Wer hat an der Uhr gedreht?

Der Winter kommt oftmals schneller als erwartet.
Ehe Väterchen Frost wieder an die Türe klopft, verwöhnt uns der September noch mit einigen warmen Spätsommertagen. Doch wenn sie kommt, die weiße Pracht, braucht man jemand, der die Arbeit macht. Wer nicht selbst zur Schaufel greifen will, sollte jetzt einen Winterdienst beauftragen, um für den ersten Schnee gerüstet zu sein.

Welche Aufgaben hat die Hausverwaltung?

Die Schneeräumung fällt in die Zuständigkeit der ordentlichen Verwaltung. Neugebauer-Herl: "Diese hat für eine ordnungsgemäße Schneeräumung, Streuung und Reinigung des Gehsteiges bzw. auch von Wegen, Stiegen und Stiegenhauszugängen innerhalb einer Wohnhausanlage Sorge zu tragen. Wenn kein Hauswart beschäftigt ist, der nach dem Hausbesorgergesetz anstelle des Eigentümers zur Reinigung verpflichtet ist, muss die Hausverwaltung eine geeignete Reinigungsfirma beauftragen und diese auch beaufsichtigen bzw. kontrollieren." Welches Unternehmen beauftragt wird, kann der Verwalter bzw. die Eigentümergemeinschaft selbst entscheiden. Die Bestellung hat entweder durch den/die Eigentümer persönlich bzw. in dessen Namen durch die Hausverwaltung zu erfolgen.

Was sagt das Gesetz?

Basis bildet § 93 der Straßenverkehrsordnung (StVO): Gehsteige, Wege und Stiegen im Ortsgebiet, die nicht mehr als drei Meter von der Liegenschaft entfernt sind, müssen auf Länge des Grundstücks von 6 bis 22 Uhr gereinigt werden. Ist kein Gehsteig vorhanden, muss der Straßenrand in der Breite von einem Meter geräumt werden. Bei Schnee und Glatteis sind die Flächen auch zu streuen. "Das gilt für Eigentümer von Verkaufsständen, Einfamilien- und Zinshäusern bzw. die Eigentümergemeinschaft bei Wohnungseigentum", sagt Rechtsanwältin Nicole Neugebauer-Herl. Bei offenen Stiegen, Zugängen und Innenhöfen innerhalb einer Wohnhausanlage, also alle zugängigen Flächen, die keine öffentlichen Wege sind, greift die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB. Neugebauer-Herl: "Wenn durch einen mangelhaften Zustand, z.B. durch Glatteis oder Laub, jemand zu Schaden kommt, haftet derjenige, der für die Haltung des Weges verantwortlich ist." Halter ist, wer die Kosten für die Errichtung und Erhaltung des Weges trägt sowie die Verfügungsmacht hat.

Warum lohnt es sich, einen Professionisten zu beauftragen?

Wegen der Haftungsfrage. Eigentümer können sich davon befreien, wenn sie dafür sorgen, dass zwischen 6 und 22 Uhr immer geräumt ist. "Falls doch jemand wegen mangelnder Reinigung, z.B. durch einen Sturz, zu Schaden kommt, sind professionelle Firmen in der Regel haftpflichtversichert", sagt die Rechtsanwältin. Der beauftragte Dienstleister kann dann nach der StVO inklusive allfälliger Schadensereignisse, die aufgrund von Belagsbildung entstanden sind, rechtlich belangt werden. Viele Unternehmen sorgen deshalb vor: Die Firma A.S.S etwa setzt Kontrolleure ein, die bei jedem Schneefall, wie auch die Winterdienstarbeiter, ausrücken. Mit Fotohandys ausgestattet, halten sie zu Beweissicherungszwecken den Räumungserfolg fest. Mit Datum, Uhrzeit und Adresse werden diese Fotos automatisch an die Zentrale geschickt und archiviert. Auch die Firma Attensam protokolliert die erbrachte Leistung und dokumentiert alle Einsätze in einem online einsehbaren Logbuch. So kann später vor Gericht nachgewiesen werden, ob die Räumpflicht zum Zeitpunkt des Unfalls vernachlässigt wurde oder nicht.

Wer hat an der Uhr gedreht?

Wie lange dauert die Saison?

Professionelle Anbieter legen mit dem Winterdienst meist Mitte Oktober los. Üblicherweise dauert er sechs Monate (180 Tage). Manche Dienstleister weichen davon leicht ab: Die Firma Attensam etwa bietet ihre Serviceverträge standardmäßig ab dem 1. November bis zum 15. April an. Weil der Winter aber in manchen Gebieten sehr früh hereinbricht und in anderen besonders lange dauert, kann der Leistungszeitraum auf 15. Oktober bis 30. April ausgeweitet werden. Wege müssen jedoch nicht nur von Schnee und Eis gereinigt werden: § 93 StVO verpflichtet auch, andere Verunreinigungen – etwa herabfallendes Laub – zu entfernen. Einzelne Blätter stellen zwar noch keine Gefahr dar. Aber je nach Baumart und Witterung kann angehäuftes Laub matschig und rutschig werden.

Wie viel kostet der Winterdienst? Wie wird abgerechnet?

Die Angebote variieren je nach Anbieter stark in Preis und Umfang. Manche Unternehmen bieten fixe Pakete an, andere setzen auf individuelle Betreuung. Die Firma A.S.S. liefert ein Beispiel: Sie bietet einen "Mindesttarif" um 270 Euro pro Saison, der sich an jene richtet, die kleine Flächen zu säubern haben. Darin enthalten ist die Gehsteigbetreuung gemäß § 93 StVO – von der Schneeräumung über die Tauwetterkontrolle bis zur Splitträumung. Für größere Liegenschaften wird der Preis individuell ermittelt. Dabei kommt es einerseits auf die zurückgelegte Strecke an. Eine "Handtour", also wenn mit der Schaufel geräumt werden muss, beläuft sich auf ca. 7 Euro pro Laufmeter pro Saison. "Auch die Zeit, die Größe und Erreichbarkeit der Fläche spielen eine Rolle", sagt Geschäftsführer Christian Höbinger. "Große Liegenschaften, ein Supermarktparkplatz etwa, können maschinell in kürzerer Zeit geräumt werden als ein schmaler Gehsteig, der von schräg parkenden Autos zugestellt ist und händisch freigeschaufelt und gestreut werden muss." Abgerechnet werden die Ausgaben für die Schneeräumung über die Betriebskosten. Ist eine Wohnung vermietet, kann der Eigentümer die Kosten anteilig auf den Mieter (in einem klassischen Wiener Zinshaus durchschnittlich 20 bis 40 Euro pro Wohnung/Saison) umwälzen.

Was muss man sonst noch wissen?

Nicht nur Gehwege, Außenstufen und Hofdurchgänge müssen von Schnee befreit werden, sondern auch das Dach. "Durch herabfallendes Eis oder Lawinen besteht eine Verletzungsgefahr für Passanten", sagt Neugebauer-Herl. Um dem vorzubeugen, ist eine Tauwetterkontrolle wichtig. Dabei werden die Objekte auf Eiszapfen und Dachlawinen kontrolliert und bei Bedarf mit Absperr- oder Warnstangen gesichert. Wer die Wege gemäß § 93 StVO nicht säubert, riskiert eine Verwaltungsstrafe von bis zu 726 Euro. Bei Uneinbringlichkeit ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen zu rechnen.

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