Brasilien schickt Studenten nach Österreich

BILD zu OTS - Minister Töchterle und der brasilianische Vize-Bildungsminister Paim Fernandes
Minister Töchterle und Brasiliens Vize-Bildungsminister Fernandes unterzeichneten ein Rahmenabkommen im Bereich Bildung und Wissenschaft.

Ein Rahmenabkommen im Bereich Bildung und Wissenschaft zwischen Österreich und Brasilien haben Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und der brasilianische Vizeminister für Bildung, Henrique Paim Fernandes, am Montag (Ortszeit) in Brasilia unterzeichnet. Das lateinamerikanische Land setzt bei seinen Bemühungen zur Stärkung des Forschungsstandorts u.a. auf die Steigerung der akademischen Mobilität. 2011 wurde dazu das Stipendienprogramm "Wissenschaft ohne Grenzen" ins Leben gerufen. Bis 2015 sollen bis zu 100.000 Stipendien für die Weiterqualifizierung von Studenten und Absolventen vergeben werden – nun auch in Österreich.

Brasilien habe „großes Interesse an der Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit im Bildungsbereich“, sagte Paim Fernandes bei der Unterzeichnung. „Es ist wichtig, die Grenzen in den Köpfen der Menschen niederzureißen und jungen Forschern keine Hindernisse bei ihrer Mobilität in den Weg zu legen“, sagte Töchterle, der in Brasilia auch mit der Kabinettschefin von Präsidentin Dilma Rousseff, Gleisi Helena Hoffmann, zusammentraf und am Dienstag seinen Arbeitsbesuch in Chile fortsetzte, wo er u.a. am Mittwoch an der Eröffnung des internationalen Teleskops ALMA teilnahm.

Großes Interesse

Seitens der österreichischen Universitäten und Fachhochschulen bestehe großes Interesse daran, brasilianische Studenten im Rahmen des Stipendienprogramms nach Österreich zu holen, betonte Hubert Dürrstein, Chef der österreichischen Agentur für internationale Mobilität und Kooperation (OeAD). Vorerst sind 650 Plätze in Österreich für brasilianische Studenten vorgesehen, dazu kommen noch weitere für Doktoratstudenten und Postdocs. „Über die Schiene Bildung kann man die Kontakte im Bereich Forschung und Innovation und letztlich auch in der Wirtschaft stärken“, so Dürrstein.

Alleine die Montanuniversität Leoben hat bereits Anfang des Jahres den Brasilianern 400 Studienplätze für Bachelor-, Master- und PhD-Studenten angeboten, sagte Montanuni-Vizerektor Peter Moser, nicht zuletzt auf Wunsch heimischischer Unternehmen, die in der siebentgrößten Weltwirtschaft aktiv sind. Die Montanuni plant gemeinsam mit der Uni Salzburg noch heuer zwei „Roadshows“ in Brasilien, um ihre wissenschaftlichen Themen zu platzieren.

Die Uni Salzburg hat mit ihrer Vizerektorin Fatima Ferreira, einer gebürtigen Brasilianerin, quasi einen Heimvorteil. Die Allergieforscherin hat bereits ein erstes Projekt mit der Universität Salvador de Bahia ins Leben gerufen, wo es um die Erforschung von Impfstoffen gegen tropische Hausstaubmilben geht. Der Rektor der Uni Salzburg, Heinrich Schmidinger, hofft auch auf Kooperation des Stefan Zweig-Zentrums seiner Uni und jenem in Petropolis, wo Zweig 1942 im Exil verstarb.

Schon jetzt kooperieren 15 Universitäten und neun Fachhochschulen mit brasilianischen Einrichtungen im Rahmen von Abkommen. Derzeit studieren 210 Brasilianer in Österreich. Im Rahmen eines Netzwerkprogramms zwischen der EU und Lateinamerika findet im Oktober (4./5.10.) in Wien die Konferenz „Weltmacht Brasilien – Chancen und Risiken eines Aufstiegs“ in Wien statt.

Mehr Mittel

Brasilien hat laut OECD-Daten von 2012 den Anteil der Bildungsausgaben an den gesamten öffentlichen Ausgaben von 10,5 Prozent im Jahr 2000 auf 16,8 Prozent im Jahr 2009 gesteigert – eine der größten Wachstumsraten in der OECD. Zum Vergleich: der OECD-Schnitt lag 2009 bei 13 Prozent.

Auch beim Wachstum der Ausgaben pro Schüler führt Brasilien mit einem Anstieg von fast 150 Prozent zwischen 2005 und 2009. Im Hochschulbereich konnten in diesem Zeitraum die Pro-Kopf-Aufwendungen (minus zwei Prozent) allerdings aufgrund des massiven Anstiegs der Studentenzahl (plus 67 Prozent) nicht mithalten. Mit einer Akademiker-Quote von elf Prozent aller 25- bis 64-Jährigen liegt Brasilien allerdings noch deutlich unter dem OECD-Schnitt (31 Prozent).

Entsprechend bezeichnet die OECD in ihrem „Science, Technology and Industry Outlook 2012“ Brasiliens Humankapital als „Flaschenhals“ des Innovationssystems, dessen Performance sei insgesamt „schwach“. 2008 lagen die Forschungsausgaben des 190-Millionen-Einwohnerlandes bei 1,08 Prozent des BIP, deutlich unter dem OECD-Schnitt, allerdings über lateinamerikanischen Ländern wie Argentinien, Chile oder Mexiko.

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