Vom Taferlklassler zum Student: Schreibtische fürs ganze Leben
Er war dunkelbraun, das Eichenholz nach feinster Tischlertradition verarbeitet. Unter der Platte befanden sich zwei Schubladen mit silberfarbenen, halbrundem, gerillten Griffen. Und er war ein Erbstück. Direkt vor dem Fenster stand er für den Schulbeginn der nächsten Generation bereit.
Der erste Schreibtisch bleibt in Erinnerung und gleichzeitig hat er mit den heutigen Standards für Kinder und Erwachsene nicht mehr zu tun. Doch was muss ein Kinderschreibtisch heute leisten?
„Die Bedürfnisse haben sich geändert“, ist Alexandra Schnögass-Mück vom Wiener Kindereinrichtungsgeschäft „Die Raumelfen“ überzeugt. „Staubereich wird weniger wichtig, dafür braucht es mehr Platz für die EDV, das hat Auswirkungen auf die Belichtung.“ Schließlich wollen größere Kinder auch abends gut am PC arbeiten können.
Bei der zum Schreibtisch passenden Sitzgelegenheit ist darauf zu achten, dass Volksschulkinder noch nicht richtig sitzen. Schnögass-Mück: „Sie knien oder hockerln, aber man kann sie langsam an richtiges Sitzen heranführen.“ Der passende Schreibtisch muss höhenverstellbar, die Arbeitsfläche etwa 150 Zentimeter breit sein: So kann sich auch ein Elternteil, ein Mitschüler oder der Nachhilfelehrer dazusetzen.
Teilen sich Geschwisterkinder einen Raum, sollte jeder von ihnen seinen eigenen Bereich haben. Das können zum Beispiel frei stehende Schreibtische sein, die durch eine Kommode verknüpft werden.
Ob die Schreibtischplatte kippbar oder teilweise neigbar sein soll, ist ein Streitpunkt: Für Befürworter hilft die Neigung dabei, dass Kinder eine ergonomische Sitzhaltung einhalten. Kritiker bemängeln, dass an einer schrägen Platte keinerlei Schulsachen abgestellt werden können.
Material und Farben
Kinder-Schreibtische sind aus robusten, schadstofffreien Materialien gefertigt. „Das kann eine beschichtete Vollholzplatte sein oder eine MDF-Platte“, so Schnögass-Mück.
Bei den Farben überwiegen helle Töne wie Grau, Weiß oder Pastell, „keine schreienden Farben.“ Für bunte Akzente sorgen ohnehin die Schulsachen sowie Accessoires.
Preislich beginnen Solitärscheibtische ohne Zubehör bei 600 bis 700 Euro, beziffert Schnögass-Mück. Individuell angepasste Lösungen gebe es ab 800 bis 1.000 Euro.
Schreibtischfunktionen fürs Büro
Auch Erwachsene müssen auf ihre Sitzgewohnheiten achten. Dabei unterstützt neben der richtigen Einstellung des Sessels, auch der Schreibtisch. „Ein moderner Arbeitstisch muss an den Nutzer angepasst sein, um ihn vor Gesundheitsschäden zu schützen“, weiß Michael Fried vom österreichischen Büromöbelhersteller Bene.
Höhenverstellbarkeit, Beinfreiheit und eine ausreichend große Tischplatte spielen dabei eine wesentliche Rolle. Dem stimmt auch David Wiechmann zu. Er ist Produktentwickler bei Kinnarps, einem der größten Möbelhersteller Europas: „Sitzen soll möglichst vermieden werden, daher muss der Tisch stehendes Arbeiten ermöglichen“, erklärt er.
Drei Formen des gesunden Schreibtischs
1. Höheneinstellbarer Tisch: Er kann auf eine individuelle Höhe fixiert werden. Der Nachteil: Entsprechendes Werkzeug wird benötigt.
2. Höhenverstellbarer Tisch: Nutzer können die Sitzposition selbst anpassen.
„Das sollte man aber auch wirklich tun“, rät Wiechmann und weist auf das Stichwort Ergonomie-Kompetenz hin. Es sei äußerst wichtig, dass Betriebsärzte in Schulungen auf richtiges und gesundes Sitzen aufmerksam machen.
