Pachtstreit: Das große Zittern am Wolfersberg

Pachtstreit: Das große Zittern am Wolfersberg
Seit die Stadt die Pacht für Grundstücke stark erhöht hat, fürchten Siedler um ihre Eigenheime. Jetzt wehren sie sich.

"Als wir das hier gekauft haben, war alles ein Dschungel", sagt Neli Bozova und zeigt über das Grundstück, das ihr nicht gehört. Besitzer ist die Stadt Wien, die vor 80 Jahren ein Baurecht darauf vergeben hat. Siedler konnten damals gegen ein geringes Entgelt das Grundstück pachten, das Haus mussten sie auf eigene Kosten errichten. Im Gegenzug mussten sie einen Bauzins zahlen, der bisher sehr günstig ist. 478,96 Euro zahlte die Familie Bozova pro Jahr für knapp 1000 Quadratmeter am Wolfersberg in Penzing. Ab sofort soll sie deutlich mehr zahlen.

2003 kaufte die Familie das Baurecht vom Wiener Tierschutzverein um 40.000 Euro, zusätzlich wurde ein Kredit aufgenommen. Die Familie legte gemeinsam Hand an, entwucherte das Grundstück und sanierte das baufällige Haus. Auch den Kanalanschluss und eine Gasleitung zahlten Neli und ihr Mann Vasil. Heute leben in dem noch immer nicht fertigen Haus ihr gemeinsamer Sohn, die Schwester und die Eltern. Doch die Familie fürchtet um ihr Zuhause. Das Baurecht läuft aus. Die Stadt hat der Familie einen neuen Vertrag vorgelegt. 11.000 Euro pro Jahr, also das Zwanzigfache des bisherigen Bauzinses, soll die Familie ab dem 1. Jänner 2012 zahlen.

Freundschaft

Pachtstreit: Das große Zittern am Wolfersberg

Es sind nur wenige Siedler betroffen, doch für Gottfried Krause, Baurechtsbeauftragter vom Siedlerverband, macht das keinen Unterschied. Er hat die knapp 20 Betroffenen an einem kalten Novembertag zum Infoabend ins SPÖ-Heim am Wolfersberg eingeladen. "So kann die Stadt nicht mit ihren Bewohnern umgehen", sagt Krause. Natürlich hätten die Siedler gewusst, dass ihre Verträge auslaufen. "Ja, g'wusst haben wir's, doch nicht, was sie dann verlangen", sagt eine ältere Dame erregt.

"Freundschaft" steht auf einem Schild hinter ihr, doch die Freundschaft mit der Stadt ist in Brüchen. Die Menschen, die sich in dem Heim mit dem roten Linoleumboden versammelt haben, sind Familien und Mindestpensionsbezieher. Und sie haben Angst, was kommt, wenn mit 1. 1. 2012 ihr Vertrag endet.

"Die Bewohner haben alle gewusst, dass ihr Baurecht ausläuft", erklärt Christian Kaufmann, Sprecher des zuständigen Stadtrats Michael Ludwig (SPÖ). "Wir haben auch allen angeboten, das Grundstück zu einem Preis 30 Prozent unter dem Marktwert zu kaufen." Nachsatz: Viele
hätten das getan. Familie Bozova hätte gern gekauft. 257.000 Euro hätte das Grundstück gekostet, "Doch mit einem laufenden Kredit war die Summe nicht zu stemmen", sagt Neli Bozova. Sie weiß, dass das Grundstück bis jetzt sehr günstig war, und wäre auch bereit, mehr Bauzins zu zahlen. "Das, was wir pro Jahr zahlen, also die 478 Euro, würden wir auch pro Monat zahlen", sagt sie. Doch mehr sei nicht möglich. Immerhin müsse sie das Haus weiter renovieren und den Kredit zurückzahlen.

Lösung

"Die Stadt ist an einer Lösung für alle interessiert", sagt Kaufmann, aber der Wolfersberg sei eine sehr begehrte Lage. Es wäre aber möglich, den jährlichen Bauzins in Raten zu zahlen und um eine Unterstützung nach Kriterien der Wohnbeihilfe anzusuchen. Den Betroffenen ist das zu wenig. Sie haben nun mit der Unterstützung von Krause eine Petition an den Bürgermeister verfasst, in dem sie sozial verträgliche Konditionen für die Verlängerung ihres Baurechts verlangen. Ebenfalls an einer sozialen Lösung interessiert sein müsste der SPÖ-Sektionschef am Wolfersberg. Denn auch das SPÖ-Heim steht auf Baurechtsgrund. Auch dieser Vertrag läuft aus.

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