50plus am Jobmarkt - Tatsachen und Tipps

Ältere auf Jobsuche haben es schwer
50 plus hat viel Erfahrung – und auf dem Arbeitsmarkt kein leichtes Spiel. Zu teuer, zu unproduktiv, heißt es. Die Firmen müssen umdenken.

Man fühlt sich mies", sagt Herbert Hrdina und legt die Stirn in Runzeln. Der 51-Jährige ist schon länger auf Jobsuche. Weit über hundert Bewerbungen hat er geschrieben, eingeladen wurde er zu weniger als 20. Warum, sei offensichtlich. "Wenn man selbst bei einem exakt passenden Anforderungsprofil nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird, woran soll es liegen, außer am Alter?"

Alles halb so schlimm?

Herbert Hrdina ist einer von derzeit 73.654 arbeitslosen Österreichern über 50. Das sind um 15,7 Prozent mehr als im September 2013. Alarmierend, müsste man meinen. AMS-Geschäftsführer Johannes Kopf kalmiert: "Auch die Beschäftigung steigt bei den Älteren, weil die heute 50-Jährigen starke Geburtengänge sind." Die aussagekräftigere Arbeitslosenquote liegt in Österreich bei den über 50-Jährigen mit derzeit 8,1 Prozent kaum höher als die allgemeine Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent (national). Und dieser Unterschied von 0,5 Prozentpunkten sei stabil.

Zudem sind Unternehmen vermehrt bemüht, Ältere im Arbeitsprozess zu halten. So bewirbt eine neue Broschüre der Industriellenvereinigung vorbildhafte Betriebe, die sich für altersgerechtes Arbeiten einsetzen. "Außerdem werden Ältere", sagt AMS-Chef Kopf, "seltener gekündigt als junge Mitarbeiter."

Doch wenn sie gekündigt werden, haben sie es schwer, einen Job zu finden. Das muss auch er zugeben. Anfangs finden sie keinen Job wegen des Alters – und irgendwann finden sie keinen Job, weil sie schon zu lange arbeitslos sind. "Diesen Teufelskreis muss man stoppen", sagt der AMS-Chef.

Das sieht auch die Regierung so. Bis 2016 werden 370 Millionen Euro investiert, um Menschen über 50 in Jobs zu bekommen – das Geld fließt in Beratung, Beschäftigungsprojekte, in Eingliederungsbeihilfen für Unternehmen. Letztere seien ein Anreiz für Firmen, ältere Bewerber jungen vorzuziehen, sagt Kopf. 40 Prozent der geförderten Mitarbeiter werden später vom Betrieb übernommen.

Alles schön und gut. Alles wichtig und richtig.

Nur umdenken hilft

Doch Tatsache bleibt: "Bewerber ab 50, 55 Jahren müssen sich darauf einstellen, dass sie keinen Job finden", sagt Roman Valent. Um das Problem zu lösen, müsse es ein Umdenken in der Wirtschaft geben. Valent war selbst von Personalabbau betroffen, gründete 2003 die Plattform "Fundament – Generation 45 plus", schrieb drei Jahre später einen Bewerbungsratgeber für diese Zielgruppe. "Seither hat sich nicht viel getan, was die Einstellung in der Wirtschaft zum Thema betrifft", sagt er.

Die Einstellung – das sind meist Vorurteile. Ältere, heißt es, seien zwar erfahren, aber teuer, weiterbildungsresistent und unproduktiv. Was man pauschal so nicht sagen kann: Praxisnahe Weiterbildung ist bei Älteren durchaus willkommen. Sie haben Schlüsselqualifikationen und Branchenkenntnisse. Und auch wenn sich ihre Produktivität verlangsamt – mit richtiger Arbeitsorganisation bleiben sie leistungsfähig.

Auch das Pauschalurteil "zu teuer" lässt sich nicht halten: Es trifft zwar auf Höherqualifizierte und Beamte zu, aber nicht auf Arbeiter. "Im Handel verdient man mit 50 so viel wie mit 36 Jahren", sagt REWE-Personalchef Christian Eberherr. Nach 18 Berufsjahren stoppen die Gehaltsvorrückungen. Außerdem: Verzweifelte Höherqualifizierte auf Jobsuche sind meist zu Gehaltseinbußen bereit.

50 als Plus

Das Alter wird in Zukunft ein Wettbewerbsvorteil sein. Denn wenn die Gesellschaft altert, altern auch die Kunden. "Unsere jüngsten Kunden sind in den 50ern", sagt Oliver Lux, Geschäftsführer des Hörgeräte-Anbieters Hansaton. Und um diese Kunden zu erreichen, sucht er bewusst erfahrene, ältere Mitarbeiter. "Sie haben mehr Verständnis und Empathie", sagt Lux. Auch als 50-jähriger Quereinsteiger hat man Chancen auf einen Job, denn Hansaton bildet seine Mitarbeiter im zweiten Bildungsweg selbst aus. Nicht nur in seiner Branche sollten ältere Mitarbeiter willkommen sein, sagt Lux: "Es ist unintelligent zu glauben, dass Jugendlichkeit per se ein Garant für Innovation und Leistung ist."

Was übrigens auch Studien belegen: Die Fähigkeit zu Innovation hat mit dem Alter nichts zu tun – sie ist eine Frage der Persönlichkeit.

Experte Roman Valent gibt Tipps – für weniger Frust und mehr ErfolgRoman Valent gründete nach seinem Jobverlust die Plattform Generation 45plus. Seine Bewerbungstipps:

1. Achten Sie auf das Unternehmen Unternehmen, die Personal abbauen und junge Branchen sind vergebene Liebesmüh‘. Gute Chancen bestehen dort, wo Erfahrungswissen zählt – wie im Verkauf, in der Buchhaltung, im Pflegebereich.

2. Nutzen Sie Ihre Kontakte Langjährige Berufserfahrung bringt zahlreiche Kontakte mit sich – „nutzen Sie sie“, sagt Valent.

3. Gehen Sie zum Unternehmen Darauf zu warten, dass das Bewerbungsschreiben im Müll landet, bringt nichts. Valent rät: „Bringen Sie das Bewerbungsschreiben persönlich vorbei, damit zeigen Sie Interesse am Unternehmen.“ Das erhöhe die Chancen auf ein Bewerbungsgespräch – Personalentscheidungen würden zu 70 Prozent emotional getroffen.

4. Argumentieren Sie Ihre Erfahrung Beschreiben Sie im Anschreiben Ihre Stärken. „Bringen Sie konkrete Beispiele für Ihre Lösungskompetenz und Ihre Erfahrungen. Was haben Sie bisher geleistet, was Ihrem potenziellen Arbeitgeber nutzen kann?“

5. Das Alter kommt zum Schluss Das Alter zu verheimlichen macht verdächtig. Besser: „Beschreiben Sie im Lebenslauf erst zum Schluss das Alter“, sagt Valent.

6. Machen Sie sich nicht jünger Das Auftreten sollten dem Beruf und dem Alter entsprechen. „Authentisch sein ist wichtig“, so Valent.

7. Nutzen Sie die Arbeitslosigkeit Werden Sie in der Arbeitslosigkeit aktiv – „engagieren Sie sich im Ehrenamt, bilden Sie sich weiter, um auf dem letzten Stand Ihres Fachs zu sein“, sagt der Experte. Das sei für die eigene Würde und das Selbstbewusstsein wichtig. „Und man kann trotz längerer Arbeitslosigkeit zeigen, dass man sich nicht fallen gelassen hat.“

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