Inflation: Wie soll man jetzt sein Geld anlegen?
Geldanlage ist nie eine leichte Sache. Tipps gibt es viele. Vor allem in Netz. Am besten aber ist es, richtige Experten dazu zu befragen.
Der KURIER hat deshalb Robert Löw, den Vorstandschef der Liechtensteinischen Landesbank in Österreich, und seinen Stellvertreter, Harald Friedrich, um ihre Einschätzung gebeten. Sie müssen es nämlich wissen, weil sie ihren Kundinnen und Kunden gute Renditen liefern müssen.
Zunächst stellt die Frage: Wie geht es mit der Inflation weiter? Das Ziel der Europäischen Zentralbank ist ja nach wie vor eine Senkung auf zwei Prozent. „Wie müssen langfristig wahrscheinlich mit einer etwas höheren Inflation leben“, sagen Löw und Friedrich. Sie rechnen dauerhaft mit drei bis 3,5 Prozent.
Vorerst werde die EZB aber noch zwei- bis dreimal die Zinsen erhöhen. „Weil die Inflation noch immer um ein bis zwei Prozentpunkte über den USA liegt.“
"Eine milde Rezession"
Hohe Zinsen dämpfen bekanntlich die Investitionsfreudigkeit. Könnte umgekehrt also aus der Stagnation eine Rezession werden? „Wir sehen in den USA und Europa ein schwaches Jahr 2023 und auch ein schwaches 2024, was die Konjunktur betrifft. In Summe gehen wir von einer milden Rezession aus“, so Löw.
Dass in Österreich die Inflation mit derzeit acht Prozent weit über dem Schnitt im Euroraum (5,5 Prozent) liegt, führen die beiden Bankmanager auf politische Maßnahmen zurück.
„Man hat hier versucht, die Inflation mit der Gießkanne zu bekämpfen. Alle Österreicher, egal welchen Einkommens, haben sozusagen in Bausch und Bogen Hilfe erhalten“, sagt Löw.
„Es wäre sicherlich sinnvoller gewesen, das gezielter bei einkommensschwachen Personen zu machen, dann hätte die Inflation jetzt vielleicht nicht diesen Effekt. Energie- und Nahrungsmittelpreise gehen inzwischen runter, die Kerninflation bleibt aber hartnäckig.“
"Kein Patentrezept" gegen Inflation
Friedrich ergänzt: „Eigentlich würden wir von sinkenden Energiepreisen profitieren. Jetzt aber haben wir die klassischen Zweitrundeneffekte.“ Freilich: Umsatzsteuersenkungen auf bestimmte Produkte oder etwa auch Mietpreisdeckel hätten nur befristete Wirkung. Letztendlich gäbe es gegen die Inflation kein Patentrezept, so die beiden Banker.
Und welche Anlagestrategie folgt für die LLB daraus? „Anleihen sind wieder interessant, sie erleben eine Renaissance“, sagt Löw. Klassische Staatsanleihen im mittleren Laufzeitsegment würden im Schnitt derzeit 3,5 Prozent Rendite abwerfen. „Für gute Unternehmensanleihen bekommen Sie vier bis 4,5 Prozent.“
Rendite bis zu neun Prozent möglich
Damit egalisiert man zum derzeitigen Moment natürlich noch nicht die Inflation. Weshalb man bei der LLB auf Anleihen aus den boomenden Schwellenländern setzt. Da seien sieben bis acht Prozent möglich, sagt Friedrich.
„Wir haben eine lange Historie im Sektor globale Wachstumsmärkte. Wir reden hier von Osteuropa, mittlerer Osten, Fernost. Da haben wir einige Produkte mit Renditen von bis zu neun Prozent bei einer Laufzeit von sieben Jahren.“
"Abschwächung" bei Aktien
Bei Aktien prognostizieren die beiden Bank-Manager eine „Abschwächung“. Löw: „Wir glauben an schwächere Aktienwerte für die nächsten sechs Monate.“
Schließlich würden die Zinsen steigen und man sei am Beginn einer „rezessiveren Bewegung“. Friedrich glaubt daher, dass die Gewinnerwartungen – auch bei den großen Technologieriesen - „eigentlich zu hoch sind.“
Und wie sehen die beiden Manager den Hype um die Künstliche Intelligenz? Hier erinnert Friedrich an den Hype vor zwei Jahrzehnten, der dann mit der DotCom-Blase endete.
Und was ist mit Künstlicher Intelligenz?
