Heißer Herbst für das EU-Parlament

Heißer Herbst für das EU-Parlament
Eurokrise: SP-Delegationschef Jörg Leichtfried zu Europa-Themen.

Jörg Leichtfried ist Delegationsleiter der SPÖ-Abgeordneten im Europa-Parlament. Er folgte in dieser Funktion Hannes Swoboda nach, der seit Anfang 2012 Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament ist. Im KURIER-Interview schildert er die heißen Themen, die auf das Europäische Parlament in diesem Krisenherbst zukommen. Leichtfried zum Thema ...

... Eurokrise: Das alles überlagernde Thema ist weiterhin das Umgehen mit den Staatsschulden. Die große Frage wird sein, was mit Griechenland passiert. Man kann nicht mehr ausschließen, dass es ein Verlassen Griechenlands aus der Eurozone geben könnte. Zweitens wird man eine Grundsatzentscheidung treffen müssen, in welche Richtung die EU gehen soll. Damit gekoppelt ist das Aufgeben von Souveränitätsrechten, besonders im finanzpolitischen Bereich.

... Lösungsansätze im EU-Parlament: Da gibt es zwei Schulen: Die eine ist die Merkel`sche mit der Devise "Sparen, sparen, sparen". Die andere ist die sozialdemokratische: Sparen, wo es Sinn macht, gleichzeitig Wachstumsimpulse setzen. Verbunden ist dies mit der Idee, die Staatsschulden aus den Marktmechanismen herauszulösen und damit aus dem Zinsen-Fiasko herauszubekommen. So könnte man den Teufelskreis der hohen Zinsen durchbrechen.

... Finanztransaktionssteuer: Sie ist ein Mittel zur Bekämpfung der Krise, aber kein Allheilmittel. Alle, die jetzt Allheilmittel anbieten, sind in meinen Augen Scharlatane. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, die Krise einzudämmen: Die Staatsschulden aus dem Marktmechanismus lösen – und vor allem eine gerechtere Umverteilung der Vermögen schaffen.

... Streit um das EU-Budget 2014–2020: Die Diskussion wird sehr populistisch geführt. Man will undurchdacht über alle EU-Ausgaben mit der Sense drüberfahren. Man müsste zuerst festlegen, was die EU tun soll – und dann, wie das finanziert werden kann.

... Bürgernähe der EU: Ich hoffe, dass bei der nächsten Europa-Wahl die europäischen Parteien mit Spitzenkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten antreten, und die stimmenstärkste Fraktion stellt ihn. Dann hätten wir endlich einen Kommissionschef mit Charisma.

Genauso vertrete ich die Idee: Die stimmenstärkste Partei bei der EU-Wahl in Österreich soll auch den nächsten österreichischen EU-Kommissar stellen. Diese Idee würde auch die Europa-Wahl aufwerten.

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