Heimwerker-Boom: Das Klopfen, Bohren und Hämmern geht weiter
Der Heimwerker-Boom hält auch nach der Corona-Krise an. „Die Leute haben während der Pandemie größere Investitionen getätigt. Sie hatten genug Geld, um in ihr Haus oder ihren Garten zu investieren“, sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Doch auch trotz der hohen Inflation wird auch jetzt munter zu Hause weiter gewerkt.
Sparbuch plündern
„Die typischen Heimwerkerkunden sind von der Teuerung nicht so stark betroffen. Es werden auch jetzt noch Erweiterungs-, Ersatz- oder Reparaturinvestitionen durchgeführt“, sagt Will. Dafür wird sogar – falls nötig – das Sparbuch geplündert. Die Sparquote ist von knapp 14 Prozent während der Pandemie auf derzeit rund sieben Prozent gesunken. Das heißt, die Leute investieren trotz der aktuellen Teuerungskrise ihr Erspartes, meint Will.
Während der Lockdowns haben die Leute die Relevanz ihres Wohnraums neu erkannt und wertzuschätzen gelernt. Nach dem Motto „My home is my castle“ haben sie die Baumärkte gestürmt, es kam fast zu einer Überhitzung, erzählt Will. Lange aufgeschobene Renovierungen oder Ausbauten seien nun durchgeführt worden.
Zement aus dem Internet
Zum großen Nutzen der Baumärkte. Anders als der Online-Handel, der ebenfalls ein großer Profiteur der Krise war, jedoch nach seinem Höhenflug während der Pandemie wieder auf sein Normalniveau abgesunken ist, haben sich die Umsätze der Baumärkte auf hohem Niveau gehalten, sagt Will.
Die Corona-Pandemie hat in der Heimwerkerbranche noch etwas ganz anders stark verändert, meint Wolfgang Richter, Geschäftsführer des Marktforschungsunternehmens Regiodata Research. „Es werden jetzt auch Produkte online gekauft, von denen man es nicht annehmen würde“, sagt Richter, wie zum Beispiel Zement oder Holz. Immer mehr werde online gekauft, der Marktführer ist in diesem Segment – für viele überraschend – Amazon.
Auch Richter bezeichnet die Baumärkte als „Profiteure der Pandemie“, ihre Perspektiven seien trotz hoher Inflation nicht schlecht. Nachdem 2020 für die Branche Umsatzsteigerungen von mehr als zehn Prozent und 2021 immerhin noch fünf Prozent gebracht haben, lag das Plus 2022 nur noch bei drei Prozent und damit unter der Inflationsrate – man kann also von einer kleinen Delle sprechen. 2023 soll laut Richter wieder ein besseres Jahr werden. Er rechnet mit einem Umsatzwachstum von fünf Prozent, sofern „nichts Gröberes passiert“.
"Breitflächiger Mangel"
Das einzig wirkliche Problem, das die Branche derzeit hat, ist der Fachkräftemangel, sagt Will. Eigentlich müsse man schon von einem breitflächigem Mitarbeitermangel sprechen. Er wünscht sich eine baldige Arbeitsmarktreform, die es unter anderem für ältere Erwerbstätige attraktiver macht, länger zu arbeiten.
Abgesehen davon laufe bei den Baumärkten derzeit alles rund, die Lieferketten würden wieder funktionieren und die Lager seien nicht wie in anderen Branchen wegen zu großer Panikeinkäufe übervoll.
Die Marktteilnehmer bestätigen die Aussagen der Experten: Der Konflikt in der Ukraine sowie damit verbundene Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie bringen zwar neue Herausforderungen für Bauhaus mit sich, heißt es seitens des Unternehmens. Dennoch verzeichne man seit Monaten über das komplette Sortiment eine verstärkte Nachfrage, teilweise hervorgerufen durch die Folgen der Pandemie und einem veränderten Einkaufsverhalten der Kunden.
Branche ist krisenfest
„Wir haben gesehen, dass Do-it-yourself eine krisenfeste Branche ist“, heißt es seitens des Mitbewerbers Obi. Derzeit beobachte man eine leicht verbesserte Stimmung beim Konsumklima, vor allem die Umsätze im Bereich Sanierung und Energieeffizienz seien im Steigen. Die Zukunft liege in der Verzahnung des Offline- und Onlinegeschäfts. Immer mehr Kunden würden sich vor dem Einkauf im Geschäft auf der Website über das Angebot schlau machen.
Die Baumarktbranche setzt in Österreich laut Regiodata Research jährlich 3,3 Milliarden Euro um. Marktführer ist Obi mit 28 Prozent Marktanteil, gefolgt vom Lagerhaus mit 22 Prozent, Hornbach mit mehr als 16 Prozent und knapp dahinter dem Bauhaus mit 16 Prozent.
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