Zadic: Aktionäre können jetzt per Videokonferenz abstimmen
Der Kranhersteller Palfinger, der Anlagenbauer Andritz, der Faserhersteller Lenzing oder die Post AG – sie haben ihre Hauptversammlungen verschoben oder abgesagt, weil im Zuge der Corona-Pandemie ein Versammlungsverbot gilt und sie die Gesundheit ihrer Führungskräfte, Aufsichtsräte und Aktionäre nicht gefährden wollen.
Doch das Problem betrifft nicht nur börsennotierte Unternehmen, sondern alle Aktiengesellschaften, GmbH, Privatstiftungen, Genossenschaften, Vereine, Banken, Sparkassen und Versicherungen. Alle diese Rechtsformen haben Gremien, die Beschlüsse fassen müssen, damit die Gesellschaften funktionieren. Zum Teil sind Versammlungen innerhalb bestimmter Fristen vom Gesetz her zwingend.
Nun hat Justizministerin Alma Zadić das „gesellschaftsrechtliche Covid-19-Gesetz“ geschaffen, das den Unternehmen die Möglichkeit bietet, die jährlichen Gesellschafterversammlungen bis Ende 2020 zu verschieben oder „virtuelle Versammlungen“ abzuhalten.
„Es ist dringend notwendig, dass Unternehmen auch in Zeiten der Krise und der Ausgangsbeschränken handlungsfähig bleiben und die notwendigen Beschlüsse fassen können“, sagt Justizministerin Zadić zum KURIER. „Deshalb haben wir hier im Gesellschaftsrecht Erleichterungen vorgesehen. So können zum Beispiel GmbH
oder Aktiengesellschaften Versammlungen von Aufsichtsräten, Geschäftsführern und Gesellschaftern auch über Videokonferenzen abhalten.“
Jeder Teilnehmer muss sich in dieser Video-Versammlung zu Wort melden und an der Abstimmung teilnehmen können. Sollten Zweifel an der Identität eines Aktionärs bestehen, muss dieser zur Klärung seinen Lichtbildausweis vor die Kamera halten.
Und sollten bei der Übertragung der Videokonferenz technische Verbindungsprobleme auftreten, muss die virtuelle Versammlung unterbrochen werden, bis bei allen Teilnehmern erneut eine Verbindung steht. Haben Teilnehmer keine entsprechende Internetverbindung, kann maximal die Hälfte der Teilnehmer per Telefon teilnehmen, fügt Zadić hinzu, wenn die Identität zweifelsfrei festgestellt ist.
Sonderbestimmungen
Videokonferenzen werden nur mit einem überschaubaren Teilnehmerkreis mit bis zu 30 Personen funktionieren, bei mehr als 50 Aktionären wird das eine Herausforderung.
„Bei den Hauptversammlungen von großen börsennotierten Aktiengesellschaften ist das technisch kaum machbar“, sagt Zadić. In solchen großen Fällen reicht es aus, wenn die Aktionäre die virtuelle Versammlung optisch und akustisch zum Beispiel per Streaming mitverfolgen, „sich aber nicht unmittelbar zu Wort melden oder abstimmen können“.
Zwingend ist nämlich bei börsennotierten Unternehmen und solchen mit mehr als 50 Aktionären, dass vier „besondere Stimmrechtsvertreter“ bevollmächtigt werden, die die Interessen der Aktionäre in der Hauptversammlung wahrnehmen. Der Aktionär kann Instruktionen an den Vertreter noch während der virtuellen Versammlung abändern. Falls erforderlich, ist die Versammlung zu unterbrechen.
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