Backe, backe Müsli: Ein Start-up macht Brot zu Müsli
Die guten Ideen lassen sich nicht gezielt abrufen. Manche Menschen haben die besten Einfälle unter der Dusche, andere werden im Schlaf von ihnen überrumpelt. Bei Michael Berger und Sarah Lechner fiel der Groschen, als sie vor einem Jahr mit Michaels Sohn ein Spiel spielten.
„Welche Produkte bestehen aus Getreide?“, lautete die Frage und der Fünfjährige war der Meinung: Müsli besteht aus Brot. Der Kleine wurde an jenem Tag noch eines anderen belehrt. Nicht wissend, dass er – im wahrsten Sinne des Wortes – den Samen ihres Start-ups „2ndcc Granola“ gelegt hatte (sprich: „Second Chance Granola“).
Gesagt, getan
Denn bald darauf standen die beiden in der Küche, zerkleinerten Brot, rösteten es im Ofen und waren überrascht: Es schmeckte tatsächlich. Das Gedankenkarussell sprang an: Müsli aus Brot herstellen – warum eigentlich nicht? Schnell wurde klar, auf diese Idee war noch keiner gekommen, das Alleinstellungsmerkmal war damit schon einmal gesichert. An genügend Brot heranzukommen, stellte sich als wenig problematisch heraus: Denn vor allem unverkauftes Brot gibt es im Überfluss.
„Allein in Wien wird so viel Brot entsorgt, wie in Graz konsumiert wird“,weiß Berger. Sieben Monate später wurde aus dem anfänglichen Spiel dann Ernst, „2ndcc Granola gegründet und das erste Granola aus Altbrot auf den österreichischen Markt gebracht. „Derzeit haben wir eine Kooperation mit der Bäckerei Geier“, erzählt Berger.
Das Brot, das dort in der Früh gebacken und abends nicht verkauft wird, wird am nächsten Tag abgeholt und im „Herd“, einer Art Industrie-Gemeinschaftsküche in Wien, zerkleinert, geröstet und mit Nüssen, Früchten, Gewürzen und Karamellsirup verfeinert.
Start-up-erprobt
Eine Idee weiterzuspinnen und ein Konzept mit Businessplan daraus zu entwickeln, ist den beiden Gründern nicht fremd. Berger und Lechner kennen die Start-up-Welt, beide waren in den vergangenen Jahren in verschiedenen Start-ups tätig – mit dem einzigen Unterschied, dass sie in der Medizin-Technik-Branche verortet waren. Ob sie von ihrem Start-up schon leben können?
„Ich würde sagen, das Ganze lebt eher von uns“, lacht Berger, der vor allem für die Produktentwicklung zuständig ist. Annähernd selbsterhaltend zu wirtschaften sei aber ihr Ziel für das erste Quartal 2021. „Kostendeckend arbeiten werden wir erst in drei Jahren.“ Auch hier kommt den beiden ihre Erfahrung mit Neugründungen zugute.
Das Start-up-Leben gleicht oft einer Achterbahn. Bis es Fahrt aufnimmt, wird das Duo noch viel tüfteln, an Details im Businessplan feilen, die ein oder andere schlaflose Nacht haben. Es gilt, Investoren zu finden, Kooperationspartner ausfindig zu machen, Vertriebskanäle auszubauen, Kundenkontakte herzustellen sowie natürlich das Müsli selbst. Doch all die Hürden, darunter auch Corona, kann ihre Motivation nicht bremsen. „Wir retten Brot. Mit unserem Produkt bieten wir eine wichtige Lösung an – nämlich die Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden.“
Ende 2019 begannen Sarah Lechner (31) und Michael Berger (29) mit der Produktentwicklung ihres Granolas. Mit ihrem Social Business verfolgen sie die Vision eines bewussteren Umgangs mit Lebensmitteln. Pro gekaufte Packung können 400 Gramm Brot gerettet, sowie 1.4101 Liter Wasser gespart werden, so ihre Rechnung.
Bislang gibt es zwei Granola-Mischungen: Beere-Nuss-Zimt und Schoko-Kokos. Produziert wird im zehnten Wiener Bezirk, verkauft wird u. a. auf Messen, im Online-Shop, und in den Filialen der Bäckerei Geier. Ein eigenes Geschäft mit dazugehöriger Produktion ist für 2021 in Planung.
Kommentare