1. Alle drei bis vier Stunden die Position wechseln und den Tisch hoch oder niedrig zu stellen, empfehlen Experten. Außerdem: Unterlagen, Mistkübel und andere Arbeitsgeräte so platzieren, dass Sie aufstehen müssen, um sie zu erreichen.
2. Möglichst weit hinten sitzen, nicht an der Kante des Schreibtischstuhls. Beide Beine sollen den Boden berühren. Kleinere Menschen benötigen an dieser Stelle häufig eine Fußstütze, die bei Betriebsärzten angefragt werden kann.
3. Gerader Rücken ist essenziell Vermieden werden sollte ein runder Rücken oder eine zusammengesunkene Haltung, das führt zu Nackenschmerzen. Dabei unterstützt die richtige Einstellung des Bürosessels. Direkter Kontakt mit der Rückenlehne, damit diese Halt bietet, ist wichtig. Der Sessel hilft außerdem, gerade zu sitzen. Die Lehne sollte nicht zu leicht nachgeben. Der Widerstand wird an der Sessellehne oder unter der Sitzfläche reguliert.
3. Steh-Sitz-Arbeitstisch: Er funktioniert elektronisch, mittels Kurbel oder Gasdruckfeder. Auf diese Weise kann der Tisch mit einem Handgriff von einer sitzenden auf eine stehende Arbeitsfläche wechseln. Die maximale Höhe dieser Schreibtische beträgt meist 135 Zentimeter. Wiechmann: „So können auch große Menschen sehr gut stehend arbeiten.“
Die Kosten für einen ergonomisch gesunden Schreibtisch liegen bei rund 1.000 Euro netto.
"Sitzen ist das neue Rauchen"
Einen stehenden Arbeitsplatz sieht Wiechmann als eine der Voraussetzungen für einen gesunden Arbeitsalltag: „Sitzen ist das neue Rauchen, titelte eine große deutsche Zeitung und hat Recht damit.“ Das belegt eine Studie der Universität Queensland. Den Ergebnissen zufolge, kann fehlende Bewegung nach einem durchschnittlichen Acht-Stunden-Bürotag auch durch Sport am Abend nicht mehr ausgeglichen werden.
Umso wichtiger sind Strategien, die Bewegung bewusst in den Alltag integrieren. Heidi Adelwöhrer vom Möbelhersteller Neudoerfler mit Sitz in Burgenland: „Fakt ist, dass die beste Haltung, die nächste Haltung ist – Stichwort Abwechslung.“ Die perfekte Formel laute 40 Minuten sitzen, 15 Minuten stehen und fünf Minuten gehen.
Michael Fried nennt das den Büro-Triathlon, der rasch Erfolge zeigt: „90 Prozent der Nutzer nennen schon nach kurzer Zeit eine allgemeine Leistungssteigerung, zudem haben 63,5 Prozent weniger Rücken- und Nackenbeschwerden sowie eine bessere Konzentrationsfähigkeit.“
Holzboom bei der Materialwahl
Was das Material betrifft, so fokussiert sich derzeit alles auf Holz. Wiechmann erklärt sich das durch den „Nachhaltigkeitsboom“, der auch die Büromöbelbranche erfasst hat. „Eiche rustikal ist aber trotzdem out “, so der Fachmann.
Kunden fragen häufig nach klarem Weiß. Dieser Ton werde aber häufig nicht verwendet, da die Reflexionswerte zu hoch sind. Vermehrt zu sehen sei daher Grauweiß. Wiechmann: „Das ist auch freundlicher als das klassische Büroweiß.“ Heidi Adelwöhrer von Neudörfler fügt außerdem hinzu, dass an den Schreibtischen angebrachte Pinnwände farblich, individuellen Gestaltungsspielraum zulassen.
Mit der Optik wird dafür weniger experimentiert. Organische Formen sind zwar hier und da zu sehen, allerdings ist es fast unmöglich, daran Trennwände und somit Schallschutz zu befestigen. Daher greifen viele zum klassischen Rechteck. „Ein Tisch ist ein Tisch“, sagt Wiechmann, „und daraus machen wir kein Raumschiff.“
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