Institute sagen Deutschland zarten Aufschwung voraus

Institute sagen Deutschland zarten Aufschwung voraus
Wirtschaft soll 2020 gut doppelt so schnell wachsen, 2021 werden 1,5 Prozent Plus erwartet. Ifo: "Rezession unwahrscheinlich"

Die deutsche Wirtschaft nimmt in den kommenden beiden Jahren nach Prognose führender Wirtschaftsforscher wieder Fahrt auf.

2020 soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit 1,1 Prozent mehr als doppelt so stark zulegen wie im zu Ende gehenden Jahr mit 0,5 Prozent, sagten am Donnerstag sowohl das Münchner Ifo-Institut als auch das Kieler IfW und das IWH aus Halle voraus.

Ist das größere Tempo zunächst zu einem guten Teil der höheren Zahl an Arbeitstagen zu verdanken, kommt 2021 der Staat ins Spiel: Höhere Ausgaben und sinkende Steuern sollen das Wachstum dann auf 1,5 Prozent treiben, erwarten Ifo und IfW. Die Kollegen aus Halle rechnen sogar mit 1,6 Prozent.

Keine Rezession erwartet

"Die deutsche Wirtschaft stabilisiert sich", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser in Berlin. "Derzeit ist eine gesamtwirtschaftliche Rezession unwahrscheinlich."

Dazu trage die Finanzpolitik bei. "Sie schiebt die Konjunktur an: über Entlastungen bei Steuern und Sozialbeiträgen, über eine Ausweitung staatlicher Transfers und über eine Zunahme der öffentlichen Konsum- und Investitionsausgaben", sagte Wollmershäuser. "Das sind im Jahr jeweils knapp 25 Milliarden Euro, die das Wachstum um etwa einen Viertel Prozentpunkt anheben."

Hohe Budgetüberschüsse vorbei

Die Zeit der extrem hohen Haushaltsüberschüsse dürfte aber angesichts dieser Politik zu Ende gehen. "Die Teilabschaffung des Soli (Solidarbeitrages für Ostdeutschland, Anm.) mindert die Einnahmen, was durch die Einführung der CO2-Steuer nicht kompensiert werden kann", sagte der Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths. "

Und die Einführung der Grundrente sowie die Umsetzung des Klimapakets führen zu zusätzlichen Ausgaben." Nach dem Rekordüberschuss von mehr als 60 Milliarden Euro 2018 sei für das zu Ende gehende und das kommende Jahr zwar jeweils noch mit schwarzen Zahlen zu rechnen. Für 2021 zeichne sich aber ein "leichtes Defizit" ab.

Handelsstreit als Risiko

Das größte Konjunkturrisiko bleibe eine erneute Zuspitzung der Handelskonflikte zwischen den USA und China oder der Europäischen Union, sagte der Vizepräsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller.

Zudem würde ein deutlicher Rückschlag bei den insbesondere in den USA und in Japan hohen Aktienbewertungen die weltweiten Finanzierungsbedingungen verschlechtern.

Ein Risiko speziell für die deutsche Konjunktur bestehe darin, dass der Strukturwandel in der Automobilindustrie mehr gut bezahlte Arbeitsplätze koste und mehr Unternehmen aus dem Markt dränge, als bisher angenommen. "Der Kaufkraftrückgang, der mit einer Krise des Automobilsektors verbunden wäre, könnte die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in Deutschland spürbar dämpfen", warnt das IWH.

Spaltung in Produktion und Services

Dem Ifo-Institut zufolge bleibt die deutsche Konjunktur vorerst gespalten. Die auf den Binnenmarkt orientierten Dienstleister und Bauunternehmen dürften weiter wachsen, während sich die exportabhängige Industrie nach wie vor in einer Rezession befinde.

"Der von den USA ausgehende Handelskonflikt belastet den Warenaustausch und die Investitionen", sagte Wollmershäuser. "Dies trifft die deutsche Industrie besonders hart, da sie auf Vorleistungs- und Investitionsgüter spezialisiert ist." Die Zahl der Beschäftigten wird dem Ifo-Institut zufolge weiter steigen und 2021 den Rekordwert von knapp 45,6 Millionen erreichen. Die Arbeitslosigkeit soll 2021 unter die Marke von 2,2 Millionen sinken.

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