Novelle Wiener Bauordnung: Planer vermissen wichtige Änderungen

Novelle Wiener Bauordnung: Planer vermissen wichtige Änderungen
Die Novelle der Wiener Bauordnung soll noch heuer beschlossen werden. Die Immobilienwirtschaft und Planer vermissen wichtige Weichenstellungen.

Die österreichische Immobilienwirtschaft, Planer und Architekten sind sich einig: Unnötige Bürokratie und überbordende Regeln sind der Grund, warum die Umsetzung wichtiger Aufgaben wie Dekarbonisierung und Anpassung an den Klimawandel in der Stadtentwicklung nicht gelingen. Auch das Tempo bei Baubewilligungen wird zunehmend zum Problem.

Novelle Wiener Bauordnung: Planer vermissen wichtige Änderungen

Lange Verfahrensdauer

„Wir warten sehr lange auf Baubescheide“, sagt Präsident Bernhard Sommer, Präsident der Kammer der Ziviltechniker, Architekten und Ingenieure Wien, Niederösterreich und das Burgenland: „Es ist mühsam geworden, Projekte und Ideen umzusetzen.“ Die Planer sind mit langen Verfahrensdauern und dem Problem konfrontiert, dass es nahezu unmöglich ist, bei Neu-, Zu- und Umbauten innovative Lösungen bewilligt zu bekommen. Dabei stehen große Aufgaben bevor, Stichwort Klimawandel und Erneuerbare-Wärme-Gesetz: Voraussichtlich bis 2040 sollen alle fossil betriebenen Heizungen in Österreich dekarbonisiert werden. Bernhard Sommer: „Wir müssen den Energieverbrauch bei der Nutzung und beim Neubau neu denken. Eine klimafitte Zukunft ist nur möglich, wenn die bereits bestehende Stadt und die Bauplätze selbst als Ressource betrachtet werden“, so Bernhard Sommer.

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Begrünung scheitert an Brandschutz

„Wien wird im Jahr 2050 so heiß sein wie Skopje“, bringt Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler der Immobilienbranche (VÖPE), die Bedrohungen durch den Klimawandel auf den Punkt. Maßnahmen, die für Beschattung sorgen wie zum Beispiel Bauwerksbegrünungen, seien zwar als Ziele definiert, könnten aber wegen der Brandschutzvorschriften nicht umgesetzt werden. Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher der Fachgruppe Immobilientreuhänder der Wirtschaftskammer Wien, dazu: Die Fassadenbegrünung scheitere oft an der geforderten Gehsteigbreite. Auch Regenwasser darf nicht zur Bewässerung von Straßenbäumen verwendet werden, weil es lediglich am betroffenen Grundstück versickern oder in den Kanal eingeleitet werden darf. „Unsere Stadtplanungs- und Baukultur muss den zeitgemäßen Bedürfnissen in Bezug auf Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Mobilität Rechnung tragen“, fordert Karl Grimm, stellvertretender Vorsitzender der Ingenieurkonsulenten der Ziviltechnikerkammer.

Flächenwidmung muss geändert werden

Doch der Großteil der Wiener Flächenwidmungs- und Bebauungspläne entspricht laut der Kammer nicht den aktuellen Zielen der Stadtplanung und stammt teilweise noch aus dem vergangenen Jahrhundert. Um in der kurzen Zeit die erforderlichen Sanierungsschritte zu setzen und den Verbrauch von Grund und Boden zu stoppen, müssen die Flächenwidmung, die Bauordnung und die Verfahrenskultur so umgestaltet werden, dass Innovation und rasche Entscheidungen möglich sind. Zwar wurden in der Stadtplanung seit Jahren Ziele wie Entsiegelung, Begrünung und Förderung von Baukultur formuliert. Aufgrund der veralteten Flächenwidmung können diese Ziele jedoch kaum umgesetzt werden.

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Verfahren beschleunigen

Daher fordert Klaus Wolfinger, Bauträgersprecher des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), schlanke und flexible Abwägungsverfahren. Die derzeitigen gesetzlichen Vorgaben ermöglichen aber nur das Abarbeiten von Listen, und jedes „Nein“ in der Liste führt zur Ablehnung eines Projekts. Durch unabhängige Ziviltechniker können die Behörden entlastet und die Verfahren beschleunigt werden. „Man könnte damit ein halbes oder ein Jahr bei der Verfahrensdauer einsparen“, beziffert Hans Jörg Ulreich.

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