„Da waren wir in einer ähnlichen Phase, was das Internet betrifft, wie wir jetzt bei KI sind. Es muss sich erst herausstellen, was die Anwendungsfelder und use-cases sind und welche Unternehmen das entsprechend besetzen können.“
Am Ende würden sich wie im e-commerce- Bereich und im Internet „ein paar Handvoll Unternehmen“ durchsetzen.
Welche das sein werden, könne man seriös noch nicht sagen. Große Player wie Google, Microsoft, Meta hätten sicher einen Startvorteil, da sie die finanziellen Mittel haben, kleinere Unternehmen aufzukaufen. Auch Hardwarehersteller, allen voran Nvidia aber auch AMD stehen laut Friedrich gut da.
Siemens oder Bayer "interessante Investment Cases“
Löw rät Anlegern, trotzdem dann und wann den Blick auf klassische Industrieunternehmen zu werfen. Gerade, weil sich da in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht viel getan habe. Das biete Potenzial. So seien etwa Siemens oder Bayer interessante „Investment Cases“.
Österreich hat man bei der LLB nicht unbedingt im Fokus. „Das internationale Interesse am österreichischen Markt ist überschaubar“, sagt Friedrich.
Es gebe „sehr tolle und starke österreichische Unternehmen“, aber die Ost-Phantasie an der Börse sei längst vorbei und nun auch die Wachstumsmöglichkeiten in Russland.
Wien sei mit Ausnahmen wie OMV oder voestalpine eher „eine Mittelstandsbörse“. Auch die Politik – Stichwort Gewinnabschöpfung – verhalte sich nicht immer förderlich.
Energiewende ist Chance
Eine Chance für Anleger sehen Löw und Friedrich in der Energiewende. Nicht zuletzt aufgrund der hohen staatlichen Subventionen in der EU und den USA.
Löw: „Dadurch werden Geschäftsmodelle attraktiv, die – etwas überspitzt formuliert – ohne die Subventionen nicht attraktiv wären. Die bieten aber hier für Investoren natürlich Chancen. Ob das jetzt Windenergie, Photovoltaik oder Biomasse ist.“
Und Friedrich ergänzt: „Es ist eine der Säulen, nach der wir das gesamte Investmentportfolio und auch den Bankbereich umgestellt haben.“
Das Thema Energiewende sei nämlich nun auch bei institutionellen Investoren voll angekommen. Wer mit konkreten Rohstofftiteln Geld verdienen will, stößt freilich auf ein Problem wie Löw erklärt.
Die Schwierigkeit sei, dass die Rohstoffförderung oder Rohstoffverarbeitung oft in „problematischen Ländern“ stattfinde. Löw rät daher, sich über Werte wie Rio Tinto am Rohstoffsektor zu beteiligen.
Ein neuer Boom für Europa
Und wie sehr haben Löw und Friedrich einen möglichen militärischen Konflikt zwischen China und Taiwan am Radar? Ein solcher Konflikt ist seit vier Jahrzehnten in regelmäßigen Abständen virulent, so die beiden Manager.
Man müsse die Lage im Auge behalten, dürfe das Ganze aber auch nicht überbewerten. Im Gegenzug verweisen Löw und Friedrich auf ein viel näher gelegenes Thema: Eines Tages werde der russisch-ukrainische Krieg vorbei sein. „Dann wird Europa durch den Wiederaufbau der Ukraine einen neuen Boom erleben.“
Über die Liechtensteinische Landesbank (LLB)
Beim Geld ist das kleine Liechtenstein eine Großmacht. Seit 2008 ist die mehrheitlich im Besitz des Fürstentums stehende börsennotierte Liechtensteinische Landesbank (LLB) auch in Österreich im Privatkundensektor tätig. 2018 fusionierte die LLB mit der Semper Constantia.
Wer ein zu veranlagendes Vermögen ab 500.000 Euro hat, ist bei der Liechtensteinischen Landesbank Österreich AG sozusagen im Rennen. Die Performanceerwartung für die nächsten fünf Jahre liegt je nach Risikofreudigkeit der Anleger zwischen 4,27 Prozent und 6,21 Prozent plus pro Jahr.
Das Volumen der verwalteten Kundengelder liegt aktuell bei 30 Milliarden Euro. Der Kundenstock setzt sich aus vermögenden Privatpersonen sowie institutionellen Kunden wie Versicherungen, Pensionskassen, Banken, Kammern und kirchlichen Institutionen und Unternehmen zusammen.
200 Beschäftigte hat die Bank in Österreich. Die Betriebserträge lagen im Vorjahr bei 100 Millionen (plus 30 Prozent gegenüber 2021). Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) konnte um 65 Prozent auf 35 Millionen, der Bilanzgewinn um 110 Prozent auf 25,4 Millionen gesteigert werden.
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