Black Friday, Cyber Monday, Schlussverkäufe: Warum wir Rabatten nur schwer widerstehen können

Black Friday, Cyber Monday, Schlussverkäufe: Warum wir Rabatten nur schwer widerstehen können
Bei Sonderangeboten im Handel schlagen wir alle gern zu. Warum das so ist und wie wir den Verlockungen widerstehen können.

„Ihr wisst ja, dass ich schon länger mit der Designerin zusammenarbeite und ich würde euch den Schmuck nicht empfehlen, wenn ich ihn selbst nicht tragen würde“, sagt eine junge, österreichische Influencerin auf Instagram in ihr Smartphone. Sie hält wie zur Bestätigung ihr Ohr vor die Kamera, behängt mit goldenen Ohrringen.

„Der Designerin ist Nachhaltigkeit sehr wichtig, sie verwendet nur recyceltes Gold und Silber“, fährt die junge Frau fort und kommt dann auf den eigentlichen Grund ihres Werbevideos zu sprechen: Überraschung, das Schmucklabel biete „einmalig“ 20 Prozent Rabatt auf ausgewählte Produkte –„normalerweise gibt es das nicht.“

Ein Link zum Onlineshop wird eingeblendet, daneben ein Rabattcode, los geht’s, einfach nur „hochswipen“. Rund 77.000 Menschen folgen der Influencerin auf Instagram. Alles potenzielle Konsumenten, die besonders in der Vorweihnachtszeit, der umsatzstärksten Zeit im Jahr, mit Preisnachlässen und Sonder-Aktionen umgarnt werden.

Black Friday als Konsum-Event

Eingeläutet wird die Hochphase des Shoppings mit dem sogenannten Black Friday. Schon Tage vorher werden Kunden von der Werbeindustrie auf den zum Konsum-Event stilisierten Tag hingewiesen. „Das kann die Kaufstimmung bereits vorher anfachen“, erklärt Werbepsychologe Josef Sawetz.

Es funktioniert: Rund 230 Millionen Euro werden jährlich rund um den Black Friday und den darauffolgenden Cyber Monday in Österreich umgesetzt. Wie sich der Umsatz heuer aufgrund von Lieferengpässen, Warenknappheit und dem vierten Lockdown gestaltet, ist noch offen. Was aber selbst in Krisenzeiten gleich bleibt, ist die Wirkung von extremen Preisnachlässen auf Konsumenten.

Preis-Framing: Rabatte werden in absoluten oder relativen Werten angegeben. Warum? Bei niedrigpreisigen Waren funktionieren Rabattangaben in Prozentangaben besser, die Ersparnis  wirkt höher.  Bei teuren Produkten werden  meist  absoluten Zahlen angeben. So wirkt die Aussage „Sie sparen 500 Euro“ bei einem Fernseher, der von 1.999 Euro und auf 1.499 Euro  reduziert wurde, stärker als die Angabe  „-25 Prozent“.

FOMO: Steht für „Fear of Missing Out“– der Angst, etwas zu verpassen. In der Werbeindustrie wird diese Angst gezielt angesprochen, um Konsumenten zum Handeln  zu bewegen. Typischerweise mit Hinweisen wie „nur so lange der Vorrat reicht“ oder einem Countdowntimer.

Soziale Bewährtheit: „Nur noch fünf Artikel verfügbar“ oder „andere schauen sich auch an“– es suggeriert, dass man  den Artikel im Onlineshop nicht alleine begutachtet.
Die Hinweise können den entscheidenden Kaufimpuls erzeugen, denn Menschen neigen dazu, sich an Entscheidungen und Handlungen ihrer Mitmenschen zu orientieren.

Besitztumseffekt: Dieser greift zum Beispiel bei Online-Bestellungen. Ist das Produkt erst einmal zu Hause, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man es auch wieder zurückschickt. Selbst, wenn es nicht wirklich überzeugt. 

"Rabatte wirken wie Kokain"

„Rabatte wirken wie Kokain“, wurden Hirnforscher bereits mehrfach in Medien zitiert. „Es ist ein bisschen krass ausgedrückt. Aber Studien belegen tatsächlich gewisse Gemeinsamkeiten“, bestätigt Werbeexpertin Kristina Kleinlercher vom Management Center Innsbruck (MCI).

