Aufstieg mit Rückenwind
Am Straßenrand neben der zweispurigen Fahrbahn parkt ein schwarzer Golf. Ringsum gelbe Weizenfelder, die Ähren biegen sich im warmen Wind. Ein junger Mann öffnet die Autotür, er trägt T-Shirt, Jeans, Anzugschuhe. Christoph Großsteiner sieht zufrieden in die Ferne, die Windräder drehen sich.
Aus der Ferne betrachtet sind Windräder freundliche Vertraute aus der Kindheit. Je näher sie kommen, desto monströser und suspekter werden sie. Am Fundament stehend muss man den Kopf tief in den Nacken legen, um bis zur Spitze zu blicken. Denn erst in hundert Metern Höhe dreht der Wind die Rotorblätter um die Narbe, bis zu ihrer Spitze sind es weitere fünfzig Meter. Großsteiner öffnet unbeeindruckt das Gittertor, das zum Eingang des zahmen Riesen führt. Links und rechts vom betonierten Weg hat die Natur mit Gräsern und Blumen das Areal zurückerobert. Er sperrt die Tür zum Inneren auf. An einem Zettel links neben der Tür steht zu lesen: „Christoph Großsteiner, Geschäftsführer oekostrom Windpark Kittsee.“ Seit 2012 trägt der erst 26-Jährige die Verantwortung für dieses und ein weiteres Windrad. Verantwortung hat er nie gescheut. Im Gegenteil: Großsteiner sagt im Gespräch zu seinem Werdegang oft, wie sehr ihn neue Herausforderungen reizen, wie faszinierend er Neuland findet, wie viel Spannung er aus Unbekanntem zieht. Er ist willens, seine Aufmerksamkeit einer Aufgabe komplett zu widmen, lange zu arbeiten, viel zu lernen, solange sie spannend ist. Ist sie das, identifiziert er sich mit dem Unternehmen so sehr, dass er freiwillig und überzeugt ein T-Shirt mit dessen Schriftzug trägt. Dass „oeko“ darauf steht, macht es überhaupt leicht.
Wenn Christoph Großsteiner erzählt, wirbeln seine Hände zur Verdeutlichung der Worte durch die Luft. Nur hier, bei seiner offenen und lebendigen Artikulation, zeigt sich sein junges Alter. Seine Worte hingegen könnten genauso gut von einem alten Hasen stammen.
Christoph Großsteiner ist strebsam. Woher sein Antrieb kommt, weiß er nicht so genau. Ja, die Eltern haben darauf geschaut, dass er und seine Schwestern eine gute Ausbildung bekommen. Leistung wurde zuhause gefördert und geschätzt. Sobald er alt genug war, bemühte sich Großsteiner um Praktika in den Schul-Ferien. Für den Abschluss seines Bachelor-Studiums musste er ein Praktikum machen. Da er das Masterstudium ohnehin berufsbegleitend absolvieren wollte, machte er sich gleich auf die Suche nach einem fixen Job. Er heuerte bei oekostrom an, machte den Bachelor fertig, hängte ein Masterstudium in Unternehmensführung an. Startete dann mit einem zweiten Master-Studium in einem technischen Fach.
Zwei Jahre nachdem er zu oekostrom kam, betraute man ihn mit der Projektverantwortung für den Windpark Kittsee. Eineinhalb Jahre dauerte die Projektierung, gebaut ist so ein Windrad, vom zementierten Fundament bis zum Rotorblatt in zwei, drei Wochen.
KURIER: Wo werden Sie eigentlich zum Kind?
Christoph Großsteiner: Wenn ich mit meinen Modellflugzeugen fliege. Ich bin kein Kind von Traurigkeit, hänge genauso mit Freunden ab, spiele Fußball wie andere in meinem Alter. Aber ich stelle mein Privatleben derzeit hinten an. Abschalten ist trotzdem ganz wichtig – frei nach dem Motto: Die Kunst des Erholens ist Teil der Kunst des Arbeitens.
Was macht Sie aus?
Ich bin ein Mensch der Tat und kann mein Wissen vom technischen und kaufmännischen Bereich kombinieren. Ich kann komplexe Sachverhalte strukturiert abarbeiten. Weiter denken und dabei immer wieder neue Wissensgebiete und Menschen in Verbindung zu setzen.
Sind Sie mehr Manager oder mehr Techniker?
Schon mehr Manager.
Welche Eigenschaften haben Sie so weit gebracht?
Ausdauer, Mut mit einer hohen Frustrationstoleranz.
Hatten Sie einen Mentor?
Mein Chef bei oekostrom war ein gutes Vorbild. Ich schätze es sehr, dass mir hier so früh die Möglichkeit gegeben wird, Führungsverantwortung zu übernehmen.
Wo müssen Sie noch dazulernen?
Lernen ist eine lebenslange Aufgabe. Im Bereich der Mitarbeiterführung kann man viel bewegen, aber sicher auch einiges falsch machen. Hier möchte ich step-by-step dazulernen, um für größere Aufgaben gerüstet zu sein.
Wo wollen Sie noch hin?
Ich möchte im Energiesektor bleiben. Aber ich bin noch jung. Es wäre falsch, zu glauben, dass das schon alles war.
Kommentare