Jobs bis 2030: Soziale und emotionale Kompetenzen werden wichtiger
Am 11. August feierte das kommerzielle Internet Geburtstag, denn im Jahr 1994 fand die erste Online-Transaktion der Welt via Kreditkarte statt. Dieser Kauf, es war übrigens eine CD des Musikers Sting, eröffnete einer milliardenschweren Industrie völlig neue Möglichkeiten und läutete ein neues Zeitalter ein. Digitalisierung, Technologien und datenbasierte Geschäftsmodelle konnten seither große Fortschritte machen.
25 Jahre digitale Revolution
Unsere derzeitige Situation gleicht den Folgen der industriellen Revolution damals im 19. Jahrhundert. Technologien, wie künstliche Intelligenz (kurz KI), Automatisierung von Prozessen, Roboter und Maschinen – all diese Dinge wurden dazu entwickelt, um die analoge Welt zu ersetzen und zu verbessern.
Seit Jahren beschäftigt sich das McKinsey Global Institute (MGI) – die weltweit größte privatwirtschaftliche Denkfabrik – mit globalen Forschungsinitiativen, wie etwa den Auswirkungen der Digitalisierung auf Menschen, Volkswirtschaften und Unternehmen.
Neue Grenztechnologien als Hoffnungsträger
Die Nutzung neuer Technologien sei demnach eine unternehmerische Pflicht. Europa bewege sich dennoch nur langsam. Gut 50 Prozent der globalen Investitionen in KI-Startups fließen nach China. Lediglich mit der Technologie „Smart Robotics“ liege Europa noch vor den USA. Künstliche Intelligenz befinde sich allerdings noch in der Entwicklung:
2018 haben nur 13 Prozent aller Firmen weltweit in die künstliche Intelligenz investiert. Firmen, die KI nicht nutzen, werden in Zukunft aber bald unter Druck stehen, da Handelsunternehmen, ohne den Einsatz von KI, einen 15-20 Prozent geringeren Cashflow vorweisen können, als Firmen, die mit KI arbeiten.
Wirtschaft zeigt sich vorsichtig
Die MGI-Erhebungen haben gezeigt: nur 20 Prozent des gesamten digitalen Potentials werden in den USA, China und in europäischen Ländern genutzt. Dabei ist eindeutig sichtbar, dass der Produktionsgewinn einer Firma steigt, sobald sie auf digitale Technologien in konkreten Geschäftsprozessen setzt. Bislang werden außerdem nur 26 Prozent der weltweiten Verkäufe online getätigt und 31 Prozent der Prozesse sind digitalisiert. Zudem schätzt MGI, dass ein umfassender globaler Einsatz von künstlicher Intelligenz noch bis 2045 dauern wird.
Florian Bauer ist Partner im Wiener Büro von MGI und leitet dort den Digital- und Technologiebereich, mit Fokus auf Digitalstrategie und Technologiemodernisierung von privatwirtschaftlichen Unternehmen und öffentlichen Organisationen. Hier der Experte im Interview:
Welche ist die größte digitale Innovation Österreichs?
Österreich hat bereits eine Reihe von Erfolgen in digitalen Bereichen vorzuweisen – sei es durch innovative Start-Ups die in den letzten Jahren auch große internationale Erfolge feiern konnten, als auch durch eine Reihe von traditionellen Unternehmen die frühzeitig auf Basis von neuen Technologien zusätzliche Umsätze generiert haben, bis hin zur öffentlichen Verwaltung die durch eine Reihe von Innovationen auch schon vor vielen Jahren Digital-Vorreiter waren (z.B. Finanzonline).
Was sollte ein junger Mensch heute lernen oder studieren, um später einen sicheren und wichtigen Job zu haben?
Im heutigen dynamischen Umfeld ist eine ständige Weiterentwicklung – vor allem durch und begleitend zum Berufsleben – wohl die wichtigste Voraussetzung für Sicherheit im Job als auch Vielfalt an zukünftigen Optionen. Gerade in den digital-dominierten Branchen ist eine solide Grundausbildung im Rahmen der MINT Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) aber eine gute Basis für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Vor allem Frauen sind hier gefordert, da die zukunftsträchtigen technisch-orientierten Disziplinen noch immer von Männern dominiert sind.
Gibt es noch traditionelle Jobs, die es trotz Digitalisierung immer geben wird?
Im Gesundheitsbereich wird die Nachfrage nach Arbeitskräften weiter steigen. Der Handel fordert auch mehr Kundeninteraktion, dafür werden hier die administrativen Tätigkeiten zunehmend automatisiert. Und auch in Zeiten der Digitalisierung gewinnen Kommunikations- und Verhandlungsgeschick, Empathie und Führungsvermögen weiter an Bedeutung. Der Anteil an Arbeitszeit, der soziale und emotionale Fähigkeiten voraussetzt, wird z.B. in Deutschland um 20 Prozent steigen, wie eine aktuelle Studie herausgefunden hat.
Welche sind die negativen Folgen von Digitalisierung?
Digitalisierung führt in vielen Bereichen zu einem „Winner takes it all“ Marktumfeld – wir sehen in den Marktzahlen, dass die sogenannten „Superstar-Unternehmen“ (10% größten Unternehmen einer Branche) oftmals ca. 80 Prozent des Branchenumsatzes generieren und damit auch eine starke Markstellung entwickeln. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass traditionelle Unternehmen sich frühzeitig mit Digitalisierung auseinandersetzen.
Wie wirkt sich die Digitalisierung auf unsere heimischen Arbeitsplätze aus? Man liest ja immer Gegenteiliges. Manchmal heißt es gut, dann wieder schlecht.
Die Menschen entwickeln seit Jahrhunderten immer neue Methoden, um Produktivität zu steigern. Die Folgen sind bekannt: Ein Fabrikarbeiter, der vorher eine Schraube eingedreht oder einen Laser bedient hat, muss heute vielleicht ein computergesteuertes Fertigungssystem bedienen.
Maschinen werden dem Menschen in Zukunft weitere Arbeiten abnehmen. Arbeitslos werden wir dadurch aber noch lange nicht. Durch Entwicklung in Bereichen wie Künstliche Intelligenz oder Machine Learning werden völlig neue Berufsgruppen und Ausbildungszweige entstehen.
Bis 2030 wird der Anteil der Arbeit, der technisches Wissen voraussetzt, um bis zu 55 Prozent steigen, während immer weniger händische oder motorische Fertigkeiten benötigt werden. Gleichzeitig werden soziale und emotionale Kompetenzen an Bedeutung gewinnen. Die Kernaufgabe unserer modernen Gesellschaft ist es, Menschen schnell genug mit Fähigkeiten für die Zukunft auszustatten .
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