Warum immer mehr junge Menschen Privatinsolvenz anmelden

Warum immer mehr junge Menschen Privatinsolvenz anmelden
Die Zahl der Privatinsolvenzen von jungen Menschen stieg 2023 enorm an. Schuld sind häufig Ratenzahlungen im Internet, Sucht oder mangelnde Erfahrung.

Wer es mit dem Geldausgeben übertreibt, läuft Gefahr, sich zu verschulden, und landet im schlimmsten Fall sogar in der Privatinsolvenz. Das passierte im Vorjahr wöchentlich etwa 170 Mal. Dabei besonders erschreckend: Gerade Jugendliche tappen immer häufiger in die Schuldenfalle.

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192 Menschen unter 24 mussten im Jahr 2023 Privatinsolvenz anmelden. Das sind 22 Prozent mehr als noch im Jahr davor, wie der Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) in seiner jährlichen Insolvenzstatistik veröffentlichte. Bei jungen Frauen betrug der Anstieg sogar 45 Prozent. Aber nicht nur die Anzahl der Insolvenzverfahren ist gestiegen, sondern auch die Verschuldungshöhe – und zwar um ganze 41 Prozent: Hatten junge Menschen im Jahr 2022 noch durchschnittlich 35.700 Euro Schulden, waren es 2023 50.500 Euro.

Warum immer mehr junge Menschen Privatinsolvenz anmelden

Aber warum tappen immer mehr junge Erwachsenen in die Schuldenfalle? Der AKV ortet die Ursache vor allem beim Einkaufen im Internet. Durch Ratenzahlung und Zahlungsverzug würden Jugendliche den Überblick über ihre Ausgaben verlieren und Konsumschulden anhäufen.

Auch Faktoren wie (Kauf-) Sucht sowie mangelndes Wissen und Erfahrung führen dazu, dass junge Menschen mehr Geld ausgeben, als sie haben. „Noch nie war es so einfach, Konsumschulden zu machen wie heutzutage. Umso wichtiger ist es, den Jugendlichen die realen Folgen aufzuzeigen“, weiß Finanzexperte Philip List. Als Leiter des Erste Financial Life Parks (Flip) versucht er genau das zu tun, indem er jungen Menschen Informationen und Wissen zum Thema Finanzen vermittelt und sie über – meist online drohende – Gefahren aufklärt.

Jeder Fünfte hat keinen Überblick

Gemeinsam mit dem Sozialunternehmen Yep und Erste-Bank-Chefin Gerda Holzinger-Burgstaller präsentierte List am Dienstag eine Jugendstudie zur Finanzbildung. Auch die Studie bestätigt: Jeder fünfte 14- bis 20-jährige in Österreich hat keinen Überblick, wie viel Geld er in einem Monat ausgibt. Gleichzeitig gibt fast die Hälfte der jungen Menschen an, sich eher nicht oder gar nicht mit den Themen Geld und Finanzen auszukennen. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern, 56 Prozent der weiblichen Befragten fehlt es an Finanzwissen, bei den männlichen sind es mit 36 Prozent merklich weniger.

Wegen des mangelnden Wissens in diesem Bereich setzt sich List gemeinsam mit dem Flip-Beirat aus Jugendlichen dafür ein, Finanzbildung in die Schulen zu bringen. Aktuell laufen hierzu in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalbank einige Projekte an Testschulen, die auch wissenschaftlich begleitet werden.

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List rechnet damit, dass sich „in den nächsten drei bis vier Jahren viel in den Schulen tun wird“. Doch auch die Eltern könnten schon jetzt einen essenziellen Beitrag leisten, um den Jugendlichen kritisches Konsumdenken zu vermitteln. „Das Thema Geld zuhause pro-aktiv anzusprechen und selbst den richtigen Umgang vorzuleben ist ein wichtiger Teil der Erziehung“, sagt List. Denn: Aktuell geben 30 Prozent der befragten Jugendlichen an, zu Hause selten oder gar nicht über Geld zu sprechen.

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