Auszeit auf dem Times Square

Elisabeth Ponzer vor der Radio City Hall in New York: Neben Vokabeln lernen macht sie viel Sightseeing...
N.Y., San Francisco, Honolulu: Eine 23-Jährige kündigt den Job für eine Sprachreise.

Auf der Fifth Avenue ist noch kein Schnee in Sicht. Es ist noch recht warm. Hierher kommt Elisabeth Ponzer fast täglich mit dem Zug, nachdem ihr Englischunterricht zu Ende ist.

Seit Mitte September lebt die 23-Jährige vierzig Zugminuten von der Metropole entfernt in Tarrytown. Am Campus von EF Sprachreisen gibt sie ihrem Englisch den professionellen Feinschliff. Rund 20 Stunden pro Woche sitzt sie im Unterricht. "Mein Englisch hat sich irrsinnig verbessert, seit ich hier bin. Ich habe nur Menschen um mich, die auf Englisch kommunizieren, ich lese Bücher und schaue Filme ausschließlich auf Englisch", erzählt sie beim Telefonat.

Für die ehemalige Volksschullehrerin ist New York erst der Anfang: Nach dem dreimonatigen Intensivkurs in Tarrytown will sie in San Francisco den Examenskurs inklusive Cambridge-Zertifikat absolvieren. Das dauert drei Monate. Danach will sie das Gelernte zwei Monate lang in Honolulu, Hawaii, festigen. Da gibt es durchaus deprimierendere Lernorte. "Ich dachte mir, wenn schon eine Auszeit, dann ordentlich", schmunzelt sie.

Als Ponzer ihren Job in einer privaten Volksschule aufgab, entschied sie sich für eine Sprachreise als Auszeit. Organisiert wurde der Auslandsaufenthalt von EF Sprachreisen. Ursprünglich hatte sie vor, einen Job in den USA zu suchen: "Die Sache mit dem Arbeitsvisum war aber kompliziert, und für einen Job braucht man perfekte Englischkenntnisse." Auch die Möglichkeit als Au-pair in Australien überlegte sie, "das wäre mir aber zu kurz gewesen."

Bildungskarenz wirkt

Längere Sprachreisen werden bei Berufstätigen um die 30 beliebter, sagt Katharina Peterlik von EF Sprachreisen: "Die Möglichkeit zur Bildungskarenz hat die Nachfrage enorm verstärkt." Gerade Sprachen wie Spanisch, Englisch und Italienisch seien gefragt, aber auch Exoten wie Chinesisch und Japanisch seien gerade "in". "Bei Englisch zählen Sprachexamen wie das Cambridge oder Toefl für den Lebenslauf", sagt Peterlik.

Beim Wiener Mitbewerber ESL Sprachreisen ist London die Destination Nummer eins, weiß Nora Maczejka: "Im heurigen Jahr waren auch Irland und Malta sehr beliebt. Australien wurde gut nachgefragt, New York und Kanada weniger – wohl aufgrund der Wirtschaftslage." Auch bei ESL würden Bildungskarenzierte gern mehrere Destinationen kombinieren. ESL bietet auch das "At the teacher’s"-Programme. Der Sprachstudent wohnt bei seinem Privatlehrer, der ein individuell abgestimmtes Sprach- und Freizeitprogramm anbietet.

Kosten

In New York oder Sydney das Englisch zu verbessern, in Tokio Japanisch zu lernen, in Barcelona Spanisch, in Peking Chinesisch – das hat seinen Preis: Laut Nora Maczejka sei es schwierig, die Kosten zu schätzen. Laut Katharina Peterlik muss man bei EF Sprachreisen für einen sechsmonatigen Sprachkurs plus Unterkunft bei einer Gastfamilie je nach Land mit mindestens 11.000 Euro rechnen. Ein Wohnheim oder eine WG erhöhen die Kosten.

Für ihren achtmonatigen Aufenthalt muss Elisabeth Ponzer – ohne Bildungskarenzgeld in Anspruch zu nehmen – 15.000 Euro für Kurse und Wohnen aufbringen, "dazu werde ich pro Monat ungefähr 1000 Euro für Essen und Sightseeing ausgeben", sagt sie. Luxus gibt es im Gegenzug nicht: In Tarrytown wohnt sie im Vierbettzimmer im Heim am Campus, in San Francisco wird sie sich bei einer Gastfamilie ein Zimmer mit einer Sprachstudentin teilen. Wert ist es ihr dennoch: "Ich kann mir viel anschauen , lerne viel und das Cambridge-Zertifikat ist ein Leben lang gültig", sagt Ponzer. Ihr besseres Englisch will sie im neuen Job nutzen: "Ich würde gern in einem internationalen Büro arbeiten."

Die Österreicher haben sich im internationalen Vergleich verschlechtert, was ihre Englischkenntnisse betrifft: In den vergangenen Jahren rangierte man auf Platz sechs oder sieben von 70 Nationen weltweit, heuer haben die Österreicher es nur mit Ach und Krach in die Top Ten geschafft – auf den Platz zehn. Laut EF verschlechtert sich Österreich daher von der Note „Sehr Gut“ auf die Note „Gut“. Die skandinavischen Länder haben die beste Performance. Listenführer ist Schweden, gefolgt von den Niederlanden und Dänemark. Am unteren Ende finden sich Länder aus dem Mittleren Osten, Schlusslicht ist Libyen.
Es gibt auch „Good News“ für Österreich: Die Englischkenntnisse der erwachsenen Österreicher bewegen sich nach wie vor auf überdurchschnittlich hohem Niveau. Frauen sprechen übrigens besser Englisch als Männer, beinahe überall auf der Welt. Die 18- bis 20-Jährigen schneiden erwartungsgemäß deutlich besser ab als die über 40-Jährigen. Für das Jahr 2015 wurden die Testergebnisse von rund 910.000 Menschen aus 70 Ländern verglichen.

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