Derzeit ist die Bauindustrie noch gut mit Aufträgen eingedeckt, doch das könnte sich wegen der Corona-Krise bald ändern. Viele Gemeinden haben wegen der Pandemie höhere Ausgaben im Sozialbereich und gleichzeitig geringere Einnahmen bei der Kommunalsteuer wegen der gestiegenen Arbeitslosigkeit. Die Folge ist, dass Bauaufträge aufgeschoben werden.
„Das werden wir in ein paar Monaten spüren, spätestens im Herbst“, sagt Karl Weidlinger, Vorstandsvorsitzender der Swietelsky AG und stellvertretender Obmann des Fachverbands Bauindustrie. Betroffen seien vor allem Arbeiten wie der Asphalt- oder Kanalbau.
Verlängerung
Bei Bauunternehmen würden bereits erste Meldungen eintreffen, dass Gemeinden um eine Verlängerung der Zuschlagsfrist bitten würden oder keine Vergaben durchführen könnten, weil sie durch Weisung des Landes nur Vergaben durchführen dürften, wenn diese finanziell gedeckt seien.
„Wenn die Gemeinden nicht mit Kapital ausgestattet werden, fallen diese Aufträge weg“, sagt Weidlinger. Es sei sinnvoller, Gemeinden ausreichend mit finanziellen Mitteln auszustatten, damit sie diese in Arbeit und Infrastruktur investieren könnten, statt Geld in Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit zu stecken. Dadurch werde mehr Zuversicht geweckt und der Konsum angeregt. „In Summe ist das billiger und wirtschaftlicher für den Staat“, glaubt Weidlinger.
Zwar würden die meisten Unternehmen in der Bauindustrie Rückgänge von Aufträgen der Gemeinden überleben, doch würde ein anderes Problem entstehen: Das Straßenbau-Fachpersonal müsse im Winter wegen des kalten Wetters ohnehin eine Zwangspause einlegen. Wenn die Arbeiter auch noch den ganzen Sommer über zu Hause sitzen müssten, dann würden viele in andere Branchen wechseln und dort ihr Glück versuchen, meint Weidlinger. Sie wären dann verloren und schwer zurückzugewinnen.
Verschiedene Ansätze
Schwierig für die Bauindustrie sei es, dass die Bundesländer verschieden an die Problematik herangehen, berichtet Peter Krammer, Vorstandsmitglied der Strabag. Manche würden die Gemeinden unterstützen, andere würden ihnen Restriktionen auferlegen und auf die Einhaltung des Budgets pochen.
Wesentliches Volumen
Laut Krammer handle es sich bei den Gemeinden oft um kleinere Aufträge zwischen 10.000 und 100.000 Euro. Darunter fallen unter anderem das Ausbessern einer Straße, die Sanierung eines Kindergartens, eines Gemeindeamts oder einer Schule. Da es in Österreich jedoch viele Gemeinden gebe, handle es sich in Summe um einen wesentlichen Teil des gesamten Auftragsvolumens der Baubranche. Allein bei der Strabag sind es 20 Prozent der Gesamtleistung. Im Straßenbau entfallen sogar 30 bis 40 Prozent auf Gemeinden, im Hochbau immerhin rund fünf Prozent.
Gespräche laufen
„Da sprechen wir von einer relevanten Größe, wenn das wegbricht“, so Krammer. Derzeit gebe es Gespräche mit dem Gemeindebund und dem Finanzministerium. Es gebe Signale, dass die Problematik erkannt wird, man könne immerhin hoffen, dass reagiert werde.
Mehr Beschäftigung
Aus den Aufbau-Töpfen sollten auch die Gemeinden bedient werden, fordert Karl-Heinz Strauss, Vorstandsvorsitzender der Porr AG. Durch die Konjunkturprogramme würde die Baubranche mehr profitieren als jede andere Industrie. „Da muss man pragmatisch vorgehen. Das sichert Beschäftigte. Und jeder Euro, der in den Bau investiert wird, löst zwei bis drei weitere Euro aus“, sagt Strauss. Es wäre hilfreich, wenn Bausperren in Tourismusgebieten aufgehoben werden würden. Durch die Corona-Krise hätten sich die Megathemen am Bau nicht verändert: Urbanisierung und die dafür nötige Infrastruktur.
(kurier.at)
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