringe Technologie unter ihre Haut.“

Patrick Kramer, hier bei seiner Rede von TEDx Bucharest, ist der Chef von Digiwell, dem führenden europäischen Anbieter von Biohacking-Artikeln. Er ist selbst ein „Cyborg“, also ein Mischwesen aus lebendigem Organismus und Maschine und trägt drei reiskorngroße digitale Implantate unter der Haut. Weltweit zählt er zu den einflussreichsten Vordenkern der menschlichen Digitalisierung.

Freiwillige vor

Rund 70.000 Menschen tragen Schätzungen zufolge Mikrochip-Implantate. Auch in der Jobwelt hält das Thema langsam Einzug: Das schwedische Start-up Epicenter Routine machte 2017 Schlagzeilen, weil es Mitarbeitern anbot, sich chippen zu lassen und so ohne Karte Bürotüren zu öffnen oder in der Cafeteria zu zahlen. Über 150 Mitarbeiter machten mit – freiwillig. Facebook arbeitet an einem System, das es erlauben soll, direkt aus dem Gehirn heraus zu tippen. Elon Musk forscht mit seiner Firma Neuralink intensiv am Brain-Computer-Interface: Gehirnimplantate sollen Menschen dabei helfen, mit der künstlichen Intelligenz mitzuhalten.

"Unorthodoxe Herangehensweise"

Patrick Kramer war 15 Jahre ein Unternehmensberater „am Rande des Burn-outs“, wie er im KURIER-Gespräch sagt. 2014 kam er mit dem Thema Biohacking in Berührung. „Ein Hack ist im Grunde nichts anderes als eine unorthodoxe Herangehensweise, um ein Ziel zu erreichen“, erklärt er. Heute wartet er auf Implantate Nummer vier und fünf. „Die Mikrochip-Implantate geben dem Körper neue Funktionen und eine digitale Schnittstelle.“

Werner Leeb,Unternehmensberater bei Trigon, sieht das technische Aufrüsten menschlicher Körper differenziert: „Ist etwas sinnvoll, nur weil es technisch machbar ist?“ Eine Prognose darüber, wann und inwieweit Chip-Implantate unsere Art zu arbeiten beeinflussen werden, wagt er nicht. Zu viele Faktoren seien noch ungeklärt. „Wie hoch ist die Bereitschaft der Bevölkerung dazu, wie viel Nutzen verspricht sich der Einzelne, wie reagiert der Staat und wie wird die Datensicherheit gehandhabt?“ Essenzielle Fragen. Leeb rät, vor allem jene nach dem menschlichen Maß nicht aus den Augen zu verlieren: „Wichtig ist: Sind das Technologien, die der Menschheit – im Sinne des Humanismus – einen Mehrwert bringen? Oder schaffen wir nur neue Abhängigkeiten?“

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