Kampfjetpilot: Teamwork bei 1000 km/h

Kampfjetpilot: Teamwork bei 1000 km/h
Marc Zimmerli und seine Truppe rasen mit 1000 km/h in 30 Metern Höhe über den Erdboden. Fehler sind hier: tödlich.

Kampfjetpilot Marc Zimmerli erhebt selten die Stimme. Wenn, dann zucken seine Teammitglieder zusammen, dann wissen sie: Jetzt ist der Klamauk vorbei, jetzt heißt es volle Konzentration. Denn jeder Fehler kann tödlich sein. Im Abstand von nur drei Metern fliegen die sechs Kunstflieger der Patrouille Suisse nebeneinander – und das mit Tempo 1000. "Zimi" ist der Leader der sechsköpfigen Truppe. Wenn die Piloten durch die Lüfte rasen, orientieren sie sich an ihm.

KURIER: Wann wussten Sie, dass Sie Pilot werden wollen?

Marc Zimmerli: Mit vier Jahren. Mein Vater ist Handwerker, meine Mutter ist Hausfrau und hat im Betrieb des Vaters geholfen.

Kann man sich bei der Patrouille Suisse einfach so bewerben?

Nein. Man wird hineingewählt.

Wie wählen Sie ein neues Teammitglied aus?

Es muss einfach die Chemie stimmen. Vielleicht wäre ich vor 20 Jahren nicht ins Team gekommen, weil die Chemie anders gewesen wäre. Wir sind seit drei Jahren ein Team, alle an der gleichen Position. Ich werde im Januar, spätestens im Februar aufhören. Dann bin ich neun Jahre dabei.

Wieso wollen Sie aufhören?

Die Kinder kommen langsam in den Kindergarten. Die Einsätze sind immer am Wochenende, das Familienleben findet auch am Wochenende statt. Und ich merke, dass sich nach drei Jahren langsam der Alltag einschleicht. Routine kommt auf und das ist schlecht für ein Amateurteam, wie wir es sind. Es ist gut, wenn es jetzt zu einem Wechsel kommt.

Sie haben als Solist bei der Patrouille Swiss begonnen. Wie war der Sprung vom Solisten zum Leader? Vom Einzelgänger zum Teamleader?

Ich habe als Nummer drei begonnen. Nach einem Jahr bin ich zweiter Solist geworden, nach weiteren zwei Jahren erster Solist, seit drei Jahren bin ich Leader. Die Einzelauftritte als Solist waren eine Zeit lang ein Nervenkitzel, aber irgendwann hat man sich auch daran gewöhnt. Das Team zu leiten ist auch eine Challenge.

Kampfjetpilot: Teamwork bei 1000 km/h

Welchen Führungsstil pflegen Sie?

Ich sehe mich nicht als Chef mit der Peitsche da stehen, um Leute anzutreiben. Ich sehe mich mehr als Creator vom Team, der Guidelines gibt. Der die Voraussetzungen für eine Kommunikationskultur schafft, die zulässt, dass Fehler gesprochen wird. In der Planungsphase ist die Hierarchie sehr flach, hier will ich jede Idee hören. Ich bin nicht der klügste der sechs Köpfe. Wenn einer Bedenken hat, ein Problem sieht, will ich das wissen. Aber in der Ausführung wird auch die Hierarchie steiler, dann geht es darum, dass jeder einfach seinen Job macht.

Sie fliegen in nur 30 Meter über dem Boden, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1000 km/h – Ihre Teammitglieder müssen Ihnen blind vertrauen. Wie haben Sie sich das Vertrauen erarbeitet?

Bei unserem ersten Flug habe ich bemerkt, wie Nummer zwei und drei etwas zurückgeblieben sind und beobachtet haben, wie ich fliege. Das Vertrauen musste ich mir erst verdienen. Ich muss so arbeiten, dass sie mir vertrauen können. Und dass sie merken, dass ich ihr Vertrauen nicht missbrauche. Es geht darum, ein Team zu kreieren und nicht darum, im Organigramm ganz oben zu stehen.

Sie als Leader geben den Flug vor. Die Bambini, wie Sie Ihre Kollegen nennen, orientieren sich an Ihnen, nehmen Ihr Flugzeug als Referenzpunkt.

Ja, an mir oder an dem Mann dazwischen. Sie können nicht runter schauen und sich überlegen, ob sie hoch genug sind. Sie müssen mir vertrauen, dass ich hoch genug fliege, dass sie genug Platz haben.

Warum machen Sie so einen gefährlichen Job?

Ich arbeite mit fünf meiner besten Freunde zusammen. Ich weiß, wie es ihnen geht, weiß, dass sie fit sind. Wir kennen unsere Stärken und Schwächen. Für mich ist das nicht gefährlich. Ich habe aufgehört Motorrad zu fahren. Da gibt es Faktoren, die ich nicht beeinflussen kann.

M. Zimmerli: Top-Gun auf Schweizerisch

Marc Zimmerli ist in Aarau (Deutsch Schweiz) aufgewachsen und absolvierte eine Elektronikerlehre mit Berufsmatur bei ABB in Baden. Schon als Vierjähriger wusste Zimmerli, dass er Pilot werden wollte. Derzeit wohnt er mit seiner Frau und seinen Töchtern in Murten (Französische Schweiz). Marc Zimmerli ist seit 2000 Berufsmilitärpilot und in der Fliegerstaffel 18 in Payerne eingeteilt. Zudem ist er Fluglehrer auf der F/A-18 und PC-7. Seit 2004 ist er Mitglied der Patrouille Suisse an den Positionen drei, fünf sechs. Der Leader der Truppe ist Zimmerli seit 2010. Der Schweizer kann auf 2300 Flugstunden auf der F/A-18 Hornet, F-5 Tiger, Hawk und PC-7 zurückblicken. Zimmerli referierte im Rahmen der Bundestagung der Jungen Wirtschaft in Graz zum Thema Teamwork.

Kommentare