Im Privatjet günstig auf Reisen gehen
Überfüllte Abflughallen, langes Warten bei Check-in, Sicherheitskontrolle und am Gate sowie Extrakosten für mickrige Snacks an Bord. Jeder Passagier, der Economy Class fliegt, kann ein Lied von diesen Ärgernissen singen. In der Businessclass ist die Welt des Fliegens noch heil. Gesonderte, kurze Warteschlangen, eine stressfreie Lounge und im Ticket inkludierte Speisen und Getränke im Flugzeug. Doch die deutlich höheren Kosten wollen sich viele Unternehmen für ihre Manager nicht mehr leisten. Wagas Ali, ein Wiener mit pakistanischen Wurzeln, sagt nun den hohen Preisen den Kampf an.
Der Absolvent der HTL Ottakring und Gründer einiger Tech-Unternehmen entwickelte innerhalb eines Jahres eine Software, die die Ticketpreise auf Hunderten Strecken in Europa erhebt und vergleicht. Ebenso angezeigt werden bereits ausgebuchte Flüge. "Bis vor Kurzem hätte man dazu 100 Mitarbeiter benötigt, dank künstlicher Intelligenz und Big-Data-Analyse schafft es das Programm drei Mal am Tag", sagt Ali.
Die so gewonnenen Informationen wollte er in ein konkretes Geschäftsmodell fließen lassen. Dazu holte er seinen Freund Vladislav Zenov an Bord. Dieser verfügt über eine lange Erfahrung im Bedarfsflugwesen, zuletzt bei der Wiener Jet Alliance. Sie gründeten im Frühjahr das Start-up JetClass. Dieses bietet vergünstigte Businessclass-Tickets an – in Privatjets.
Gemeinsam fliegen
"Normalerweise leisten sich nur Superreiche oder Konzerne Flüge in Privatjets", sagen die beiden Gründer. Eine Flugstunde kostet je nach Gerät ab rund 2000 Euro. Für einen einzelnen Passagier also deutlich zu viel und mehr als ein Businessclass-Ticket. Doch Ali und Zenov haben sich zum Ziel gesetzt, Geschäftsreisende zu sammeln und gemeinsam in einem Privatjet fliegen zu lassen. So gehen die Preise deutlich hinunter – im Idealfall unter jene der Businessclass der arrivierten Airlines.
Im Sommer ging JetClass an den Softstart. "Die Auslastung beträgt bereits 60 Prozent", so Ali. Angeboten werden derzeit zehn fixe Strecken in Europa, die mehrmals in der Woche bis zu drei Mal täglich bedient werden. Die Highflyer seien die Routen Brüssel–London und Brüssel– Zürich. Von Wien aus werde drei Mal in der Woche Warschau angeflogen; derzeit noch zum Einkaufspreis von 390 Euro je Strecke (AUA-Businessclass 1000 bis 1200 Euro hin und retour). Der Nachteil: Die gerade bei Geschäftsreisenden beliebten Tagesrandverbindungen (in der Früh hin und am Abend retour) gibt es nach Warschau noch nicht.
Daneben hat JetClass auch kurzfristige Verbindungen im Angebot, etwa wenn das System auf bestimmten Strecken hohe Preisausschläge zeigt. "Wir sind auf der Suche nach Verbindungen mit hohen Preisen, hoher Auslastung und geringem Service", sagt Ali. Unter diesen Aspekten sei München ein weiteres mögliches Ziel von Wien aus, im Sommer biete sich Nizza an. Sobald auch nur ein Ticket verkauft sei, werde geflogen, in der Regel mit Vier- bis Sechssitzern. Bei sehr hoher Nachfrage komme ein größeres Gerät zum Einsatz. Der große Vorteil für die Fluggäste sei der Zeitgewinn von bis zu 90 Minuten, da die Flieger in den Privatflug-Terminals abgefertigt werden.
Russischer Investor
Die Flugzeuge kommen von rund 200 Anbietern in Europa, bei denen die Geräte zum Teil ungenützt seien. "Ein Privatjet kommt auf 300 Flugstunden im Jahr. 4000 wären möglich", klärt Ali auf. Er und sein Partner halten je ein Drittel der Anteile an JetClass, der Rest kommt von einem russischen Investor, der 1,5 Mio. Euro eingebracht hat. Das Geld reicht laut Ali bis Sommer 2018, dann soll ein strategischer Investor dazukommen. Der Break Even mit derzeit elf Mitarbeitern ist für 2019 geplant.
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