Mit gutem Gewissen unterschreiben

Ein Mietverhältnis sollte unbedingt schriftlich geregelt sein - sonst wirds im Streitfall schwierig.
Wie hoch ist der monatliche Zins, gibt es eine Befristung und wer ist für die Endrenovierung zuständig? Welche Fallen beim Aufsetzen eines Mietvertrages lauern, warum man Vordrucke aus dem Internet mit Vorsicht genießen sollte und worauf Mieter vor dem Unterzeichnen genau achten sollten.

Flügeltüren, Parkett, hohe Räume und Stuck an der Decke: Wer eine Altbauwohnung inseriert, muss meist nicht lange nach Interessenten suchen. Doch ehe die Schlüssel an den neuen Mieter übergeben und die Möbelpacker bestellt werden können, muss das Vertragliche geregelt werden. Das kann auf zwei Arten erfolgen: Mündlich oder schriftlich. Wobei: "Die erste Variante wird immer seltener", sagt Barbara Walzl-Sirk vom Mieterschutzverband. "Ohne schriftliche Aufzeichnungen ist die Beweisführung sehr schwierig. Wenn es keine Zeugen gibt, kann man hinterher kaum belegen, was einst ausgemacht wurde." Um etwaigen Diskussionen vorzubeugen, sollte man daher lieber gleich zu Stift und Papier greifen.

Wenn die Wohnung nur für einen bestimmten Zeitraum vermietet werden soll, ist die schriftliche Form sogar verpflichtend, da sonst der Endtermin nicht durchgesetzt werden kann. Thomas Sochor, ein auf Wohnrecht spezialisierter Anwalt: "Mündliche Abmachungen sind nur für unbefristete Verträge denkbar." Im ersten Schritt muss genau geprüft werden, welche Rechtsvorschriften anzuwenden sind. Mietverhältnisse können in Österreich nämlich entweder unter den Schutz des Mietrechtsgesetzes (MRG) fallen oder in den Bereich des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). "Das ist die Gretchenfrage", sagt Sochor. Denn das MRG beinhaltet viele Bestimmungen, die primär zum Schutz des Mieters konzipiert sind. "Von der Höhe des Zinses über die Befristung, die Erhaltungspflichten bis zu den Kündigungsgründen ist fast alles gesetzlich geregelt." Doch nicht alle Immobilien fallen darunter: Ein- und Zweifamilienhäuser etwa oder Dienst-, Ferien- und Zweitwohnungen, die der Erholung dienen, sind davon ausgenommen.Kommt das MRG zum Zug, unterscheidet man, ob es voll oder teilweise anzuwenden ist. Vereinfacht gesagt gilt: Altbauwohnungen, die vor 1945 bzw. 1953 errichtet wurden, fallen in den Vollanwendungsbereich. Für Neubauwohnungen sowie Aus- und Zubauten zu einem Altbau gilt das MRG nur noch teilweise. "Man muss jeden Fall einzeln betrachten", sagt der Jurist und liefert zwei Beispiele: "Dachböden etwa, ausgebaute wie nicht ausgebaute, sind nicht immer eindeutig zuordenbar. Oder geförderte Neubauten: Für sie ist grundsätzlich das MRG voll anwendbar. Wurden bestimmte Förderungen aber vorzeitig zurückgezahlt, dann ist das MRG evt. nur noch teilweise anwendbar."

„Mündliche Verträge werden immer seltener. Denn ohne schriftliche Aufzeichnungen ist die Beweisführung im Streitfall sehr schwierig. Wenn es keine Zeugen gibt, kann man hinterher kaum nachweisen, was einst ausgemacht wurde.“ Barbara Walzl-Sirk, Juristin des Mieterschutzverbandes

Mit gutem Gewissen unterschreiben
Weitere Ausnahmen betreffen Schrebergärten, die in die Zuständigkeit des Kleingartengesetzes fallen. Bei Parkplätzen stellt sich die Frage, ob sie zu einem Alt- oder Neubau zugehörig sind. Die zweite Frage ist, ob eine Befristung vereinbart werden soll. Sie gewährleistet, dass der Mietgegenstand nach einer gewissen Zeit wieder zurückgestellt werden muss. "Das ist eine der größten Fehlerquellen", schildert Sochor. "Im MRG muss die Befristung für eine Wohnung mindestens drei Jahre betragen. Verträge, die diesem Kriterium nicht entsprechen, können vom Mieter als unbefristet angesehen werden." Ein Vertrag endet, indem er zum vereinbarten Zeitpunkt ausläuft. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Zieht der Mieter am letzten Tag nicht aus, verlängert sich das Mietverhältnis stillschweigend um weitere drei Jahre, sofern der Vermieter dagegen nichts unternimmt.

