Handwerks- und Gewerbebetriebe "stehen mit den Rücken zur Wand"

Handwerks- und Gewerbebetriebe "stehen mit den Rücken zur Wand"
Branchenvertreter fordern rasche Umsetzung des bereits beschlossenen Energiekostenzuschusses.

Viele Klein- und Mittelbetriebe erhalten dieser Tage von ihren Energieversorgern die Jahresvorschreibungen für Strom und Gas. Diese fällt nicht selten doppelt oder drei mal so hoch aus wie im Vorjahr und bringt besonders energieintensive Branchen an ihre finanzielle Grenzen. "Die gestiegenen Energiepreise gehen sich cashflow-mäßig gar nicht mehr aus. Viele Handwerks- und Gewerbebetriebe stehen mit den Rücken zur Wand, darunter auch viele etablierte", berichtet Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer (WKO).

Besonders betroffen seien energieintensive Branchen wie Bäcker, Textilreiniger, Wäschereien oder Färbereien. So hätten etwa die Bäckereien in den Jahren 2016 bis 2020 noch durchschnittliche Gewinne von 2,52 Prozent der Betriebsleistung erzeilt. Bei einer Steigerung der Energiekosten um 200 Prozent wird daraus laut Berechnung der KMU Forschung Austria ein satter Verlust von 3,25 Prozent. Bei den Textilreinigern kehrt sich ein Plus von 1,61 Prozent durch die gestiegenen Energiekosten sogar in ein Minus von 8,06 Prozent um.

"Da kippen ganze Branchen in die Verlustzone und viele Betriebe sind akut von der Schließung bedroht", malt Scheichelbauer-Schuster ein düsteres Bild. Die Weitergabe der Kosten an die Kunden oder große Energiesparmaßnahmen seien vielfach nicht möglich.

Handwerks- und Gewerbebetriebe "stehen mit den Rücken zur Wand"

Spartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster

Energiekostenzuschuss: Bitte warten

Um die Mehrkosten abzufedern, wurde von der Regierung im Dezember der Energiekostenzuschuss 2023 in insgesamt 5 Förderstufen beschlossen. Allerdings lassen die für Anfang Jänner angekündigten Richtlinien noch  immer auf sich warten. "Wir hoffen jetzt auf eine möglichst rasche und unbürokratische Abwicklung", sagt Sparten-Geschäftsführer Reinhard Kainz.

Beim Energiekostenzuschuss 1 musste die Energieintensität des Betriebes noch von einem Wirtschaftsprüfer bescheinigt werden, was viele Betriebe als große Bürokratiehürde empfunden hätten. Der Antrag für den Energiekostenzuschuss 2 soll nun "möglichst barrierefrei" erfolgen, fordert Kainz. In den ersten zwei Stufen bis zu einer Fördersumme von 4 Mio. Euro ist kein Nachweis einer Mindest-Energieintensität notwendig. Die Förderintensität wird in der Stufe 1 von 30 auf 60 Prozent verdoppelt und in der Stufe 2 von 30 auf 50 Prozent erhöht. Das heißt, dass in der ersten Stufe 60 Prozent des Anstiegs der Energiekosten gefördert werden. In Deutschland sei der Zuschuss antragsfrei möglich.

Um die Liquidität zu sichern, fordern die Branchenvertreter zudem eine Verlängerung der Garantien für Betriebsmittelkredite, die Möglichkeit des Verlustrücktrages auf Dauer sowie mehr Investitionsanreize.

Düstere Aussichten

Laut vorläufiger Schätzung der KMU Forschung Austria wird das heimische Gewerbe und Handwerk trotz Corona-Erholung heuer ein leichtes mengenmäßiges (reales) Minus erwirtschaften. Allein im vierten Quartal erzielten 80 Prozent der Betriebe reale Umsatzverluste. Obwohl die Preise deutlich gestiegen sind, dürfte das Ergebnis auch unter dem Vorkrisenniveau von 2019 bleiben, real wird mit einem Minus gegenüber 2019 von 15 Prozent gerechnet.

Die Hoffnung auf baldige Erholung ist im Herbst deutlich geschwunden. Nur 13 Prozent der befragten Betriebe rechnen für das erste Quartal 2023 noch mit einer positiven Geschäftsentwicklung, 36 Prozent hingegen mit geringeren Auftragseingängen oder Umsätzen. Die Stimmung ist damit so schlecht wie am Höhepunkt der Corona-Krise 2020. Besonders pessimistisch sind die Betriebe im Baunebengewerbe, wo die Auftragslage deutlich eingebrochen ist sowie die konsumnahen Branchen, die unter der Kaufzurückhaltung leiden.

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