Schlägt man beruflich den Weg in die Gastronomie oder Hotellerie ein, weiß man: Es gibt Nacht- und Wochenenddienste, Trinkgelder, die niedrig oder sehr hoch sein können und Arbeitszeiten, die Flexibilität verlangen. Manchmal sind es genau diese Aspekte, die den Beruf attraktiv machen.
Für jene, die ihn langfristig ausüben möchten, können unregelmäßige Dienstpläne, körperlich anstrengende Teildienste, kleine Fixgehälter und spontanes Einspringen für erkrankte Kollegen auch zum ausschlaggebenden Punkt werden, der Branche den Rücken zu kehren.
Daher überrascht es wenig, dass die Verweildauer von Tourismus-Angestellten mit 33 Monaten weit kürzer ist als in vergleichbaren Branchen, wo der Durchschnitt bei 73 Monaten liegt. Und die Lücke wäre noch größer, würden Lehrlinge durch ihre Betriebstreue nicht den Schnitt heben. Das zeigt eine neue Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA), die von der Arbeiterkammer (AK) in Auftrag gegeben und am Freitag bei einer Pressekonferenz präsentiert wurde.
Doch es sind nicht nur die herausfordernden Arbeitsbedingungen, die problematisch sind, kritisiert Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl, sondern die fehlende Wertschätzung. Etwa wenn Löhne nicht ausbezahlt, Dienstverträge vorenthalten werden, Diskriminierung und sexuelle Übergriffe verhältnismäßig stärker auftreten als in anderen Branchen.
„Was mir fehlt, sind der Respekt und die Wertschätzung“
von Renate Anderl, Arbeiterkammer-Präsidentin
Oder wenn Dienstnehmer leichter ausgebeutet werden können, weil sie durchschnittlich jünger und weniger gebildet sind und mit 46 Prozent einen hohen Migrationsanteil aufweisen. Nicht umsonst ist das Gast- und Hotelgewerbe bei Beratungen in der Arbeiterkammer überrepräsentiert. 15 Prozent der angelegten Interventionsakte fallen auf diese Branche und das, obwohl nur 6 Prozent der Wiener Beschäftigten darin arbeiten.
Neu sind diese Zustände nicht, jedoch gewinnen sie in Zeiten des Arbeitskräftemangels, wo Personal ohnehin schon schwer zu finden ist, an Brisanz. Auch weil bestehende Kollektivverträge nicht genug Schutz und Entlohnung bieten, sofern Betriebe überhaupt nach diesen zahlen, sagt Vida-Gewerkschaftschef Roman Hebenstreit.
Gehälter in der Gastronomie sind selbst auf Vollzeitbasis laut Erhebungen des Rechnungshofes die niedrigsten im Branchenvergleich. Nacht- oder Sonntagszuschläge sucht man vergebens. „Im besten Fall werden sie nach einem schlechten KV bezahlt“, fasst der Gewerkschafter zusammen.
Ein gutes Vorbild
Dass nicht in allen Betrieben prekäre Verhältnisse vorherrschen, ist klar. Vor allem größere Arbeitgeber würden Betriebsräte installieren, um Arbeitnehmer zu schützen. Mit besonderem Vorbild aber geht jetzt die Jufa-Hotelkette voran:
Im Sommer einigte sie sich mit der Gewerkschaft auf einen neuen KV, der erstmals höhere Grundlöhne festlegt, Vordienstzeiten anrechnet und – das ist einzigartig in der Branche, so Hebenstreit – Sonntags- und Nachtzuschläge vorsieht. Insgesamt gibt es 17 Vorteile, die herkömmliche Kollektivverträge in Gastronomie und Hotellerie nicht haben. Das macht ein Sorgenkind bei der Gewerkschaft weniger.
Die Beschäftigungsdauer liegt im Schnitt bei 33 Monaten. Zum Vergleich: In der gesamten Dienstleistung sind es sonst 73 Monate
36 Jahre alt und damit vergleichsweise jung sind Beschäftigte. Unselbstständig Beschäftigte quer durch die Branchen sind durchschnittlich 40 Jahre alt
Häufig gemeldete Beschwerden sind nicht bezahlte Mehr- und Überstunden, fehlende Unterlagen wie Dienstverträge sowie Schwarzgeldzahlungen und fehlende Anmeldungen bei der Sozialversicherung
Der Einkommensbericht des Rechnungshofs zeigt: ganzjährige Vollzeit-Gehälter im Hotel- und Gastgewerbe liegen im Branchenvergleich an letzter Stelle
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