Architekturhistorikerin Fröbe: "Jede Dekade hat ihre Vorlieben"

Architekturhistorikerin Fröbe: "Jede Dekade hat ihre Vorlieben"
Architekturhistorikerin und Buchautorin Turit Fröbe über Ikonen und Alltagsbauten

KURIER: Frau Fröbe, Sie haben ein Bestimmungsbuch für Architektur geschrieben und verfolgen damit ein Ziel. Welches?

Turit Fröbe: Ich will, dass die Menschen die Architektur betrachten. Sie sollen sehen, dass alle Häuser betrachtenswert sind. Je mehr man sich damit beschäftigt, desto schöner wird die Umwelt.

Sie verbildlichen die unterschiedlichen Baustile in Ihrem Buch nicht anhand von besonderen Objekten, sondern zeigen normale Wohnhäuser. Warum?

Die ganze Baugeschichte wird anhand von Ikonen abgehandelt, nicht an Alltagsarchitektur. Das Buch ist als konkrete Hilfestellung gedacht, da die gesamte Architekturgeschichte immer nur am Herausragenden und Besonderen verhandelt wird, nicht aber an der Alltagsarchitektur.

Was sind die bestimmenden Merkmale, um Architektur einer Entstehungsperiode zuzuordnen?

Die Fenster, das Material und die Form. Das Fenster ist ein Unterscheidungsmerkmal in der modernen Architektur. Ab 1900 wurde auf Dekor verzichtet. In der Reformzeit ist die Fassade ganz frei, Sprossen sind wichtig. Die Fenster übernehmen die Rolle des Dekors. Jede Dekade hat hier ihre eigenen Vorlieben.

Ein Beispiel?

In den 20er-Jahre gab es eine Vorliebe für querrechteckigen Fenstern, davor waren sie immer hochrechteckig. Auch die Raumhöhen verändern sich in den 20ern, sie werden niedriger.

Sie verwenden in Ihrem Buch Begriffe wie gelutschte Ecken und Sprossen in Aspik. Worum geht es?

Ich habe bewusst malerische Begriffe verwendet, weil man sie sich besser merken kann. Sprossen in Aspik befinden sich zwischen Isolierglasscheiben, runde (gelutschte) Fensterecken gab es in den 70er-Jahren.

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