Büro von innen: Dampfkraftwerk als Büro

Büro von innen: Dampfkraftwerk als Büro
Architekt Heinz Neumann baut spektakuläre Häuser wie den UNIQA-Tower. Im Chefbüro liebt er es lieber schlicht.

Sein erstes Projekt hängt als Poster in seinem Besprechungsraum, durch sein letztes großes strömen täglich rund 40.000 Reisende. Zwischen 1970, als Architekt Heinz Neumann in der Wiener Innenstadt einem winzigen Ladenlokal eine spektakuläre Wendeltreppe verpasste (das Geschäft "Trödeltreppe" gibt es längst nicht mehr), und der Neueröffnung des umgebauten Wiener Westbahnhofs stehen mehr als 800 gebaute Projekte.

Das Büro Neumann + Partner hat nicht nur dem Westbahnhof zwei markante Bürotürme verpasst und der Bahnhofshalle ihre Luftigkeit zurückgegeben. Mit dem Ares-Tower auf der Wiener Donauplatte oder der nachts spektakulär leuchtenden UNIQA-Zentrale hat es weitere Prestige-Projekte vorzuweisen.

Neumanns Lieblingsprojekt ist aber sein Büro: Aus einer alten ÖBB-Lehrwerkstätte im 19. Bezirk in Wien hat er ein modernes, luftiges Bürohaus für rund 100 Mitarbeiter geschaffen, ohne dem Gebäude den Charakter zu nehmen. "Das Gebäude war einst ein Dampfkraftwerk, das Strom für die Erleuchtung der Stadtbahnstationen geliefert hat", erzählt der Architekt. Stahlkonstruktion und Gusseisensäulen hat er ebenso erhalten wie die Außenhülle, innen dominieren die mit einer Treppe verbundenen offenen Ebenen.
Das Chefbüro ist geräumig, aber schlicht, die Tür immer offen. Unterlagen liegen am weißen Schreibtisch, am Besprechungstisch, am Boden. In der Mitte steht ein
riesiger Ficus Benjamin, an der Wand hängen Bilder von Michael Pühringer, "einem Freund von mir". Der hat ihm auch ein Motorrad gemalt, ihm, dem leidenschaftlichen Biker, der eine Kawasaki 1000 ZZR sowie zwei Harley Davidson Soft Dale sein Eigen nennt.

Nordpol

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Wenn er damit nicht durch Europa fährt, reist er durch die USA, Asien, Australien. "Oft Architekturreisen", wie er zugibt, doch seine Frau sei als Innenausstatter davon ebenso begeistert. Von seiner letzten Reise - mit einem 75.000 PS starken Eisbrecher an den Nordpol - schwärmt er ebenso wie von den wunderbaren Weißweinen, die er seinen Gästen kredenzt: Schließlich frönt er mit dem Wiener Winzer Stephan Hajszan auch dem Weinmachen. Als weitere Hobbys nennt er Radfahren und Laufen. Und wichtig ist ihm: "Ich spiele nicht Golf."

Für seine Kunden fertigt er auch Möbel an, sogar Kamine und Küchen; den Sessel Swing - einst gezeichnet für das UNIQA-Gebäude - gibt es nun bei Wittmann. Lieblose Architektur löst bei ihm "tiefe Enttäuschung" aus: "Denn man kann auch mit wenig Geld sehr gute Architektur machen."

Neumann, der Architekt, Testpilot und Abenteurer

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Kurz gefragt:

Wie sind Sie hierhergekommen?
Im Vorbeifahren von zu Hause in mein altes Büro.

Was wollten Sie werden?
Testpilot oder Abenteurer, als Architekt bin ich beides.

Ihr hässlichster Arbeitsplatz?
Unter Deck in einem amerikanischen Munitionsfrachter von Dschibuti nach Beirut.

Ihr Traumarbeitsplatz?
In meiner Küche zu Hause.

Die größten Hürden?
Die katastrophale Ausbildung der jungen Kollegen, die neuen Bauordnungen, die monatlichen neuen Baugesetze, die Kammer und die Verblödung durch Ikonisierung der Wow-Architektur.

Das größte Glück im Job?
Ein zufriedener Bauherr.

Wie wird hier gefeiert?
Beim Heurigen, im Restaurant und hier im Büro, so oft, so lustig und so feucht es geht.

Wohin soll's gehen?
Zur Architektur der Selbstverständlichkeit, Vielfalt und Zusammenarbeit.

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