Kapsch fordert Reform der "Untreue"

Unternehmer Georg Kapsch will Entschärfung des Wirtschaftsstrafrechts. Der Ball liegt letztendlich beim Nationalrat.
Präsident der Industriellenvereinigung will "unternehmerische Risken" entkriminalisieren.

Ob in der Causa Bawag, Hypo oder Libro – eine der stärksten Waffen der Anklagebehörden in Wirtschaftsverfahren ist der Paragraf 153 des Strafgesetzbuches: die Untreue. Mit diesem Paragrafen können jene Geschäftsführer und Vorstände von Unternehmen durch die Staatsanwaltschaft verfolgt werden, die bewusst in Kauf nehmen, dass Geschäfte am Ende crashen, gewährte Millionen-Darlehen mangels Besicherung zur Gänze verloren gehen oder unverantwortliche Investitionen in einem Totalverlust enden. Im Juristen-Deutsch heißt das "wissentlicher Missbrauch der Befugnis über fremdes Vermögen".

Das Gros der Untreue-Fälle hat eines gemeinsam: Die Aufsichtsräte und Eigentümer wurden von den Geschäftsführern falsch, unzureichend oder gar nicht informiert. Der Tatbestand der Untreue ist bereits dann erfüllt, wenn Geld bzw. Vermögen zum Nachteil der Firma "abfließt". Und dann wird es richtig happig. Die Strafdrohung beträgt bis zu zehn Jahre Haft. Im Gegensatz zum Betrug muss bei der Untreue keine persönliche Bereicherung nachgewiesen werden.

Viele Wirtschaftsvertreter fürchten seit Längerem, dass sie bei jedem riskanten Geschäft mit einem Fuß im Kriminal zu stehen. "Die Wirtschaft lebt davon, dass Unternehmen und Manager Risiken eingehen", sagt Georg Kapsch, Präsident der Industriellen Vereinigung (IV). "Wenn sie dafür kriminalisiert werden, ist das kontraproduktiv." Er fordert eine Reform des Untreue-Paragrafen. Der Tatbestand sollte künftig nur dann zur Anwendung kommen, wenn auch eine persönliche Bereicherung des Täters vorliegt.

"Es wird immer Verbrecher geben und wegen einiger weniger Fälle schütten wir das Kind mit dem Bade aus", sagt Kapsch, Chef der börsennotierten Kapsch TrafficCom AG. "Aber man macht dem Rest der Manager das Leben so schwer, dass es keine Freude mehr macht, ein Unternehmen zu führen."

Keine Änderung?

Die Staatsanwälte sehen das anders. So hat die vom Justizminister initiierte "Arbeitsgruppe Strafgesetzbuch 2015" den Untreue-Paragrafen heftig diskutiert. "Mit großer Mehrheit wurde festgestellt, dass wir dem Nationalrat keine Änderung empfehlen, weil sie nicht notwendig ist", sagt Gerhard Jarosch, Präsident der österreichischen Staatsanwälte. Ein ordentlicher Kaufmann, der verantwortungsvoll mit Firmenvermögen umgeht, habe nichts zu befürchten. "Es wird versucht, die Untreue als Schreckensdelikt hinzustellen, durch das kein Manager mehr ein geschäftliches Risiko eingehen kann. Das stimmt nicht", sagt Jarosch. "Es stehen jene Manager zu Recht mit einem Fuß im Kriminal, die das Vermögen, das man ihnen anvertraut hat, missbräuchlich verwenden." Wenn man einem scheidenden Vorstand noch Geld nachschmeißt, obwohl das vertraglich nicht vereinbart war, sei das grundsätzlich Untreue. Jarosch: "Wenn ich aber sage, der hat sich außergewöhnlich um das Unternehmen verdient gemacht, und lasse mir die Zahlung vom Aufsichtsrat oder besser noch von den Eigentümern absegnen, dann gibt es kein Problem."

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