Vienna Design Week: Neue Ansätze für traditionelles Handwerk
Auf den ersten Blick haben der Traditionsbetrieb Bakalowits aus Mariahilf und die Designerin Anna Zimmermann wenig gemeinsam. Während Bakalowits seit 1850 für prächtige Kristallluster steht, hat die Absolventin der Universität für angewandte Kunst ihren Fokus auf konzeptionelles Objektdesign gelegt. Doch in der Zusammenarbeit entstand eine wunderbare Synergie, wie die Wahlwienerin im Gespräch mit dem KURIER verrät. „Es war eine bereichernde und spannende Zusammenarbeit. Ich habe viel gelernt und meine Ehrfurcht vor dem Handwerk ist noch größer geworden. Umgekehrt wurden meine Ideen und Herangehensweisen sehr respektvoll und interessiert angenommen.“
Im Rahmen der Vienna Design Week wurden die Designerin und der Handwerksbetrieb zusammengeführt, um gemeinsam den „Passionsweg“ zu beschreiten. In dem erprobten Format des Festivals geht es ums Experimentieren, um Wissensaustausch und um Innovationen. „Anfangs war ich überrascht von der Auswahl meines Projektpartners. Kristallluster sind etwas so historisch Aufgeladenes, beinahe Kitschiges. Im ersten Moment konnte ich mir wenig Zusammenarbeit vorstellen,“ gibt Zimmermann zu. Doch schon beim ersten Treffen sollten alle Zweifel verschwinden: „Bei meiner Arbeit geht es mir immer um die Geschichte dahinter. Beim Betreten der Bakalowits Werkstatt war ich gleich fasziniert von den zahlreichen Metall-Teilen an der Wand. Wie sich herausstellte, sind dies Biegeschablonen, das wichtigste Werkzeug der Manufaktur und auch eine Zeitachse – unterschiedlichste Formen und Arten zeugen von bald 180 Jahren Handwerkskunst. Für mich eine unglaubliche Inspiration.“
Wer an Kristallluster denkt, hat in der Regel den Behang vor Augen: Kunstvolle Glaselemente, die den Leuchten ihr Funkeln geben. Die Herstellung von Lustern kommt aber mit Glas allein nicht aus. Ohne Expertise in der Metallverarbeitung hängen selbst die schönsten Kristalle in der Luft. So sind Kristalllustermanufakturen wie die Firma Bakalowits in erster Linie Gürtler und Schlosser. In ihrem Passionswege-Dialog mit Bakalowits hatte Anna Zimmermann also ein Bild zurechtzurücken: Anstatt der sonst im Mittelpunkt stehenden Kristalle sollten einmal die üblicherweise dienenden Metallteile die Hauptrolle spielen.
Gemeinsam mit dem ehemaligen Hoflieferanten wurde nun eine siebenteilige Kollektion an Möbelstücken und Accessoires gefertigt – als Grundlage dienten die gebogenen Metallprofile der Maria-Theresien-Kronleuchter. Zu sehen ist die Kollektion ab 16. September im Schauraum von der Firma Bakalowits in der Gumpendorfer Straße.
Von 16. bis 25. September wird Wien zur Bühne für Kreatives
Zehn Tage lang wird in ganz Wien wieder Design in unterschiedlichsten Formaten erlebbar gemacht: In Ausstellungen, Produktpräsentationen, Workshops, partizipative Projekte, Talks und Touren in der ganzen Stadt und im Fokusbezirk Mariahilf werden neue, überraschende und wegweisende Einblicke ermöglicht. Die Festivalzentrale verteilt sich heuer auf drei Orte: In der Gasse (ein Zinshaus in der Esterhazygasse 22), der Gstätten (Baulücke in der Mollardgasse) und im Gewölbe (am Fuße der Rahlstiege) erhalten Festivalbesucher nicht nur Zutritt zu sonst öffentlich nicht zugänglichen Plätzen, sondern die Orte sind auch Ausgangspunkt für weiter Designerlebnisse. Alle Events, Ausstellungen und Rahmenprogramme sind auf der Webseite der Vienna Design Week verfügbar und großteils kostenlos zugänglich.
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