Ich, die Junior-Chefin

"Es war nicht immer einfach", sagt Stefanie Walser (li.), die das Vorarlberger Unternehmen Walser Fashion & Lifestyle von Mama Inge (re.) übernommen hat
Wenn der Familienbetrieb an die nächste Generation übergeben wird, wird es emotional – für beide Seiten. Zwei KMU aus Vorarlberg erzählen, was hinter den Kulissen passiert.

"Meine Mutter und ich, wir haben beide einen starken Charakter. Und haben während der Betriebsübernahme den einen oder anderen kleinen Kampf miteinander ausgetragen", erzählt Stefanie Walser. Sie erinnert sich an die Zeit vor fünf Jahren zurück. "Die Mama: immer berufstätig, hat selbst den Betrieb von der Schwiegermutter übernommen, nebenbei zwei Kinder großgezogen. Ich: die Junge, die alles umkrempeln will." Heute ist Walser, 34, in ihrer Rolle voll und ganz angekommen. Sie ist Geschäftsführerin der Walser Fashion & Lifestyle GmbH mit sieben Mitarbeitern in Hohenems, führt das Familienunternehmen in vierter Generation. Mama Inge arbeitet im Betrieb immer noch mit.

Was dazwischen, während der Unternehmensübergabe von Mutter an Tochter, geschah? Viel Arbeit, viel Kommunikation, viel Konfrontation. Das war nötig, sagt Walser. "Reibung erzeugt Energie. Und die hat uns weitergebracht."

Junior wird Chef

Stefanie Walser steigt erst mit 26 Jahren in den Einzelhandel ihrer Mama ein. "Es war plötzlich mein Herzenswunsch." 2011, mit 29 Jahren, tritt sie als Geschäftsführerin in ihre Fußstapfen. Und macht das, was wohl der Albtraum aller Senior-Chefs ist: Sie krempelt den Betrieb um. Ändert die Strategie, orientiert sich weg vom Fachgeschäft für Leder hin zum Modegeschäft und führt neue Produkte ein. Mama Inge lässt sie tun. "Sie sagte immer, das sei meine Zukunft, mir müsse das gefallen." Dennoch wird jede Entscheidung gemeinsam besprochen. "Dieser ganze Prozess war gut. So wurde der Betrieb zu meinem eigenen Baby." Und weil sie im Betrieb transparent kommuniziert, erfährt sie auch Rückhalt von den Mitarbeitern. "Die Mama steht heute nicht mehr an vorderster Front, aber immer beratend zur Seite. Wir ernten die Erfolge gemeinsam."

Emotionaler Schritt

Die Übernahme des elterlichen Betriebes ist vor allem eines: Emotional fordernd. Die übergebende Seite muss lernen zu vertrauen, Führung aus der Hand zu geben, langsam vom Lebenswerk loszulassen. Die übernehmende Seite erfährt, wie es ist, sukzessive Verantwortung für dieses Lebenswerk zu übernehmen. Und wie schwierig es mitunter sein kann, sich als Junior-Chef zu behaupten. "Es braucht sehr viel Einfühlungsvermögen und Kommunikation", heißt es von einer Expertin der Wirtschaftskammer Wien. Es sei gut, wenn frischer Wind in den Betrieb kommt, gleichzeitig solle man nicht alles, was die Eltern mühsam aufgebaut haben, sofort verändern. In Österreich werden jährlich rund 7000 Unternehmen übergeben, 2015 waren es laut KMU Forschung Austria 6153. 51 Prozent bleiben dabei üblicherweise in der Familie, 49 Prozent kriegen einen externen Chef. Viele Senior-Chefs würden mit der Planung einer Übergabe zu lange warten. Schon ein bis zwei Jahre vor ihrem Rücktritt sollten sie die Nachfolge idealerweise festgelegt haben, heißt es aus der Wirtschaftskammer.

Sanfter Wechsel

Ganze drei Jahre Zeit für den Chef-Wechsel zwischen den Generationen nimmt sich das Vorarlberger Automatisierungstechnik-Unternehmen Hefel Technik. Vater Hubert Hefel macht Sohn Simon 2015 zum Geschäftsführer, bis 2018 werden sie im Betrieb als Chefs nebeneinander arbeiten. Diese langfristige Übergabe-Planung gebe Mitarbeitern, Zulieferern und Kunden Sicherheit, sagt Hefel Junior.

Der 30-Jährige wuchs praktisch im Betrieb auf, der früher im Elternhaus angesiedelt war. An eine Übernahme denkt er dennoch nicht, sammelt zunächst eigene Berufserfahrungen. Erst 2013 steigt er beim Vater ein. Um sich auf seine Chef-Rolle vorzubereiten, studiert er sogar berufsbegleitend Management. Junior-Chef zu sein sei manchmal witzig: "Ein Mitarbeiter eines Zulieferers sagte mir letztens, er kennt mich noch, da war ich ein bisschen über Tischhöhe", lacht Hefel. Er nimmt das locker. Das Elf-Mitarbeiter-Team sei vorwiegend jung, akzeptiere ihn als Junior-Chef. Vom Vater könne er sich bis zum Wechsel noch viel abschauen: "Schließlich hat er über 30 Jahre Erfahrung." Die Führungsaufgaben sind strikt getrennt, an der Strategie arbeitet man gemeinsam. Die Stakeholder freut’s. "Für eine Übergabe gibt es keine Pauschallösung, " sagt Hefel und schmunzelt: "Wie gut unser Konzept war, sehen wir dann frühestens 2018."


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