Krach um 722 getötete Rinder

Krach um 722 getötete Rinder
Eine Herde aus NÖ wurde in Kasachstan wegen dubioser Vorwürfe vernichtet - Züchter sind geschockt.

Schwere Differenzen gibt es derzeit zwischen den österreichischen Rinderzüchtern und Agrarpolitikern in Kasachstan. Dort wurden unter dubiosen Umständen 722 Zuchtrinder, die über Österreichs größten Rinderterminal in Bergland bei Wieselburg in Niederösterreich verkauft worden waren, handstreichartig mit Gas getötet.

„Wir sind hilflos. Ich glaube da steckt ein beinharter Handelskrieg dahinter“, ist Friedrich Führer, Geschäftsführer des NÖ Rinderzuchtverbandes, geschockt. Im September des Vorjahres war eine hochwertige Fleckviehherde nach Kasachstan exportiert worden. Eine dicke Mappe mit Exportzeugnissen belegt, dass nach Untersuchungen durch Tierärzte und in Labortest die Zuchtrinder als absolut gesund eingestuft worden waren.

Doch die Freude über den Deal, der von den Kasachen voll abgerechnet wurde, schwand rasch. „Das erste Mal sind wir stutzig geworden, als im November plötzlich Beschwerden kamen, die Tiere seien am BVDV-Virus erkrankt“, erzählt Führer. Doch genau diese gefährliche Fruchtbarkeitskrankheit bei Kühen gilt in Österreich seit fast zwei Jahrzehnten wegen eines komplexen Hygiene- und Kontrollsystems als ausgerottet.

Krankheits-Verdacht

Krach um 722 getötete Rinder
NÖ rinderzuchtverband : Geschäftsführer Friedrich Führer , Vize-Obmann Anton Wagner, Geschäftsführer Gernot Ruth
Der Zuchtverband und das zuständige Gesundheitsministerium reagierten umgehend. Über die Gesundheitsagentur AGES wurden mit Friedrich Schmoll und Johann Damoser zwei hochrangige Experten zu den zwei Quarantäneställen nach Kasachstan entsandt. „Wir haben die Kontrolle sehr, sehr sorgfältig angelegt“, sagt Ministeriums-Sprecher Fabian Fußeis. Von 284 Tieren wurden Blutproben genommen und in einem Labor im kasachischen Astana, im AGES-Labor in Mödling und in einem Referenzlabor der Welt-Tiergesundheitsorganisation (OIE) geprüft. Nirgends wurde der BVDV-Verdacht bestätigt. Proben, die der kasachische Veterinär Talgat Karibayev auf den Höfen von 30 Fleckviehzüchtern hauptsächlich in NÖ, aber auch in OÖ und der Steiermark nahm, brachten dasselbe Ergebnis.

Postwendend kam aus Kasachstan der nächste Keulenschlag. „Plötzlich hieß es, unsere Tiere seien am Schmallenberg-Virus erkrankt. Doch dessen Existenz ist erst seit dem Vorjahr wirklich nachweisbar und eigentlich in ganz Mitteleuropa bei den Rindern evident“, berichtet Führer. Schmallenberg ist eine Durchfallerkrankung, für andere Tiere ungefährlich – genauso wie für den Menschen – und auch nicht meldepflichtig. Von der OIE werde das Virus nicht als Seuche geführt, erklärt Führer.

Lokalaugenschein

Führer selbst machte eine Visite bei den kasachischen Betrieben, wo die Eigentümer ihre Tiere mittlerweile bewaffnet bewachten. Zum Teil fand er wenig umsorgte und auch verletzte Tiere, die schweren frostigen Temperaturen ausgesetzt waren. Der neue Vorwurf, dass das Fleckvieh bereits mit dem Schmallenberg-Virus ausgeliefert wurde, lässt sich schwer entkräften, weil im Vorjahr die dafür nötigen Untersuchungen nicht vorgeschrieben waren. Auch durch Impfungen der Kasachen könnten Tiere infiziert worden sein. Nach massiven Druck durch die Regierung wurden die Kühe und Kälber schließlich Mitte Februar getötet. Ob Konkurrenzmärkte hinter der Aktion stecken, konnten die Österreicher noch nicht eruieren.

Die Geschäftskontakte mit Kasachstan, wo offizielle Stellen dem Vize-Obmann des Österreichischen Zuchtverbandes, Anton Wagner, im vergangenen Oktober noch höchstes Lob zollten und große Zukäufe ankündigten, liegen nun auf Eis.

Von angekündigten Schadensersatzforderungen ist vorerst weder im österreichischen Landwirtschaftsministerium noch im Gesundheitsministerium etwas bekannt.

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