Heta: EU prüft, ob Österreich die Verträge verletzt

Heta: EU prüft, ob Österreich die Verträge verletzt
Verfahren in Brüssel droht - Deutsche Banken lobbyieren gegen Heta-Moratorium und Schuldenschnitt.

Die EU überprüft, ob Österreich mit seinem umstrittenen Vorgehen in Sachen Heta (der Bad Bank der Hypo Alpe Adria) das EU-Gemeinschaftsrecht verletzt. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte zu Freitagmittag, dass gerade ein Treffen von deutschen Banken- und Versicherungsverbänden mit Jonathan Faull, dem EU-Generaldirektor, der für den Binnenmarkt zuständig ist, zu dieser Angelegenheit stattfinde.

"Heta ist, wie Sie wissen, ein besonders komplexer Fall. Hier sind alte und neue Regelungen involviert, wir stehen mit Österreichs Behörden in Kontakt", sagte die Kommissions-Sprecherin.

Beschwerden von Gläubigern

Zu einem möglichen Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich könne sie noch nicht viel sagen. Die Kommission habe allerdings Beschwerden von einzelnen Heta-Anleihengläubigern erhalten, werde diese nun sorgfältig überprüfen. Man erwarte sich nun bis Juni umfassende Informationen aus Wien. Eine endgültige Entscheidung über ein EU-Verfahren dürfte nicht vor Herbst 2015 fallen.

Die deutschen Finanzinstitute wollen erreichen, dass Brüssel Österreich kritisch auf den Zahn fühlt. Sie sind nämlich am stärksten vom Zahlungsausfall der Heta-Anleihen betroffen und lobbyieren deshalb vehement gegen das Vorgehen der Regierung in Wien. Im Vorjahr wurden bekanntlich durch ein Sondergesetz nachrangige Schuldpapiere mit einer Haftung (Ausfallsbürgschaft) des Landes Kärnten für nichtig erklärt. Obendrein hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) Anfang März 2015 einen befristeten Zahlungsaufschub für Heta-Schulden verhängt.

"Unsere Rechtsauffassung ist, dass das Sondergesetz zur Abwicklung in seiner Ausgestaltung nicht mit den EU-Verträgen kompatibel ist", sagt Lars Hofer, Sprecher des Bundesverbandes deutschen Banken (BdB) zum KURIER. Die EU-Kommission als Hüterin der Verträge solle überprüfen, ob dadurch gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs verstoßen wurde. Damit wird die Causa Heta nicht nur vor den Gerichten, sondern auch (europa)politisch verhandelt werden.

"Fast schon lustig"

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bezeichnet das Vorgehen der Deutschen gegen das Hypo-Alpe-Adria-Sondergesetz und das Moratium der Heta als „schon fast lustig“. Am Rande des EU-Finanzministerrats in Riga am Freitag erinnerte Schelling daran, dass BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer 2008 noch Finanzvorstand der Bayern LB - also der damaligen Hypo-Eigentümerin - gewesen sei.

"Rein technisch betrachtet" spreche vieles dafür, dass die Ausfallbürgschaft des Landes Kärnten schon ausgelöst wurde, sagt Friedrich Jergitsch, Managing Partner der Anwaltskanzlei Freshfields in Wien. Diese vertritt unter anderem die Bayerische Landesbank (BayernLB) in der Causa. "Womöglich war es ein Zweck des Zahlungsmoratoriums, diesen Fall hinauszuschieben", so Jergitsch im Rahmen eines Journalistengesprächs in Frankfurt.

Heta: EU prüft, ob Österreich die Verträge verletzt
Freshfields Klimscha Jergitsch
Die Finanzmarktaufsicht FMA hat in ihrer Rolle als Abwicklungsbehörde Anfang März bekanntlich ein befristetes Schuldenmoratorium verhängt, mit dem die nunmehrige Abbaueinheit Heta die Zahlungen an Gläubiger einstellte. "Die Gläubiger werden verlangen, dass der EuGH überprüft, ob der verhängte Zahlungsaufschub der Heta gerechtfertigt war und die Voraussetzungen für ein Abwicklungsverfahren gegeben sind. Das ist jedenfalls anfechtbar", glaubt Jergitsch.

