Auf die Plätze, fertig, wohnen
Sie träumen vom Häuschen im Grünen, wollen aber weder ein gebrauchtes kaufen noch selbst eines bauen? Glückwunsch! Dann liegen Sie mit einem Fertighaus goldrichtig. Dach, Wände und Decken werden im Werk vorgefertigt und installationsfertig angeliefert. Mit Hilfe eines Krans werden die Teile binnen weniger Tage am Bauplatz zusammengesetzt. Praktisch und zeitsparend, finden immer mehr Häuslbauer und entscheiden sich für das Rundum-Sorglospaket. Man kann auf einen eingespielten Prozessablauf vertrauen und bekommt alle Dienstleistungen aus einer Hand.
2017 war knapp jedes dritte neu gebaute Haus ein Fertigteilhaus. Die regional höchsten Zuwachsraten verzeichnet Vorarlberg mit 6,6 Prozent. Das zeigt eine Erhebung des Beratungsunternehmens Interconnection Consulting: "Nach Jahren der Flaute hat sich die Baukonjunktur allgemein wieder verbessert. Davon profitiert auch der Markt für Fertigteilhäuser", sagt Studienautorin Neva Rukonic. Bauherren würden dank günstiger Wohnbaukredite und einer positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt mehr Mut fassen, in ein eigenes Haus zu investieren. Das verschafft der Branche zusätzlich Aufschwung und lässt die Hersteller über volle Auftragsbücher jubeln – allen voran umsatzstarke Anbieter wie die Elk Gruppe, Hartl Haus, Haas Fertigbau und Wolf Haus.
Die Zeitersparnis ist nur ein Aspekt, der das Fertighaus auszeichnet. Ein weiterer ist die Fixpreisgarantie. "Kunden sind ab Vertragsunterzeichnung zwölf Monate vor Preisschwankungen geschützt", sagt Christian
Murhammer, Geschäftsführer vom Fertighausverband. Das Bauprojekt ist somit besser kalkulierbar.
Rund sechs bis acht Monate dauert es normalerweise von der Unterschrift bis zur Schlüsselübergabe. Faktoren, die das beeinflussen sind unter anderem die Behörden. Eine Baugenehmigung kann ein bis zwei Wochen dauern. Oder Monate. Auch die Frage, ob Keller oder Bodenplatte als Fundament dienen sollen, wirkt sich auf die Bauzeit aus. Ein Unterbau aus Beton muss erst trocknen, ehe die Wände aufgestellt werden können. Witterung und Temperatur spielen daher ebenfalls eine Rolle.
Wer davon ausgeht, mit einem Fertighaus billiger zu bauen als auf herkömmlichem Weg, sollte genau rechnen. Die Preise beginnen zwar ab 1000 Euro pro Quadratmeter – allerdings für ein Ausbauhaus, wohlgemerkt. Hierzulande ist das Angebot in drei Stufen eingeteilt. Jede beinhaltet unterschiedliche Leistungen, die in der ÖNORM B2310 genau definiert sind.
Das Ausbauhaus als günstigste Variante erfüllt lediglich die bauphysikalischen Anforderungen. Wände und Decken sind innen nicht verspachtelt, Elektroleitungen nicht verkabelt. Rund 25 Prozent beträgt die Preisdifferenz zur nächsten Stufe, dem belagsfertigen Haus. "Berechnet man, wie viele Arbeiten beim Ausbauhaus offen sind, spart man unterm Strich kaum", räumt Murhammer ein. Zudem wird es mit der Gewährleistung schwieriger: "Je mehr Handwerksbetriebe hinzugezogen werden, desto komplizierter die Schadensabwicklung."Zwar können durch Eigenleistung bis zu 15 Prozent gespart werden – gewisse Arbeiten wie Elektro- und Sanitärinstallationen sollten aber Profis überlassen werden. Es verwundert daher nicht, dass die dritte Variante – die schlüsselfertige – immer häufiger über den Ladentisch geht. Man muss quasi nur noch die
Möbel hineinstellen und kann einziehen.