„Wird ein Kunde mit Rabatten konfrontiert, wird jenes Areal im Gehirn aktiviert, wo das Belohnungssystem sitzt. Dabei wird der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet, welcher ein Glücksgefühl hervorruft. Dies passiert bereits bevor sich der Kunde überhaupt für einen Kauf entscheidet.“ Diesem guten Gefühl geht der Kunde nach. Er belohnt sich, indem er das Produkt kauft.

Der Mensch ist damit kein „homo oeconomicus“, der seine Entscheidungen vollständig rational fällt. „Viele Kunden glauben, sie seien keine Werbeopfer. Tatsächlich aber werden wir in unseren Kaufentscheidungen oft unbewusst beeinflusst“, so Kleinlercher.

Stress fördert Impulskäufe

So triggert das Spiel mit künstlicher Verknappung („nur für kurze Zeit“, „solange der Vorrat reicht“) unseren „Jäger-und-Sammler-Instinkt“, erklärt Experte Sawetz und nennt ein Beispiel: Der Handel bietet zu einem bestimmten Zeitpunkt einen starken Rabatt. Werbung lädt das Produkt emotional auf und lässt es damit begehrenswert wirken.

Konsumenten glauben, die einmalige Gelegenheit zu haben, ein hochwertiges Produkt besonders günstig zu ergattern. Beides übt eine stark motivierende Kraft aus und führt bestenfalls zum Kaufakt: „Aus Angst, ein gutes Schnäppchen zu verpassen und aufgrund des Lustgewinns, wenn man ein tolles Produkt schließlich gekauft und dabei sogar noch Geld gespart hat.“

Zum Kauf "gestupst"

„In der Fachsprache nennen wir diese Verkaufstechnik Nudging. Der Konsument wird zum Kauf gestupst“, erklärt Sawetz . „Es ist eine Strategie, die bei bestimmten Rahmenbedingungen bei jedem von uns wirkt, weil sie auf kollektiv wirkende Mechanismen der Wahrnehmung, Beurteilung und Entscheidungsfindung in unserem Gehirn basiert.“

Auch die österreichische Influencerin aktiviert, bewusst oder unbewusst, diese Kernprinzipien bei ihren Followern, indem sie von „einmaligen“ Rabatten spricht. Die künstliche Verknappung macht den beworbenen Schmuck begehrenswert. Dass sie die Ohrringe dabei auch noch selbst trägt und Menschen, die einem sympathisch sind, gerne nachgeahmt werden, leistet den Rest an Überzeugungsarbeit.

Tipps, wie man dem Rabatt-Rausch widersteht

Einkaufslisten schreiben

Es ist so banal, wie es klingt. Doch Experten zufolge können Listen tatsächlich helfen, Impulskäufe zu vermeiden. Werbepsychologe Josef Sawetz rät: „Überlegen Sie genau, welche Dinge Sie brauchen, legen Sie Prioritäten fest und den Zeitraum, wann Sie sie kaufen möchten.“

Nicht auf Marken festlegen

Um im Ausverkauf gut  auszusteigen, sollten Sie  sich nicht auf  einen spezifischen Hersteller versteifen, sondern sich ein weites Feld an Wahlmöglichkeiten schaffen. Als Kaufkriterien können etwa technische Funktionen dienen. Das entemotionalisiert den Kauf.

Vergleichsportale konsultieren

Rabatte, Restezähler oder Countdowns gaukeln dem Konsumenten oft nur vor, dass es sich hier um einen kurzfristigen, einmaligen Preisnachlass handelt. Diverse Preis-Vergleichsportale im Netz zeigen das ganze Jahr über, wo Produkte am günstigsten angeboten werden.

Rabatte strategisch nutzen

Sonderangebote lassen sich gezielt für teurere Anschaffungen  nutzen – auch hier ist eine Liste sinnvoll.

Abwarten

Experten raten:Wer sich bei einem Produkt nicht sicher ist, mindestens eine Nacht drüber schlafen oder ein paar Tage abwarten. Das vermeidet Impulskäufe. Vergisst man das Produkt, war es  unwichtig.

 

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