Berufung auf EU-Regeln

Die FMA hatte sich darauf berufen, dass die Abwicklungsvoraussetzungen gegeben seien: Es drohe eine Zahlunfähigkeit der Heta, gebe keine privatwirtschaftlichen Alternativen und die Maßnahme sei obendrein im öffentlichen Interesse erforderlich - um nämlich die "Kontinuität kritischer Funktionen" sicherzustellen, negative Folgen für die Finanzstabilität zu vermeiden und öffentliche Mittel zu schützen. Somit seien die Voraussetzungen geben, um die neuen EU-Regeln für die Banken-Abwicklung anzuwenden. Diese sind erst seit heuer in Kraft und ermöglichen es in bestimmten Fällen, Gläubiger zur Kasse zu bitten.

Diese Voraussetzungen ziehen die Gläubigerbanken allerdings in Zweifel. Zum einen sei die Heta an sich schon ein atypisches Beispiel für das EU-Abwicklungsregime, so Jergitsch: "Dessen Regeln sind für am Markt tätige Banken gedacht, die in kurzer Zeit gestützt werden müssen. Hier gibt es aber schon seit geraumer Zeit eine Badbank."

Die Heta falle also schon formal aus dem Rahmen der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken (englisch kurz BRRD), weil sie kein aktives Kreditinstitut mehr sei. "Es war eine Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers, dieses Modell auf die Abwicklungseinheit Heta anzuwenden. Darüber kann man streiten."

Systemisch relevant?

Für wenig überzeugend hält er die Begründung, warum die Heta noch systemisch relevant sein soll: "Sie erledigt nur ganz geringe vertragliche Dienstleistungen für ihre Töchter, etwa den Auslandszahlungsverkehr oder betreut ein ganz kleines Derivatvolumen von 140 Millionen Euro." Womit auch das Argument der gefährdeten Finanzstabilität fraglich sei.

Und was ist mit dem Schutz von Steuergeld, der unbestreitbar ein Motiv ist? Das gelte nur dafür, "anlassbezogene Unterstützung" des Staates für Banken zu vermeiden, so Jergitsch. Darauf sei dies auch im österreichischen Gesetz zur Bankensanierung und Abwicklung (kurz BaSAG) beschränkt. Hingegen beziehe sich der Schutz öffentlicher Mittel nicht auf "den Eingriff in bereits lange bestehende, genehmigte Haftungen, das wäre ja eine willkürliche Gläubigerbelastung."

"Unorthodoxes Gesetz"

Der zweite Kritikpunkt der Hypo- bzw. Heta-Gläubiger in der Abwicklung der Problembank: Das Sondergesetz ("HaaSanG") und die zugehörige Verordnung, mit denen Österreich im Sommer 2014 (noch unter Finanzminister Spindelegger) nachrangige Hypo-Schuldpapiere, für die das Land Kärnten haftete, und Verbindlichkeiten gegenüber der BayernLB (der ehemaligen Hypo-Hauptaktionärin) schlichtweg für wertlos erklärte.

Nicht zuletzt wegen dieses "sehr unorthodoxen Gesetzes aus dem Vorjahr" werde die Heta-Situation in Brüssel "sehr argwöhnisch" beobachtet, will Jergitsch bemerkt haben. Gemeint ist das sogenannte Hypo-Sanierungsgesetz, mit dem die Nachranganleihen mit Kärnten-Haftung ausradiert wurden. Damit sei von der Leitlinie der Gläubigergleichbehandlung abgewichen worden: "Das Hauptmotiv des Gesetzes war, die BayernLB, die wir vertreten, als Altaktionärin von der Verteilung des Vermögens auszuschließen und dieses dazu zu verwenden, Verbindlichkeiten zu tilgen, für die Kärnten gehaftet hat. Das Gesetz hat damit eindeutig eine Ungleichstellung bewirkt."

Formal in der Schwebe

Die Ironie an der Geschichte: Offiziell ist noch gar nichts passiert: "Bisher wurde noch kein formelles Abwicklungsverfahren eingeleitet, sondern es wurden nur Einzelmaßnahmen getroffen, wie der von der FMA per Bescheid verfügte Zahlungsaufschub für Heta-Gläubiger", sagt Jergitsch. Es sei aber allen klar, dass etwas anderes folgen müsse - entweder eine Abwicklungsform wie ein Bail-In (samt Haircut, also Schuldenschnitt für die Gläubiger). Oder auch ein Insolvenzverfahren.

Die betroffenen Banken mussten ohnehin schon jetzt dafür Vorsorgen treffen. Die Europäische Zentralbank hat den Banken sogar mit einem Rundschreiben diktiert, wie sie Heta-Anleihen neu zu bewerten haben, nämlich mit im Regelfall mindestens 50 Prozent Abschreibung auf landesgarantierte Anleihen.

Kommentare