"Mehr als 75 Prozent entscheiden sich für einen Holzriegelbau", so Neva Rukonic.
Eine weitere Frage die es zu beantworten gibt, ist die Materialwahl. Denn das Angebot umfasst Konstruktionen aus Holz oder massive Bauweisen aus Ziegel oder Beton. "Mehr als 75 Prozent entscheiden sich für einen Holzriegelbau", sagt Rukonic. Ein Holzrahmen bildet dabei die tragende Struktur. Dieser wird mit Dämmstoffen, Holzwerkstoffen wie Pressspann- und OSB-Platten, Gipskarton und anderen Materialien beplankt. "Der Holzfertigbau hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt", sagt Murhammer. Einer der Vorteile ist, dass die Dämmung im Wandaufbau bereits enthalten ist. Das spart Grundfläche und lässt zusätzlich Raum von rund zehn Quadratmeter entstehen.
"Wer möchte, kann sein Haus vom Architekten planen und vom Fertighausanbieter ausführen lassen", sagt Christian Murhammer.
Gekauft wird vor allem in Musterhausparks, wobei die Blaue Lagune in
Vösendorf das mit Abstand wichtigste Zentrum ist. Entsprechend ostlastig ist die Verbreitung: Die höchste Fertighausquote erreicht Niederösterreich mit 42,6 Prozent. Am anderen Ende der Skala liegt Tirol mit nur 17,7 Prozent. Von der Vorstellung, die Häuser werden eins zu eins wie im Katalog gebaut, kann man sich getrost lösen. Die Planung nach individuellen Vorgaben steht heute an der Tagesordnung, versichert Murhammer: "Das ’Typenhaus’ gibt es so gut wie nicht mehr. Wer möchte, kann sein Haus vom Architekten planen und vom Fertighausanbieter ausführen lassen." Nachhaltiges Bauen zählt heute ebenso zum Standard. Energiesparende Häuser können in allen Ausbaustufen umgesetzt werden. Auch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, ob durch solare Energie oder Umweltwärme aus der Luft oder dem Erdreich, ist gang und gäbe. All das lässt die Preise kontinuierlich steigen. Die hohe Nachfrage nach schlüssel- und belagsfertigen Häusern beschleunigt diese Entwicklung weiter. Laut Studie ist der durchschnittliche Preis im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent angestiegen. Wobei das Steigen der Grundstück- und Baumaterialpreise Bauen generell immer teurer macht.
Mit einer Fertighausquote von 34,6 Prozent rangiert die Alpenrepublik im europäischen Mittelfeld. Angeführt wird die Statistik von Skandinavien: In Schweden liegt die Quote bei 80 Prozent und ist die mit Abstand höchste in ganz Europa. Mit Finnland (65 Prozent) folgt ein weiteres nordeuropäisches Land. Den Grund dafür findet man in den Geschichtsbüchern: Nordische Länder blicken wegen des großen Waldvorkommens auf eine lange Tradition mit Fertighäusern in Holzbauweise zurück. Schon in den 60er-Jahren wurden 60 Prozent aller Schwedenhäuser aus Fertigteilen errichtet. Die Anfänge reichen allerdings noch viel weiter zurück. Die ursprüngliche Idee soll nämlich von Leonardo da Vinci stammen.
Österreichs erstes Fertighaus steht übrigens seit dem Jahr 1910: Errichtet wurde es von Hartl Haus für die Internationale Jagdausstellung in Wien. Im Anschluss wurde es ab- und am Firmenstandort im Waldviertel wieder aufgebaut. Bewohnt wird es bis heute. Wer fürchtet, ein Fertighaus aus Holz könne in punkto Wertbeständigkeit mit anderen Bauweisen nicht mithalten, irrt also. Murhammer: "Die ÖNORM 2320 definiert, dass ein Holzhaus hundert Jahre halten muss. Die tatsächliche Lebensdauer hängt aber immer auch von den Wartungsintervallen ab."
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