Be-Werbung mit Wow-Effekt
Mickey Mouse hat alles richtig gemacht. Sie kann auf zahlreiche Stationen in der Werbebranche verweisen. "Dabei hätte sich der junge Mann nicht hinter der Maske zu verstecken brauchen", lacht Astrid Pfaffenwimmer von Cooper’s Crew, einer Personalvermittlung für Kreativleute. Das lustige Bewerbungsfoto, das smarte Anschreiben und die Erfahrung des Bewerbers überzeugten.
"Eine auffällige Bewerbung ist immer besser als eine Nullachtfünfzehn-Bewerbung", meint Mariusz Demner, langjähriger Chef der Werbeagentur Demner, Merlicek und Bergmann. "An einem kreativ geschriebenen Bewerbungsschreiben lässt sich erahnen, ob der Bewerber ein Gefühl fürs Metier hat." Trotz allem sollte sie aussagekräftig sein.
Junge Kreative wie die Kanadierin Sabrina Saccoccio, die ihren Lebenslauf als Facebook-Seite gestaltete oder der portugiesische Grafikdesigner Miguel Rato, der seinen Lebenslauf auf eine Milchpackung bannte (www.aerorato.com), haben zumindest einmal die Aufmerksamkeit in der Tasche.
"Aufsehen zu erregen ist ganz schön", meint Klaudia Winkler, Vorstandsassistentin bei der Wiener Werbeagentur LOWE GGK, "letztendlich muss aber die Leistung passen." Ganz schlecht sei schlechte Kreativität, sagt sie: "Per Word-Clipart gestaltete Bewerbungen sind für die Einladung im Schrebergarten ganz nett, aber für den Art-Director reicht es dann wirklich nicht."
Wahrscheinlich peinlich
Was in der Kreativbranche gleichsam die Arbeitsprobe ist, kann in anderen Branchen schnell peinlich wirken. "Je schräger, desto kleiner ist der Kreis jener, die sagen: Wow, das ist toll", meint Svenja Hofert, deutsche Karriere-Expertin und Autorin von "Die Guerilla-Bewerbung". Als Promoter verkleidet in die Personalabteilung zu marschieren und einen Bewerbungsflyer zu verteilen, sorge vielleicht für Aufsehen: "Sinn macht es aber nur, wenn man sich tatsächlich als Promoter bewirbt." Zu bedenken sei auch: Personalchefs arbeiten unter Zeitdruck. Aufwendige Bewerbungen, die die Identität des Bewerbers erst mit der Lösung eines kniffligen Rätsels enthüllen oder in einer Schnitzeljagd durchs Chefbüro ausarten, hätten selten Chancen. "Klar, effizient, auf den Punkt gebracht" müssten sie sein, bestätigt Christiana Zenkl, Personalchefin des Technologiekonzerns Infineon. Und auf einen Blick müsse erkennbar sein, was der Bewerber zu bieten hat. Im Zweifel solle die Kreativität lieber in die Schreibe fließen als in zu viel Schnickschnack, rät Hofert: "Das kann auch ein Controller." Abgedroschene Worthülsen im Anschreiben – wie "Ihr Inserat hat mein Interesse geweckt", "Der Beruf XY ist meine Leidenschaft" – sollten schleunigst verbannt werden. Außerdem: Wer sich Ideen von anderen abschaut, ist de facto nicht mehr kreativ. "Man muss eine eigene Idee finden, ein Konzept ausarbeiten", sagt Hofert. Generell Sinn machen würden Bewerbungsvideos, "weil man viel mehr von der Persönlichkeit sieht als am Foto."
Nehmen Sie mich
Zu viel marktschreierisches Selbstbewusstsein stößt bei Personalern eher auf Ablehnung: "Mit ,Nehmen Sie mich, ich bin der Beste" kann man selten überzeugen", sagt Hofert. Man sollte besser überlegen, wie man sein Gegenüber von der eigenen Genialität überzeugen kann – "durch Fakten, Emotion, Verbesserungsvorschläge.
Mr. Multimedia: Sein Lebenslauf kann reden
Der Lebenslauf sollte Bände sprechen – über bisherige berufliche Erfolge. Bei Victor Petit tut er das wortwörtlich. Er hat auf der Rückseite seines Lebenslaufs ein Porträt von sich abgebildet, ein QR-Code überdeckt seinen Mund. Fotografiert man mit dem Smartphone den QR-Code und legt es darüber, erscheint der Mund per Youtube-Video auf dem Display des Handys – und beginnt zu sprechen. „Der härteste Teil im Bewerbungsprozess ist es, zu einem Gespräch eingeladen zu werden“, sagte Petit im Frühstücksfernsehen des US-Senders CBS. Darauf wollte der findige Franzose nicht warten, um „vorsprechen“ zu können. Der 25-Jährige sucht zurzeit über seine mit Referenzen gespickten Webseite www.victorpetit.fr ein Praktikum.
