ING DiBa-Chef: "Sparen macht weniger Spaß"
Österreichs führende Direktbank ING DiBa ist eigentlich für attraktive Sparkonditionen bekannt. Angesichts des niedrigen Zinsumfeldes forciert sie nun andere Geschäftsfelder, wie ihr Chef Roel Huisman erzählt.
KURIER: Wie läuft Ihr erster Servicepoint in der Wiener City?
Roel Huisman: Er ist ein Meilenstein in der Entwicklung der Bank und bestätigt die dazu im Vorfeld gemachten Marktforschungen. Wir haben damit einem Kundenbedarf entsprochen. Unsere hohen Erwartungen wurden noch übertroffen. Eine physische Präsenz ist für gewisse Kundengruppen wichtig, es gibt Bedarf bei beratungsintensiven Produkten. Die Kollegen sind fast täglich ausgebucht. Ungefähr ein Drittel unseres Kreditgeschäfts wird im Servicepoint abgeschlossen.
Erhält man bei Ihnen leichter Kredit als anderswo?
Zum Teil schon, wir sind aber nicht weniger streng. Es passiert auch, dass Kunden bei uns abgelehnt werden und von der Konkurrenz nicht. Angesichts der Zinsgestaltung und der Kostentransparenz ist es nachvollziehbar, dass unsere Kredite gut ankommen. Wir haben keine versteckten Spesen und Gebühren, Nominal- und Effektivzins sind gleich. 60 Prozent der Kredite werden fix vergeben, der Durchschnittsbetrag liegt bei 13.000 Euro.
Wie entwickeln sich die Geschäfte?
2014 war gut, etwa vergleichbar mit 2013. Der Fokus liegt auf dem Kreditgeschäft, das wächst wahnsinnig schnell. Das Gleiche gilt für Wertpapiere. Das hat natürlich alles mit der Zinslandschaft zu tun. Direktsparen wächst auch, aber von unserer Seite liegt der Fokus weniger auf Neukundengewinnung. Das Thema Sparen macht bei diesen Zinsen weniger Spaß. Für uns ist es auch wichtig, die Bilanz auszugleichen und das Aktivgeschäft zu fördern.
Welche Wertpapiere werden besonders nachgefragt?
Wir haben 30 Investmentfonds im Angebot. Am beliebtesten sind jene mit Österreich-Bezug. 2015 werden wir das Angebot erweitern.
In welche Richtung?
Wie viel soll man da anlegen?
Fonds sind für den Vermögensaufbau sehr gut geeignet. Mein Ratschlag ist ein Fondssparplan ab 30 oder 50 Euro monatlich.
Hat Direktsparen ausgedient?
Für die langfristige Vermögensbildung ist eine Mischung das Beste. Man braucht eine Basis, die immer verfügbar ist. Und dann die Bank suchen, bei der man das meiste bekommt.
Die ING DiBa ist aber nicht Nummer eins bei den Zinsen.
Das hat auch etwas mit Nachhaltigkeit, Stabilität und Einfachheit zu tun. Wir haben nie den Anspruch gehabt, das beste Angebot zu haben, aber gute Zinsen ohne große Schwankungen. Wir sind immer bei den Spitzenanbietern dabei. Die Durchschnittsverzinsung liegt bei 0,3 Prozent, wir bieten 0,8 Prozent. Sie sind für uns kostendeckend.
Wie wirken sich die niedrigen Zinsen auf die Kundenzufriedenheit aus?
Wir sehen keine Auswirkungen. Alle verstehen, dass man sich der Problematik nicht entziehen kann. Die Tendenz ist eher nach unten als nach oben, in den nächsten sechs bis zwölf Monaten sehe ich keine Erholung.
Wie sieht es mit Girokonten bei der ING DiBa aus?
Da könnte es später im Jahr etwas geben, wir haben es stark im Fokus.
Planen Sie weitere Outlets?
Es ist schon eine Überlegung, aber noch ist nichts konkret. Wenn, dann in Salzburg, Graz oder Linz. Wir erreichen neue Zielgruppen durch spontane Besuche. Wir haben dann offen, wenn es für die meisten Kunden passt. Am meisten geht es wochentags zwischen 16 und 19 Uhr ab, wir haben auch Samstag von 9 bis 13 Uhr offen. Die Kunden sind ein bisschen älter als der Durchschnitt. Viele lassen sich das Online-Banking erklären.
Roel Huisman
Karriere: Der 1973 in den Niederlanden geborene Roel Huisman ist seit 1999 in der ING Group tätig. Seit 2010 ist er Chef der ING-DiBa Austria. Seine Frau und die drei Kinder leben in Wien.
Sicherheit: Als Tochter der ING-DiBa Deutschland gilt die deutsche Einlagensicherung von theoretisch bis zu 1,35 Mrd. Euro je Kunde.
Kunden: Die ING DiBa ist mit mehr als 520.000 Kunden und Retail Balances (Summe aus Einlagen, Krediten und verwaltetem Depotvolumen ) von 7,6 Mrd. Euro Nummer 1 unter den heimischen Direktbanken.
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