Immofinanz-Chef: "Als Kläger wäre ich beunruhigt"

Immofinanz-Chef: "Als Kläger wäre ich beunruhigt"
2600 Verfahren laufen gegen die Immofinanz, 600 sind beendet. Gezahlt hat Eduard Zehetner bisher kaum.

Die Immofinanz hat das größte Projekt ihrer Geschichte erfolgreich über die Bühne gebracht. Im KURIER-Interview erzählt Immofinanz-Chef Eduard Zehetner von neuen Investitionen und zahlreichen Erfolgen vor Gericht.

KURIER: Herr Zehetner, immer wieder gibt es Meldungen über den Ausgang eines Verfahrens um Falschberatung beim Kauf von Immofinanz-Aktien. Da verliert man schön langsam den Überblick. Wie ist denn der Stand der Dinge?

Eduard Zehetner: Es sind rund 300 Millionen Euro an Klagen eingebracht, wobei viele Mehrfach-Klagen dabei sind. In Summe gibt es ca. 2600 Verfahren, fast 600 sind bereits beendet. Nur bei einer verschwindend geringen Anzahl haben wir bisher bezahlt. Wir sehen der ganzen Situation gelassen entgegen, aber als Kläger bei der Advofin (Anm.: Sammelkläger) wäre ich etwas beunruhigt.

Sie klagen auch gegen Ihren Vorgänger Karl Petrikovics. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?

Die Gerichte warten aktuell noch auf ein Strafverfahren wegen umstrittener Optionsgeschäfte. Das könnte im September entschieden werden. Angehängt an diesen Sachverhalt haben wir ein Zivilverfahren im Wert von 11,4 Mio. Euro. Zusätzlich klagen wir in der Causa Meischberger/Hochegger. Wir wollen die BUWOG-Provision zurück. In Summe kann der Rechtsstreit noch einige Jahre dauern.

Reden wir über das Tagesgeschäft: Vor Kurzem hat die Immofinanz den Hälfteanteil am Shopping Center Rostokino gekauft: Wie geht es der Immofinanz mit dem Megaprojekt in Moskau?

Die Immobilie ist rund eine Milliarde wert. Damit ist es unser größtes Projekt. Unsere Pflicht zum Kauf des Hälfteanteils haben wir in der Krise wegverhandelt. Jetzt haben wir uns zum Kauf entschieden: Bei 11,5 Prozent Rendite halten wir das für ein rentables Investment.

Im Vorfeld war von heftigen Kostenüberschreitungen unter Ihrem Vorgänger zu hören, auch von einem Gegengeschäft mit einem Basar in Bulgarien. Es hieß, die Immofinanz hätte sich am Projekt fast verschluckt. Ist das nun verdaut?

Das Projekt Rostokino produziert heute einen Net-Operating-Income (Nettobetriebsergebnis, Anm.) von 100 Mio. Euro. Ich hätte gerne mehr solcher Projekte. Wir werden aber nicht mehr so große Projekte machen wie Rostokino, weil das Klumpenrisiko zu groß ist. Was den Basar angeht: Wir haben eine Bilanz, die auch von unabhängigen Wirtschaftsprüfern bestätigt ist. Insofern denke ich, dass darin alles richtig bewertet ist, auch der Illiantsi-Basar in Sofia. Natürlich brauchen wir keinen G’wand-Basar in Sofia, aber wir verdienen auch damit Geld.

Die Immofinanz kauft nicht nur, sie will sich auch in großem Stil von Immobilien trennen. Wie läuft der Abverkauf in der Wirtschaftskrise?

Wir sehen den Konzern zunehmend als Immobilienmaschine, die Immobilien entwickelt, im optimalen Zeitpunkt abverkauft und dadurch frisches Geld für weitere Entwicklungen gewinnt. Aktuell läuft die Maschine noch mit niedriger Drehzahl – aber wir beschleunigen. In den letzten zwei Jahren haben wir jährlich Immobilien für 500 Mio. Euro verkauft. In den nächsten zwei bis drei Jahren wollen wir Immobilien mit einem Wert von bis zu einer Milliarde pro Jahr verkaufen.

In welche Bereiche wollen Sie das verdiente Geld investieren?

Retail (Verkauf) kam fast so gut durch die Krise wie der Wohnbereich. Daher werden wir weiter in diesem Bereich investieren. In Moskau wollen wir künftig mehr Wohnprojekte umsetzen, in Polen wollen wir alle Bereiche ausbauen, vornehmlich Retail. In Summe wollen wir im heurigen Geschäftsjahr 300 bis 400 Millionen Euro investieren.

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