Ein CV wie ein Notfallsplan
Als "Jack of all Trades" – "Tausendsassa" – bewarb sich Richard Haderer im Herbst 2011 bei der Online-Kreativagentur Limesoda. Nach Jahren als Versicherungsberater, Produktmanager und Marketingassistent wollte er in den Kreativbereich wechseln. "Ich war ein Quereinsteiger ohne Studienabschluss, musste mich von den anderen Bewerbern abheben", erzählt der 32-Jährige. "Für mich war das Hauptziel, zum Gespräch eingeladen zu werden, damit ich das fehlende Studium wegreden konnte." Der grafische Autodidakt beeindruckte mit seinem Lebenslauf à la Notfallsplan – ein bisschen geklaut, aber adaptiert – mit dem Vermerk "Nutzen Sie diese Akte nur für die dafür vorhergesehenen Anwendungsmöglichkeiten und nicht als Kaffeetassenunterlage. Bitte kontaktieren Sie die Zielperson, um nähere Infos zu erhalten." Haderer ist heute bei Limesoda als Konzeptionist angestellt.
Botschaften im Web platziert
Hey Ian Reichenthal!" Ian Reichenthal staunte nicht schlecht, als er sich selbst googelte (jeder macht das, Sie nicht auch?). Das Top-Suchergebnis verwies den Kreativdirektor bei Young and Rubicam auf die Webseite eines gewissen Alec Brownstein.
Dieser hatte Google-Ads sämtlicher Agenturchefs und Art-Direktoren gekauft. Als sie sich selbst googelten, fanden sie die Werbeeinschaltung mit Unterzeile "Googling yourself is a lot of fun. Hiring me is fun too" ("Sich selbst googeln macht viel Spaß. Mich anzuheuern auch.") Reichenthal war so begeistert, dass er den kreativen Kopf einstellte. Gekostet hat das Brownstein ganze 15 US-Cent pro Ad.
Bewerbungspaket mit Handy
Als vor ein paar Jahren ein Paket in die bekannte Wiener Werbeagentur LOWE GGK eintrudelte, staunte Vorstandsassistentin Klaudia Winkler nicht schlecht: „In der Schachtel lag ein uraltes Handy aus den 90er-Jahren mit einem PIN-Code und einer Anleitung, wie man die Mailbox abruft.“ Sie rief die Mailbox an, eine männliche Stimme meldete sich: „Hallo, mein Name ist XY, ich möchte mich auf die Stelle als Grafiker bewerben.“ In der Schachtel lag ein Portfolio mit den Arbeiten des Bewerbers. „Die Bewerbung hat bei uns die Runde gemacht.“ Sie gab die Schachtel an den damaligen Art-Direktor weiter. „Er war begeistert und hat gemeint, so müssten Bewerbungen sein“, erzählt Winkler.
Ob der junge Mann den Job tatsächlich ergattert hat, weiß sie leider nicht mehr. Aber in Erinnerung geblieben ist die Bewerbung in der Agentur bis heute.
Tipps: Der Guerilla-Weg zum Traumjob
In ihrem aktuellen Buch "Die Guerilla-Bewerbung" (Campus Verlag) beschreibt Karriere-Expertin Svenja Hofert neben dem kreativen Auffallen weitere Wege zum Traumjob.
Angebotstrategie Ihren Job gibt’s im Wunschunternehmen noch nicht? Sorgen Sie dafür, dass die Stelle für Sie geschaffen wird. Indem Sie dem Unternehmen anbieten, akute Probleme zu lösen oder noch nicht bestehende Geschäftsbereiche (Diversity, Social Media) zu übernehmen.
Elfenstrategie Vier bis sieben Kontakte braucht es, bis man von einem Unternehmen bemerkt wird. Daher: Dran bleiben. Nähern Sie sich dem Geschäftsführer "undercover". Nicht als Bewerber, sondern als interessierter Kunde oder Experte. Schreiben Sie ein Mail an den Chef, in dem Sie relevante Themen aufgreifen. Wichtig: Nicht lästig werden – und kein Wort von Bewerbung. Dann sind Sie der Firma ein Begriff, wenn sie jemanden sucht.
Expertenstrategie Sollte die Jobsuche auf Dauer überflüssig machen. Vertiefen Sie Ihr Wissen, ohne zu sehr ins Spezialistentum zu kippen. Und verkaufen Sie sich gut als Experte.
Kettenbriefstrategie Schicken Sie Ihre Bewerbung an frühere Chefs und Kooperationspartner, die Sie gern weiterempfehlen – und bitten Sie sie, die Bewerbung an für Sie relevante Entscheider weiterzuleiten.
Kommentare