„Das Schönste im Leben ist, wenn man den richtigen Partner an seiner Seite hat, mit dem man alles teilen kann“, schreibt Ralf Schumacher auf seinem Instagram-Account und veröffentlicht ein Foto von sich und seinem Partner Étienne. Ein Coming-out, das mediale Wellen schlug und zu Diskussionen führte, ob und warum ein Outing heute überhaupt noch nötig ist.
Zu sich stehen
Vielen fällt es schwer, die eigene sexuelle Orientierung zu outen, besonders in der Arbeit, weiß Hannes Schneider, Leiter eines „Pride“-Netzwerks beim internationalen Unternehmensberater Bain & Company. „Letztlich ist es eine individuelle Entscheidung. Man sollte jedoch offen zu sich selbst stehen und über das Privatleben sprechen können, so wie es heterosexuelle Kollegen oft mit Leichtigkeit tun“, sagt er.
Inwieweit das der Fall ist, hat er vor mehreren Monaten mit zahlreichen Führungskräften in Unternehmen besprochen. Das Ergebnis: Nur die Hälfte der Befragten ging vom ersten Arbeitstag an offen mit ihrer sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität um. „Die übrigen 50 Prozent haben sich erst geoutet, als sie sich im Kollegenkreis akzeptiert und durch die jeweilige Unternehmenskultur ermutigt fühlten. Oder aber in einer festen Partnerschaft lebten.“
Der Grund für das Zögern? „Nach dem Coming-out gestaltet sich für Menschen aus der LGBTQIA+-Gemeinschaft das Netzwerken im Kollegen- und auch Kundenkreis oft schwieriger, was die Karrierechancen beeinträchtigen kan.“ Hinzu kommen Vorurteile und der Mangel an Vorbildern. Das wiederum verursacht Stress und das Gefühl, sich stärker als andere beweisen zu müssen, so Schneider. Einige fühlen sich laut Befragungen sogar gezwungen, ausgrenzendes Verhalten zu tolerieren, um ihre Karriere nicht zu gefährden, fügt er hinzu.
Ein Verhalten, das der Experte nachvollziehen kann. Denn obwohl heimische Firmen sich in den vergangenen Jahren positiver in Hinblick auf Diversität und Inklusion entwickelt haben, geben viele der befragten Führungskräfte an, „dass die Fortschritte ihrer Arbeitgeber in puncto Diversität insgesamt langsamer sind als noch vor fünf Jahren“, fasst Schneider zusammen.
Es gibt also noch Raum für Verbesserung. Das erkennt auch Julia Wörz, Diversitätsbeauftragte der Oesterreichischen Nationalbank OeNB: „Es ist noch viel Luft nach oben. Diese Themen brauchen Fingerspitzengefühl. Man muss viel fordern und darf nicht lockerlassen. Wir wollen jedoch das ganze Team abholen, daher ist es unser Ansatz beharrlich zu bleiben aber nicht radikal zu wirken.“
Das Team zählt
Alle zwei Jahre veranstaltet die OeNB deshalb einen Diversity-Tag, mit Weiterbildungen und Workshops. „Zunächst stand mehr das Thema Frauen und Gender im Fokus, jetzt beziehen wir auch Inklusion, sexuelle Orientierung und den kulturellen Hintergrund mit ein und setzen Maßnahmen“, sagt Wörz. Sogenannte „Diversitätsbotschafter“ sollen dazu beitragen und werden im ganzen Unternehmen eingesetzt. Sie sind Ansprechpersonen und informieren bei Fragen. „Es handelt sich dabei um Personen aus dem Management oder Abteilungsleiter. Die Unterstützung muss von den obersten Ebenen kommen, sonst wird es nicht ernst genommen“, erklärt sie. „Das ist ein ganz wichtiges Signal für das Team.“
Dem stimmt auch Hannes Schneider zu: „Führungskräfte sollten als Vorbilder für Inklusion agieren und sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden sich gehört und wertgeschätzt fühlen.“ Schließlich beginnen Inklusion und Diversität mit der gelebten Kultur in einer Firma. Auch hier findet Schneider klare Worte: „Diversität sollte nicht nur toleriert, sondern aktiv gefeiert werden.“ Ein Rat, den sich die OeNB scheinbar zu Herzen genommen hat.
Alice Radzyner, ebenfalls Diversitätsbeauftragte: „Wir haben heuer Schlüsselbänder in Regenbogenfarben mit unserem Logo im Unternehmen verteilt. Damit spazieren unsere Kolleginnen und Kollegen jetzt stolz durch die Gänge.“
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