„Alle laufen raus. Wir laufen rein“
Bis zu sieben Mal am Tag rückt Viktoria Zechmeister mit ihrer Mannschaft aus. Höchstens sieben Minuten darf die 36-Jährige mit dem Feuerwehrfahrzeug bis zur Einsatzstelle brauchen. Was sie dort erwartet, weiß sie nie. Mit starken Nerven und viel Gespür führt die erste Offizierin Österreichs ihr Team durch lebensgefährliche Situationen – und rettet Leben.
1 Sie begeben sich täglich für andere in Lebensgefahr. Warum?
Ich will helfen. Ich habe es gelernt und weiß wie’s geht. Es gibt Menschen, die fürchten sich vor Feuer. Bei einem Brand laufen dann alle raus. Wir laufen rein.
2 Gibt es so etwas wie Alltag in Ihrem Beruf?
Einen groben. Besprechung, Objektbegehungen, Offiziers-Tätigkeiten, Einsatzberichte schreiben. Wir haben 24 Stunden Dienst, 24 Stunden frei.
3 Was ist das Schönste an dieser Arbeit?
Man ist immer gefordert, er ist abwechslungsreich. Auch wenn oft sehr schlimme Sachen passieren: Wenn etwas gut funktioniert, bekommen wir immer Dank zurück.
4 Es schlägt Alarm, irgendwo brennt es. Was passiert dann?
Egal, was wir gerade machen, wir lassen alles fallen. Während wir in die Fahrzeughalle runterlaufen, hören wir von der Nachrichtenzentrale über Lautsprecher, was genau für ein Einsatz das ist. Im Fahrzeug rüsten wir uns dann aus, schauen auf den Feuerwehrplänen nach, wo der nächste Hydrant steht, beraten: Wo können wir uns aufstellen, was für Gefahren könnten vor Ort sein?
5 Welche Rolle spielt das Team in Ihrem Beruf?
Man verbringt mehr Zeit mit den Kollegen als mit der Familie. Ohne Vertrauen zueinander funktioniert da nichts. Man braucht immer wieder irgendwen, der einem aus einer gefährlichen Situation am Einsatzort wieder heraushilft.
6 Was darf einem Feuerwehrmann nie passieren?
Zu spät zum Einsatzort zu kommen.
7 Was empfinden Sie bei Hochwasser, Waldbränden oder schwerverletzten Menschen?
In dem Moment konzentriere ich mich nur auf meine Arbeit, verdränge alles komplett. Gedanken macht man sich im Nachhinein. Die schlimmsten Einsätze sind, wenn man die Betroffenen kennt oder Kinder im Spiel sind.
8 Was machen Sie nach solchen Einsätzen?
Zuerst gehe ich duschen, dann kreisen die Gedanken. Wir setzen uns nach Einsätzen oft zusammen und reden darüber: Was ist passiert, was können wir beim nächsten Mal besser machen?
9 Frauen absolvieren die gleiche Ausbildung wie Männer.
Das ist schon hart. Wir haben auch die gleiche Aufnahmeprüfung und müssen die gleiche körperliche Eignung vorweisen wie sie. Man muss halt hintrainieren. Wenn es einem aber Spaß macht, geht das schon.
10 Haben Sie als weibliche Einsatzleiterin mit Vorurteilen zu tun?
Am Anfang schon. Aber wie man in den Wald ruft, so kommt es retour. Ich komme super zurecht.
11 Wie verschaffen Sie sich unter 1756 Männern Respekt?
Ich bin es gewohnt, unter Männern zu sein. Ich besuchte eine HTL, war dann auf einer Fachhochschule. Man muss ein bisschen goschert sein, zurückreden, schlagfertig sein. Aber das muss man in vielen Berufen.
12 Wie viel verdienen Sie?
Ich bin in der Magistratsbeamten-Stufe B mit einigen Zulagen.
13 Wie lange werden Sie noch Leben retten?
Hoffentlich bis zur Pension mit 57.
Die einzige Offizierin der Österreichischen Berufsfeuerwehr wurde am 18. 8. 1977 in Wien geboren. Sie besuchte die HTL und stieg nach der Matura ins Elektrotechnik-Geschäft ihres Vaters ein. Nebenbei begann sie ein berufsbegleitendes Studium für Industrielle Elektronik an der FH Technikum Wien. Seit 2000 löscht sie bei der Freiwilligen Feuerwehr. Kurz vor ihrem FH-Abschluss 2004 wechselte sie zur Berufsfeuerwehr, der MA 68, in Wien. Ihr Zuständigkeitsbereich als Offizierin ist die Nachrichtentechnik.
In Zahlen:
24 Stundendauert ein Dienst.
100 Einsätzehat die MA 68 am Tag – rund alle 14 Minuten.
4 Frauen und 1756 Männer arbeiten bei der MA 68. Jeweils 500 pro Dienst, 24 pro Zimmerbrand-Einsatz.
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