Die Generation Z kommt
Österreich ist eine Oase mit der niedrigsten Arbeitslosenquote der EU – doch Österreich ist keine Insel: Auch hier wird die Arbeitslosigkeit 2014 steigen (siehe unten), im schlimmsten Fall auf 500.000 Menschen ohne Job.
Das wirkt sich auf alle aus: Schwächelt der Arbeitsmarkt, muss der Einzelne umso schneller laufen, um nicht zurückzufallen. Mehr Mobilität wird gefordert, mehr Flexibilität. Denn einen Beruf, den man das ganze Erwerbsleben ausübt, noch dazu bei einer Firma, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Diese Belastung erschöpft: Laut der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sind die Hälfte der Arbeitnehmer in Europa mit Stress an ihrem Arbeitsplatz konfrontiert. 54 Prozent der Führungskräfte haben laut Hernstein-Studie Erfahrungen mit Burn-out bei einem Mitarbeiter gemacht.
Die Neuen kommen
Die Jungen wollen das nicht mitmachen. Die Generation Z, geboren Mitte der 90er bis 2010, fordern noch mehr als ihre Vorgänger der Generation Y ein neues Arbeiten und flache, gleichberechtigte Hierarchien. Während Unternehmen noch überlegen, wie sie mit den Ys zurechtkommen, treffen die 2014 schon am Arbeitsmarkt ein: Finden sie nicht die gewünschte, freie Unternehmenskultur, orientieren sich sich schnell neu. „Es gibt Alternativen“, sagt einer, der dieser Generation Modell steht. Philipp Riederle ist 19, Unternehmensberater und sehr selbstbewusst. „Wir erkennen Autorität nicht mehr an, wir wollen auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“
Wo immer, wann immer
Diese flachen Hierarchien bringen laut US-Soziologen Richard Sennett aber nicht nur Freiheit, sondern auch Angst. Vor allem jenen, die nicht mit ständiger Erreichbarkeit, Tablet, Smartphone und digitalem Alter Ego aufgewachsen sind. Jeder soll arbeiten wo, wie und wann er will – das ist aber oft kein großzügiges Angebot der Firmen, sondern eine Verordnung zum Rund-um-die-Uhr-Arbeiten. Doch so flexibel wie Unternehmen ihre Mitarbeiter gerne hätten, sind diese nicht. Trotz aller Vermischung von Berufs- und Privatleben werden klare Grenzen gezogen. Microsoft wollte diesen Sommer seine Büros in Deutschland schließen. Den 500 Mitarbeitern missfiel das, das mobile Office wurde abgelehnt, zudem hatten die Mitarbeiter Sorge vor der Leistungsbeurteilung aus der Ferne. Microsoft gab den Plan wieder auf.
Scheitern erlaubt
Scheitern war bislang in Österreich verpönt. Weil es aber alltäglich geworden ist, nimmt man es zunehmend gelassener. Das flexible „Trial and Error“-Prinzip verändert auch die Wirtschaft. Kürzlich hat die WKO das Trenddossier „EPU machen Zukunft“ publiziert. Es zeigt, dass Ein-Personen-Unternehmen eine besonders stark wachsende Unternehmensform sind. Wer eine Geschäftsidee hat, wagt sich immer leichter in das Abenteuer Selbstständigkeit – und entsagt damit auch den konventionellen Konzernkarrieren. Die Forscher sehen das positiv: Der Trend zu EPU mache die Wirtschaft resilienter und widerstandsfähiger. Die beiden wichtigsten Job-Überlebenskriterien der Zukunft.
Das größte Problem, Arbeit zu finden, haben in Zukunft die Unqualifizierten. Also Personen, die nur Pflichtschule haben, „sie werden nicht mehr gebraucht“, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Der Wegfall von Jobs für Unqualifizierte sei die größte Veränderung auf dem Arbeitsmarkt. „Für die, die nix können, wird’s wirklich finster werden“, so Kopf. Derzeit haben 47 Prozent aller Arbeitslosen nur Pflichtschule.
Seit mehr als zwei Jahren steigt die Zahl der Arbeitslosen in Österreich jedes Monat – im November waren 381.582 Menschen ohne Job. Österreich hat zwar in der europäischen Statistik die besten Werte bei der Beschäftigung, die steigende Arbeitslosigkeit wird aber im nächsten Jahr andauern. Die Prognosen gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit 2014 auf 450.000 steigen, eventuell sogar die Marke von 500.000 erreichen wird.
Die meisten Jobs wurden 2013 im Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, im Bau und in der Produktion gestrichen. Absolut gesehen gab es die meisten Beschäftigungslosen in der Tourismusbranche mit 55.238 (+7,6 Prozent). Bei der Herstellung von Waren wurde ein Anstieg der Arbeitslosenzahlen von 11,9 Prozent verzeichnet.
... über Flexibilität: „Es gibt alternative Möglichkeiten, um sich durchzuschlagen. Jeder kann jederzeit, mit jedem, überall auf der Welt kommunizieren. Jeder kann jede verfügbare Information sofort abrufen. Und jeder kann publizieren. Wenn man eine Idee hat und etwas vorantreiben will, kann man sich das Wissen heute leicht aneignen, rund um den Globus mit anderen kollaborieren. Die Firmen merken, dass die Jungen nicht mehr kommen oder schnell wieder gehen. Das ist doch deren Horrorszenario. Die täten gut daran, sich auf uns einzustellen.“
... über Firmenstrukturen: „Alles ist sehr von Hierarchie getrieben. Es werden Großraumbüros diskutiert, um Miete zu sparen, es werden Organisationsformen besprochen, – aber es geht diesen Firmenlenkern nie um die Menschen und darum, was sie brauchen.“
... über Generationenwechsel: „Die technologischen Möglichkeiten intensivieren den Generationenkonflikt. Wir haben ganz andere Möglichkeiten zur Selbstbildung und zur Selbstfindung. Auf einmal endet unser Horizont nicht mehr hinterm Ortsschild.“
... über Lebensziele: „Wir haben von unseren Eltern gelernt: Sie haben sich für ihren Job aufgeopfert, haben Familie und Freunde vernachlässigt. Das ist ja kein Leben. Wir wollen nicht 80 Stunden die Woche arbeiten, um uns dann ein Auto vor die Tür zu stellen, das den Nachbarn beeindruckt. Das ist garantiert nicht unser Lebensziel.“
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