Jetzt fix: Wiener Stadtwerke kaufen sich bei EVN ein

Jetzt fix: Wiener Stadtwerke kaufen sich bei EVN ein
Gemeinsame Aussendung bestätigt: Die Wiener übernehmen 28,35 Prozent-Anteil von der Energie Baden-Württemberg.

Jetzt ist es fix: Die Wiener Stadtwerke übernehmen 28,35 Prozent am niederösterreichischen Energieversorger EVN. Das bestätigten das Tochterunternehmen der Stadt Wien sowie die EnBW (Energie Baden-Württemberg) in einer gemeinsamen Aussendung am Donnerstag.

Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg, die als erste von den Plänen berichtet hatte, hatte unter Berufung auf Insider einen Kaufpreis von mehr als 870 Millionen Euro kolportiert.

Das Closing, also der Abschluss der Transaktion, stehe noch unter dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die Kartellbehörden in Österreich und Deutschland. Der Einstieg bei EVN sei "eine attraktive Anlagemöglichkeit durch ein Investment in das grundsolide Geschäft eines österreichischen Unternehmens", begründete Stadtwerke-Generaldirektor Martin Krajcsir den Deal.

Die börsennotierte EVN AG mit Sitz in Maria Enzersdorf (NÖ) ging 1986 aus der Verschmelzung der Landes-E-Gesellschaft NEWAG mit dem Erdgas-/Fernwärmeunternehmen NIOGAS hervor. Sie wurde über Börsengänge 1989/90 zu 49 Prozent teilprivatisiert.

Die Wiener Stadtwerke GmbH steht zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien. Sie ist mit drei Milliarden Euro Umsatz und 15.000 Mitarbeitern Österreichs größter kommunaler Infrastrukturdienstleister und unter den 25 größten Unternehmen Österreichs.

Zweitgrößter Eigentümer

Die Wiener Stadtwerke werden somit zum zweitgrößten EVN-Aktionär nach dem Land Niederösterreich, das als Mehrheitseigentümer 51 Prozent der EVN-Anteile hält.

EVN und Wiener Stadtwerke sind einander nicht ganz fremd: Gemeinsam hält man knapp mehr als die Sperrminorität am börsenotierten Stromkonzern Verbund, seit 2010 sind die Stimmrechte gebündelt.

Darüber hinaus sind die Vertriebsagenden von EVN und Wiener Stadtwerken seit rund zwei Jahrzehnten in der Vertriebspartnerschaft EnergieAllianz gebündelt, bei der zusätzlich auch noch die Energie Burgenland an Bord ist. Daran soll sich auch nichts ändern, hieß es am Donnerstag.

Dass die EnBW ihren EVN-Anteil gerne loswerden würde, kommt nicht unerwartet. Die Deutschen waren 2001 erstmals eingestiegen und hatten ihr Aktienpaket sukzessive ausgebaut. Im Jahr 2005 wurde der Anteil kräftig um 16,5 Prozent aufgestockt. Nach der Finanzkrise 2009 war dann die Rede von Verkaufsabsichten. Der damalige 36-Prozent-Anteil von EnBW wurde - inklusive Paketaufschlag - mit einem Wert von rund einer Milliarde Euro taxiert.

Rückstellungen für Pensionen

Die kurzfristige Aufbringung des Kaufpreises stellt für die Wiener Stadtwerke kein Problem dar - diese verfügen nach eigenen Angaben über ausreichend Liquidität und eine ausgezeichnete Bonität.

Es handle sich um eine ertragreiches Investment in ein stabiles ertragreiches Unternehmen mit entsprechender Dividende, sagte Generaldirektor-Stellvertreter Peter Weinelt am Donnerstag nach Bekanntgabe der Transaktion zur APA. „Für uns ist das eine wichtige strategische Partnerschaft, um die Pensionen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichern zu können.“

Die Wiener Stadtwerke zahlen seit ihrer Ausgliederung aus der Stadt Wien die Pensionen für die beamteten Mitarbeiter direkt und haben dafür auch hohe Rückstellungen in ihrer Bilanz gebildet. Laut Geschäftsbericht 2018 waren es 3,8 Mrd. Euro. Die Stadtwerke sähen den Einstieg bei der EVN als Finanzbeteiligung. Die EVN seien eine interessante Beteiligung, weil wir Investments tätigen um langfristig die Pensionen durch die Dividenden zu sichern.

Politische Kritik

Der Deal ruft in Wien die Oppositionsparteien auf den Plan: Neos-Klubobmann Christoph Wiederkehr sprach von einem "schlechten Deal". Bei kolportierten 870 Millionen Euro Kaufpreis sieht er - gemessen am Preis der EVN-Aktie an der Börse - eine "Überbezahlung von 75 Millionen Euro". Allerdings ist es bei größeren Aktientransfers üblich, dass ein "Paketaufschlag" bezahlt wird. Die hohe Geldsumme müsse besser in den Ausbau der Solarenergie und der Öffis in Wiens Außenbezirken investiert werden, meinte Wiederkehr.

Die Wiener FPÖ rief Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) dazu auf, den Stadtwerke-Ausschuss einzuberufen. Dieser wurde 2015 von Sima konstituiert - habe aber seitdem nicht ein einziges Mal getagt, berichtete FPÖ-Mandatar Udo Guggenbichler, der Vize-Vorsitzende dieses Ausschusses. Die FPÖ-Wien sei gegen irgendwelche Beteiligungen der Wiener Stadtwerke an anderen Unternehmen: „Wenn die Wiener Stadtwerke 800 Millionen zu viel haben, dann sollen sie diese den Bürgern Wiens zurückgeben - zum Beispiel in Form einer Gebührensenkung. Das würde ich gerne im Ausschuss vorschlagen.“

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