Israel, die Ukraine oder Moldawien gelten derzeit nicht gerade als klassische Urlaubsziele. Dennoch präsentieren sie sich auf der internationalen Tourismusmesse ITB Berlin. Was dahinter steckt.
Eine von drei Europa-Hallen am Mittwochvormittag auf der internationalen Tourismusmesse ITB in Berlin: Schweden, Norwegen und Irland – die beliebten Urlaubsdestinationen machen mit bunten, großen Messeständen auf sich aufmerksam. Seitlich ein vergleichsweise kleiner Stand mit blauen Plakatwänden. „Ukraine is here“ steht in weißen Blockbuchstaben darauf geschrieben.
Ein Land, in dem seit zwei Jahren Krieg herrscht, präsentiert sich auf einer der weltweit größten Reisemessen. Wieso?
Irina Pavlyk ist Mitglied bei AITO Ukraine, einem Verband, der sich mit dem Tourismus des Landes beschäftigt. „Es ist komisch, die Ukraine hier vertreten zu sehen, mit dem Wissen, dass in unserem Land ein schrecklicher Krieg herrscht. Aber wir sind hier, um eine Nachricht zu verbreiten: Besucht die Ukraine nach dem Sieg.“ Pavlyk spricht in gebrochenem Englisch.
„Es ist sehr wichtig für uns, die Ukraine weiterhin als schönes Reiseland zu präsentieren, und nicht als ein Land, das vom Krieg beherrscht wird.“ Klassischen Tourismus gebe es derzeit nicht, erklärt Pavlyk: „Wir können jetzt niemanden zu uns einladen.“ Die Grenzen seien aber offen, es gebe viele ausländische freiwillige Helfer vor Ort, die sich noch vor dem Krieg „in das Land verliebt“ haben und hiergeblieben sind, erzählt die junge Ukrainerin.
Wann ein „normaler Tourismus“ in der Ukraine wieder möglich sein wird, kann Irina Pavlyk nicht sagen, aber: „Die beste Art und Weise, uns als Land zu unterstützen, ist, uns nicht zu vergessen. Plant einen Urlaub bei uns nach dem Krieg. Wann auch immer das sein wird.“
Auch im Nachbarland Moldawien ist der Krieg ein Problem für den Tourismus. Alexandrina Banari, Tourismusmanagerin: „Wir haben derzeit fast keine Urlauber im Land.“ Im Vergleich zum Vorjahr sei es zwar ein bisschen besser, man sei aber nur vorsichtig optimistisch. Vor der Corona-Pandemie kamen viele Touristen aus der EU, Großbritannien und sogar China. Derzeit herrscht jedoch große Verunsicherung über die Situation in Moldau.
Banari gibt Entwarnung: „Bei uns ist es sicher, daran hat sich nichts geändert.“ 5.639 Aussteller präsentieren auf der ITB in diesem Jahr ihr Land, ihre Hotels, Reiseveranstalter und mehr. Es ist ein harter Konkurrenzkampf. Wer sich behaupten will, muss überzeugen.
Prunkvolle Inszenierung
Dass das einige besser können als andere, wird auf der Messe deutlich. Prunkvoll erstrahlen beispielsweise die arabischen Länder in Halle 4. Durchläuft man den Stand von Marokko, der mehr einer eigenen Halle gleicht, weiß man nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Zwischen 3D-Animationen und goldenen marokkanischen Teekannen sitzt ein Mann in einer weißen Dschellaba und bestickt Sandalen. Den zahlreichen Zuschauern gefällt die Inszenierung.
Das diesjährige Partnerland der ITB ist der Oman. Salim Al Mahrouqi, Minister für Kulturerbe und Tourismus des Sultanats Oman: „Die ITB Berlin ist eine starke Plattform, um die Vielfalt der zahlreichen Angebote zu präsentieren, die unsere wachsende Tourismusbranche vorweisen kann.“ Auf der Messe werden dem Publikum beim Oman-Stand landestypische Eissorten gereicht – es herrscht ein großer Andrang.
Weniger los ist beim Israel-Stand. Juan Fridman ist Gründer von Genesis Tours, die geführte Gruppenreisen durch das Heilige Land anbieten. Doch seit Oktober herrscht Krieg in Nahost. Fridman: „Die Touristen kommen dennoch zu uns, aber nicht zu den Orten, wo es gefährlich ist. Derzeit haben wir bei Genesis Tours 300 Pilger, die ihre Reise genießen.“ Man könne in Restaurants, ans Meer und in Museen oder ins Theater gehen, erklärt er. Seit Februar sei innerhalb des Landes wieder etwas „Normalität“ eingekehrt.
Die Touristen kämen aus Italien, Mexiko, Costa Rica, Chile und Spanien. Im März erwartet Fridman zwölf Reisegruppen, die meisten davon aus Italien, die hauptsächlich zum Pilgern kommen. Unsicher oder ängstlich seien die Besucher nicht, erklärt der Unternehmer: „Wir sind im Heiligen Land.“ Seit Februar fliegen auch die meisten Fluglinien Israel wieder an. „Wir sind optimistisch. Juden sind immer optimistisch“, sagt Fridman.
Generell gewinnt man auf der ITB den Eindruck, dass Reisen unabhängig von Krisen immer Saison hat.
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