Erzwingen kann man eine Verlängerung übrigens nicht. Wer bleiben will, kann nur hoffen. Walzl-Sirk: "Ein befristeter Vertrag kann beliebig oft verlängert oder erneuert werden. Ein Anrecht darauf besteht allerdings nicht." Greift das MRG nicht, kommt das ABGB zur Anwendung. Es räumt Vermietern einen großen Gestaltungsspielraum ein und gilt nur, solange nichts anderes vereinbart ist. "Es zählt, was im Vertrag steht", sagt Walzl-Sirk. Das kann sich positiv wie negativ auswirken. So gibt es etwa keine Befristungsbeschränkungen: Es kann eine beliebige Dauer abgeschlossen (und auch verlängert) werden. Wer dann aber früher als gedacht aussteigen will, braucht gute Gründe: "Nach den Bestimmungen des ABGB kann man nur vorzeitig kündigen, wenn der Mietgegenstand gesundheitsgefährdend ist, er nicht mehr wie vereinbart gebraucht werden kann und sich so verändert, dass das gesamte Objekt bzw. ein beträchtlicher Teil über einen längeren Zeitraum nicht mehr nutzbar ist. Man sollte sich daher unbedingt eine Kündigungsmöglichkeit vertraglich einräumen lassen", schildert die Wohnrechtsexpertin.Auch in puncto Instandhaltungspflichten sollten Mieter genau hinsehen. Während im MRG nämlich viele Zuständigkeiten klar geregelt sind, können diese im Anwendungsbereich des ABGB auf den Mieter überwälzt werden. Walzl-Sirk: "Es kann eine rechtswirksame Regelung getroffen werden, welche Arbeiten der Mieter zu übernehmen hat. So kann z. B. eine Endrenovierung des Objektes vertraglich vereinbart werden."

„Ein klarer Mietvertrag mit allen wichtigen Eckdaten zu Ausstattung und Lage der Wohnung, Höhe des Mietzinses, dessen Wertsicherung, Befristung des Mietverhältnisses und Zweck der Nutzung schafft Sicherheit auf beiden Seiten.“ Thomas Sochor, Scheuch & Sochor Rechtsanwälte

Damit ein Mietvertrag wirksam wird, muss eine verbindliche Einigung über den jeweiligen Gegenstand und die Höhe des Mietzinses zustande kommen. An eine Form gebunden ist das Ganze nicht. "Es gibt keine zwingend notwendigen Angaben", sagt Sochor. Die Inhalte können daher stark variieren. "In professionellen Verträge sind jedoch gewisse Eckpunkte festgehalten – etwa die beiden Parteien, eine genaue Beschreibung des Mietgegenstandes, die Höhe des Zinses (und zwar in seine Bestandteile aufgeschlüsselt), dessen Wertsicherung, die Dauer des Mietverhältnisses und der Zweck der Nutzung." Auch Details zur Ausstattung, der Lage, außertourliche Kündigungsgründe, Infos zum Gebrauch (etwa ob die Haltung von Haustieren erlaubt ist), der Erhaltung, der Veränderung und Weitergabe der Wohnung sollten enthalten sein. Zudem sollte die Kaution und deren Höhe angeführt sein. Das Verfassen des Dokuments ist übrigens nicht nur Notaren oder Rechtsanwälten vorbehalten. Auch Hausverwaltungen oder Vermieter sind berechtigt. "Aus Kostengründen greifen viele zu Vorlagen aus dem Internet. Aber das ist Sparen am falschen Ort", warnt Sochor. Wird nämlich ein Formular verwendet, dessen gesetzliche Basis nicht dem jeweiligen Objekt entspricht, besteht hinterher keine Möglichkeit zur Korrektur. "Wer einen Professionisten beauftragt, ist nicht nur in Haftungsfragen abgesichert", sagt Sochor. "Er handelt auch konfliktvermeidend für die Zukunft." Kein Wunder: Das Mietrecht ist komplex und beinhaltet viele Sonderregelungen. Sochor: "Ein klarer Vertrag beugt Missverständnissen vor und schafft Sicherheit auf beiden Seiten." Wer also von Anfang an einen Experten hinzuzieht, spart sich hinterher womöglich viel Ärger – und gegebenenfalls auch den Weg zu Gericht.

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