Alles vernetzt, nichts verknotet

Dave Gray kritzelt: Die Skizze links zeigt ein traditionelles Unternehmen, rechts zeichnete er das vernetzte Unternehmen. Die Pfeile sollen den Handlungsspielraum von Mitarbeitern verdeutlichen.
Für den amerikanischen Querdenker Dave Gray sind vernetzte Unternehmen am effizientesten

Dave Gray denkt visuell. Seine Bücher sind von Skizzen übersät: Sie zeigen, wie Unternehmen heute effizient aufgestellt sein müssen und wie Kreativität befreit werden kann. Auch für dieses Interview packt er den Stift aus. Jetzt ist alles klar.

KURIER: Sie haben zwei Bücher geschrieben. Gamestorming und The Connected Company ...

Dave Gray: Eigentlich hätte ich sie in der anderen Reihenfolge schreiben sollen. In The Connected Company dreht sich alles um die Veränderungen in der Welt und wie sie Unternehmen dazu zwingen, sich auf radikale Art zu entwickeln. Gamestorming gibt Werkzeuge dafür.

Was verstehen Sie unter einem vernetzten Unternehmen? Und wieso funktionieren Unternehmen nicht mehr nach dem alten Prinzip?

Die meisten Konzerne sind nach dem Prinzip der Arbeitsteilung aufgebaut. Man teilt Aufgaben unter verschiedenen Abteilungen auf, Sales zum Beispiel oder Operations. Alles wird von oben gelenkt. Nun sitzen ein Sales- und ein Operations-Mitarbeiter in Indien nebeneinander, aber sie können Probleme nicht gemeinsam bewältigen, weil jeder nach oben berichten muss. Das geht bis zum CEO. Das ist effizient für die Firma, aber nicht für den Kunden.

Was machen kundeneffiziente, vernetzten Firmen anders?

Ein Team bei Amazon zum Beispiel hat fünf bis acht Mitglieder. Jedes dieser Teams ist in sich wie ein kleines Start-up organisiert (Anm.: In der Grafik nennt Gray sie Pods) und hat sich nur auf eine Aufgabe zu konzentrieren, zum Beispiel auf die Buy-with-one-click-Funktion auf der Webseite. In dem Team sind Sales- und Operations-Mitarbeiter. Sie können alle Probleme lösen. Die Teams arbeiten zusammen, aber nicht in hierarchischer Struktur, sondern weil sie alle eine Zielsetzung haben und eine gemeinsame Plattform.

Wem berichten sie?

Dem Kunden. Es gibt Regeln und innerhalb dieser können sie machen, was sie wollen. Ein Beispiel: American Airlines hat eine stark hierarchische Struktur, viele Regeln. Wenn die Mitarbeiter einmal die Linie übertreten wollen, um dem Kunden etwas Gutes zu tun, müssen sie um Erlaubnis bitten. Southwest Airlines hingegen sagt: „Macht, was für den Passagier am besten ist. Fühlt ihr euch unwohl, könnt ihr den Supervisor fragen.“ Southwest ist profitabel, American Airlines bankrott.

Wieso sind Unternehmen meist nicht vernetzt organisiert?

Derzeit ist sehr viel Unsicherheit da. Die Welt ist vuca (siehe Grafik). Kunden vernetzen sich stärker, also muss auch ein Unternehmen vernetzt sein.

Welche Rolle spielt der Verlust von Macht in diesem lahmen Strukturwandel?

Das ist das Problem. Diejenigen, die jetzt Macht haben, würden am meisten verlieren. Man muss auch sagen, dass die meisten vernetzten Unternehmen bereits so gegründet wurden. In einem Start-up gibt es zu Beginn das totale Chaos – ziemlich uneffektiv. Dann werden einige Regeln geschaffen und es wird schnell effizient. Es gibt aber den Punkt, an dem zu viele Regeln geschaffen werden und das Unternehmen dadurch ineffizient wird.

Wie kommt man wieder zurück?

Jack Welch sagte: Werfe Handgranaten. Er beschrieb es als Krieg gegen die Bürokratie.

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