Heinrich Treichl: Ein Grandseigneur ist tot

Heinrich Treichl, früherer Generaldirektor der Creditanstalt
Heinrich Treichl starb im 102. Lebensjahr. Er prägte die Geschichte der Creditanstalt über viele Jahre.

Zu seiner Zeit war er der mächtigste Bankchef Österreichs, politisch ein bekennender Liberaler und über Jahre engagierter Präsident des Roten Kreuzes: Am Sonntag verstarb Heinrich Treichl, Ex-Creditanstalt-Chef, im 102. Lebensjahr.

"Jahrhundert-Banker" Heinrich Treichl

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Dr. Heinrich Treichl, Interview mit 100 jährigem, …
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Treichl, Franz König…
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Dr. Heinrich Treichl, Interview mit 100 jährigem, …
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Scheidender Rot-Kreuz-Präsident Treichl
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HEINRICH TREICHL
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Neuer Rot-Kreuz-Präsident Fred Mayer
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Der Kanzler ehrte Ex-CA-Chef Heinrich Treichl…

Treichl wurde 1913 geboren, als Österreich noch Monarchie war. „Ich erinnere mich an den pferdebespannten Wagen, in dem Kaiser Franz Joseph an uns vorbeigefahren ist“, erzählte er in seinem letzten Interview im Mai 2013 mit KURIER-Kolumnist Georg Markus. „Fast ein Jahrhundert“: Der Titel seiner 2003 veröffentlichten Biografie war auch für sein Leben programmatisch. Treichl leitete von 1970 bis 1981 die damals noch staatliche Creditanstalt (CA), die inzwischen in der Bank Austria aufgegangen ist. Beinahe aber wäre Treichl Politiker geworden. Der ÖVP, der er seine Dienste anbot, aber war er zu intellektuell. Also ging der studierte Jurist in die Wirtschaft. Unter seiner Leitung erwarb der Ullstein-Verlag – Treichls Frau kam aus der Dynastie der Ullsteins – die Rechte für die Bestseller Kon-Tiki oder „Sieben Jahre in Tibet“.

1958 wechselte er in die CA. Seine beiden Söhne führten die „Banktradition“ weiter: Andreas ist Chef der Erste Group, Michael wurde Investmentbanker in London. Der „alte Treichl“ war hochgebildet, eloquent, autoritär, umgab sich gerne mit schönen Frauen. Schon im Salon seiner Eltern traf sich die noble Gesellschaft der Ersten Republik, seine Großmutter war eine der ersten Patientinnen Sigmund Freuds.

Zur Creditanstalt schrieb er in seiner Biografie: „Man war stolz, in dieser Bank zu arbeiten, und ihr Kunde zu sein wurde als Qualitätsmerkmal empfunden. Die Mitarbeiter spiegelten das Elitäre der Bank deutlich wider.“ Treichls Stellvertreter waren unter anderem Franz Vranitzky und Hannes Androsch. Mit der SPÖ focht er als CA-Chef diverse Sträuße aus. Vor allem das Thema Verstaatlichte war für Konflikte mit Kanzler Bruno Kreisky und Finanzminister Hannes Androsch verantwortlich.

Für die Übernahme der CA durch die Bank Austria macht Treichl die SPÖ verantwortlich – aber auch die ÖVP, die die Vorgänge falsch eingeschätzt habe. Treichl war da schon in Pension. In seiner Biografie meinte er: „Das Schicksal der CA zeigt mit größter Genauigkeit, wie sehr Österreich eine politisch einflussreiche, wirtschaftsliberale Stimme fehlt.“ Auch in der Pension blieb Treichl umtriebig, er avancierte (bis 1999) zum Präsidenten des Roten Kreuzes und bezeichnete sich als „Urheber“ des Notarztdienstes.

Großer Gestalter

Bundespräsident Heinz Fischer würdigte Heinrich Treichl in seinem Kondolenzschreiben als „großen Patrioten und bewussten homo politicus“. Für seine Leistungen seien ihm in allen politischen Lagern Österreichs Anerkennung und Respekt entgegengebracht worden. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl wies auf den großen Weitblick Treichls hin. Er sei schon damals für eine Verschlankung des Staates und die Senkung der Staatsschulden eingetreten.

"Ich bin dankbar für jedes Gespräch, das ich mit Heinrich Treichl führen durfte. Wir denken an einen großen Österreicher und danken ihm für alles, was er für das Land getan hat", sagt Helmut Brandstätter, KURIER Herausgeber und Chefredakteur.

Bundespräsident Dr. Heinz Fischer brachte heute in einem Kondolenzschreiben an Generaldirektor Mag. Andreas Treichl seine aufrichtige Anteilnahme am Ableben von Generaldirektor Dr. Heinrich Treichl zum Ausdruck. "Generaldirektor Dr. Heinrich Treichl war eine in vielerlei Hinsicht sehr bemerkenswerte Persönlichkeit. In seinem mehr als 101-jährigen Leben hat er alle Umbrüche und alle dunklen Stunden der Geschichte des 20. Jahrhunderts erlebt - und teilweise auch erlitten -, und es war ihm auch noch geschenkt, etliche Jahre des 21. Jahrhunderts mit wachem Interesse am Zeitgeschehen zu erleben. Heinrich Treichl war ein großer Patriot, ein bekennender Liberaler und bewusster homo politicus, der bereit war, in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Verantwortung zu übernehmen. Als langjähriger Generaldirektor der Creditanstalt, Präsident des Österreichischen Bankenverbandes, Obmann der Sektion Geld- und Kreditwesen in der Bundeswirtschaftskammer, als Mitglied des Generalrates der Österreichischen Nationalbank und als langjähriger, sehr engagierter Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes gehörte er Jahrzehnte hindurch zu den Gestaltern der Zweiten Republik. Für seine Leistungen wurden ihm in allen politischen Lagern unseres Landes Anerkennung und Respekt entgegen gebracht und auch ich werde ihn stets in guter Erinnerung behalten."

Auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zollte Treichl per Aussendung Respekt; es gehe ein großer Österreicher und ein Bankier von Weltformat verloren. Man blicke dankbar auf die Zeit mit Heinrich Treichl zurück, meinte Franz Rudorfer, Geschäftsführer des Kreditwirtschaft-Fachverbandes in der Wirtschaftskammer.

„Ich möchte der Familie von Heinrich Treichl meine aufrichtig empfundene Anteilnahme zu seinem Ableben ausdrücken“, erklärte SPÖ-Klubobmann und ehemaliger Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. „Heinrich Treichl war eine Persönlichkeit, die die österreichische Bankenwelt und die österreichische Wirtschaft nachhaltig prägte. Heinrich Treichl war aber auch jemand, der sich neben seiner finanz- und wirtschaftspolitischen Tätigkeit humanitär engagierte. So war er Ehrenpräsident des Roten Kreuzes und aus gutem Grund ist nach ihm eine Stiftung benannt, die alljährlich Personen ehrt, die herausragende humanitäre Gesinnung bewiesen haben."

„Mit dem Ableben von Heinrich Treichl verliert unser Land nicht nur einen “Jahrhundertbanker", sondern eine der bedeutendsten und prägendsten Persönlichkeiten der österreichischen Wirtschaftsgeschichte“, zeigte sich der Landesparteiobmann der ÖVP-Wien Stadtrat Manfred Juraczka tief betroffen. „Heinrich Treichl hat alle Tiefen und Höhen des heimischen Wirtschaftslebens miterlebt und das unternehmerische Österreich über Jahrzehnte aktiv mitgestaltet. Er war der Doyen unter den heimischen Bankern, eine mahnende Stimme für wirtschaftliche Vernunft und jemand, der schon frühzeitig die Chancen der Internationalisierung und Öffnung erkannt hat. Ich bin stolz, dass er auch Teil unserer Wertegemeinschaft war. Neben seinem wirtschaftspolitischen Wirken wird auch sein humanitäres Engagement unter anderem als langjähriger Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes für immer in Erinnerung bleiben.“ Juraczka sagte abschließend: „Wir trauern um einen großen Wirtschaftsfachmann, wir verabschieden uns von einem großen Menschen, unser Mitgefühl ist in diesen schweren Stunden bei seiner Familie“.

„Ich bin tief betroffen vom Tod Heinrich Treichls und möchte seiner Familie mein tiefempfundenes Beileid aussprechen. Ich tue das im Namen des gesamten Österreichischen Roten Kreuzes“, sagt Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes. Heinrich Treichl hat das Rote Kreuz über ein Vierteljahrhundert geprägt. „Er war stets entschlossen, Neues zu wagen und hat vor Veränderungen nicht zurückgeschreckt“, würdigt Schöpfer den ehemaligen Präsidenten. Unter Heinrich Treichls Präsidentschaft wurden Meilensteine gesetzt wie der Ausbau der Leistungen im Bereich Gesundheit und Soziale Dienste. Auch die Einführung des notarztgestützten Rettungssystems in Österreich war eine wichtige Errungenschaft in seiner Amtszeit. Besonders in Erinnerung bleibt auch Heinrich Treichls entschiedener Einsatz für ein Verbot von Anti-Personen-Minen. „Gerade der unermüdliche Einsatz für die Ächtung dieser schrecklichen Waffen zeigt Heinrich Treichls große humanitäre Gesinnung“, sagt Schöpfer. „Das Rote Kreuz ist nicht nur dazu da, Wunden zu versorgen, sondern auch Wunden zu verhindern. Mit seinem Engagement hat Heinrich Treichl beides zu tun vermocht. Und dafür kann man ihm nur aufrichtig dankbar sein.“

"Vor 40 Jahren hat mir Heinrich Treichl den Liberalen so erklärt: Ohne endgültige Vorstellungen; bei neuen Informationen jederzeit bereit die eigene Position zu ändern; und im Konflikt zwischen Ordnung und Freiheit immer für die Freiheit. Hat mich sehr geprägt", sagt Peter Rabl, von 1993 bis 2005 Herausgeber und Chefredakteur des KURIER.

"Heinrich Treichl hatte ein bewegendes, erfülltes, vorbildhaftes Leben", würdigte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl den im 102. Lebensjahr Verstorbenen: "Ein großer österreichischer Bankier, ein besonderer Interessenvertreter 'seiner' Branche und humanitär engagierter Mensch ist nicht mehr. Seien wir dankbar für die Zeit, die wir mit ihm verbringen durften." Viele der Themen, die Treichl vor Jahrzehnten als Chef der Creditanstalt angesprochen hat, seien heute aktueller denn je: Er plädierte für Verschlankung und Effizienzsteigerung sowie für eine Reduktion der Staatsschulden. Österreich brauche "ein von allen politischen Kräften des Landes getragenes Konzept", ansonsten würden die realen Grenzen der Finanzierbarkeit des Staatshaushaltes bald erreicht sein, befand Treichl. Dass neben seiner Funktion als Weichsteller im heimischen Bankwesen die Verantwortung und die Tätigkeit für die Gemeinschaft nicht zu kurz kam, dafür gelte es noch einmal Anerkennung und Respekt zu zollen und danke zu sagen. "In diesen Stunden gilt meine aufrichtige Anteilnahme den Hinterbliebenen, mit denen gemeinsam wir Heinrich Treichl stets ein ehrendes Angedenken bewahren werden", schloss der Wirtschaftskammer-Präsident seine Aussendung.

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